Alles über Wein und den Rest der Welt…

Es leben die Klassiker!

Die letzten zehn Jahre, meine letzten zehn Jahre, waren geprägt von der Suche nach den “anderen Weinen”. Ich gebe es zu, ich war gelangweilt. Und wie!

Eigentlich wollte ich ja nur mal wieder etwas über einen Wein bloggen, der mir echt gut gefallen hat. Aber dann kam ich so ganz grundsätzlich ins Grübeln und begann zurückschauen und zu reflektieren. Und wenn ich so schaue und reflektiere, komme ich nicht umhin festzustellen, dass ich in den letzten Jahren, im letzten Jahrzehnt, schon gewaltig gelangweilt war. Gelangweilt von dem Altbekannten. Von den ewig gleichen Weinen aus Bordeaux, Burgund und logischerweise auch von denen aus Deutschland. Etwas Neues musste her und auf geradezu wundersame Weise, quasi wie gerufen, kamen die Naturals und Oranges in mein Leben und somit auch auf den Tisch. Genaugenommen kamen sie eigentlich zuallererst aus dem Keller.

Ich weiß noch sehr gut, wie ich aus Versehen, meinen ersten Orange Wein gemacht habe. Ich wollte ausprobieren, wie lange man Riesling auf der Maische stehen lassen kann. Zu diesem Zweck hatte ich mir extra zwei Kühlschlangen gekauft — dummerweise hatte ich aber vergessen, sie anzuschließen. Sie waren in der Maische, sahen toll aus, waren aber natürlich völlig wirkungslos und das ganze Zeug fing an zu gären. Es hat grauenvoll geschmeckt, aber es war höchst interessant. So interessant, dass ich fortan jedes Jahr versuchte diese Weine zu erzeugen. Bis sie mir irgendwann glücklicherweise auch schmeckten. Beinahe zeitgleich fing ich an eine deutliche Schwefel-Allergie zu entwickeln und im Handumdrehen war das alles irgendwie trendy und passte in die Zeit. Einfach war das nicht. Spannend aber allemal. Was davon übrig geblieben ist, ist meine deutliche Vorliebe für Weine, die quasi minimalistisch hergestellt werden. Wenig Additive, langes Hefelager, am liebsten kaum bis keine Filtration und Schwefel nur so viel wie nötig. Also das, was heutzutage im Spitzenweinbau eigentlich völlig normal ist. All diese Dinge, die vor einigen Jahren noch belächelt wurden sind tatsächlich völlig normal. BSA beim Riesling, etwas Maischegärung bei den Weißweinen und eben ein sorgsamer Umgang mit Schwefel. Es ist Normalität. Der Grundgedanke des Naturals – nichts rein und nichts raus – ist Standard. Möglich macht das natürlich die extrem gute Weinbergsarbeit und die daraus resultierenden großartigen Trauben. Und der Klimawandel. Der sowieso. Aber das ist ein anderes Thema.

Während ich also so auf der Suche nach all diesen anderen Weinen war, fiel mir immer deutlicher auf, wie sehr mich die Weine, die mich doch eigentlich so sehr langweilten immer wieder einholten. Bordeaux-Klassiker beispielsweise. Burgunder sowieso. Verläßliche Namen und damit auch Werte. Auch die großen deutschen Riesling-Klassiker. Wie Dönnhoff, beispielsweise. Was bin ich mittlerweile für ein Dönnhoff-Fan. Oder Breuer, Bürlklin-Wolf und Weil und wie sie alle heißen. Die Reihe ist lang. Ihnen allen gemeinsam ist so eine wunderbare Beständigkeit. Das also, was ich früher wahrscheinlich langweilig fand, ist das, was mich jetzt umso mehr fasziniert. Gut muss es natürlich sein – aber das ist ja eh klar. Auf diesem Niveau gibt es so oder so keine schlechten Weine. Da gibt es allenfalls mal mehr oder weniger Flaschen. Aber das war es auch schon. Nuancen noch, die am Ende entweder für 93 oder für 96 Punkte gut sind. Alles viel zu marginal um ernsthaft und grundlegend Anlass für tiefe Diskussionen zu geben. Wenigstens für mich.

Vielleicht ist es ja aber auch eine Frage des Alters. Aber darüber will ich eigentlich gar nicht nachdenken. Wer ist schon alt… ;-) Es ist, und das wird mir immer deutlicher, die Verlässlichkeit die mich fasziniert. IMG_3819Wie beispielsweise bei den Italienern. Die sind auch so ein Paradebeispiel für das, was ich meine. Und da kommen wir dann doch endlich zu dem Wein, um den es eigentlich geht. Pio Cesare – der begegnet mir gerade auffällig oft. Die machen seit Generationen Wein. Völlig unaufgeregt. Eher still;  so kommt es mir wenigstens vor. Ich hatte einen eher “normalen” 2016er Barbera d´Alba im Glas (zur Pasta versteht sich) und die Flasche war im Handumdrehen leer. Pasta leer, Wein leer. Perfekt! Ein Wein, der vor Allem dadurch besticht, dass er einen schier aberwitzigen Trinkfluss hat. Man, ich, muss über den weder diskutieren, geschweige denn ihn analysieren. Einfach nur trinken und Spaß haben und überlegen, wo die nächste Flasche steht. Ist das nicht wunderbar?!

Damit wir uns nicht falsch verstehen: natürlich bin ich weiterhin auf der Suche nach den “anderen Weinen” und natürlich gibt es kaum etwas spannenderes, als diese zu entdecken. Damit aufzuhören ist für mich undenkbar. Die Vielfalt ist es, die mich schon immer am meisten fasziniert. Und dazu gehören eben auch die Klassiker. Die wunderbaren Klassiker, die im Übrigen ursächlich dafür verantwortlich sind, dass ich überhaupt angefangen habe Wein zu trinken.

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