In den vergangenen beiden Wochen gab es in der Weinwelt eigentlich nur ein Thema – ALDIs Offensive in Sachen Deutsche Weine. Ich kann mich nicht erinnern, dass es etwas gab, was jemals mehr diskutiert wurde.
Selten, und ich bin schon über 20 Jahre dabei, habe ich eine derartige Aufregung erlebt wie in den letzten beiden Wochen. Günther Jauch – der berühmteste Deutsche neben Angela Merkel – hat gemeinsam mit Europas größter Kellerei zwei Weine für ALDI gemacht. Einen roten und einen weißen. Der Rheingauer Spitzenwinzer Leitz hat einen VDP.Gutswein beim Discounter in das Regal gestellt und wenn man den Auguren glauben darf, war das nur der Anfang. Was für die einen der Untergag jeglicher Kultur ist, ist für die anderen nur logisch. Der allergrößte Teil des in Deutschland konsumierten Weins wird in den großen Discountern gekauft. Man kann das schlecht finden und sich darüber aufregen. Man kann das gut finden und als große Chance für den Deutschen Wein generell sehen. Man kann es aber auch ignorieren und weiter in seiner eigenen Welt leben. Jeder wie er mag. Um so interessanter ist es jetzt, dass die großen und wichtigen deutschen Verbände auf die Sache reagieren. Alle voran der Deutsche Weinbauverband. Dessen relativ frisch gewählter neuer Präsident Klaus Schneider hat große Pläne.
Es steht eine Reform im Deutschen Weingesetz an. Die Fehler von 1971 sollen endlich korrigiert werden und das Deutsche System schlußendlich von den unsäglichen Zuckergehalten auf ein Herkunftssystem umgestellt werden. So wie im erfolgreichen Rest Europas. So weit so gut. Dass das sinnvoll ist steht außer Frage, wenngleich die Diskussionen in den einzelnen Anbaugebieten bereits relativ “hitzig” verlaufen. Das Ganze ist eine große Chance für den Deutschen Weinbau und sinnvoll ist es auch. Auch wenn das unter Umständen bedeuten würde, dass es künftig auch bei “Nicht-VDPisten” keine trockenen Prädikatsweine mehr geben sollte. Im Großen und Ganzen spielen diese Weine am Markt so oder so keine wirklich tragenden Rolle, wie Schneider kürzlich bei der Tagung des Badischen Weinbauverbandes sehr anschaulich schildern konnte. Schneider geht aber noch einen Schritt weiter und hat dabei prominente Unterstützung vom VDP.Präsidenten Steffen Christmann. Beide wollen eine Art Klassifizierung für Discounter Weine.Was im ersten Moment wie ein Aprilscherz klingt, hat es in sich. “Man muss auf die aktuelle Situation reagieren”, erklärt Schneider, “und darf in dem Kontext die wichtigen Einkaufststätten nicht im Dschungel der Bezeichnungen alleine lassen”.
Beiden schwebt ein dreistufiges Modell vor. Dabei handelt es sich um einen Mix aus Herkunft, Regalplatz und damit verbundenem Verkaufspreis. “Im Detail sähe das Ganze wie folgt aus”, erklärt Schneider. Ein einfacher Schoppenwein aus der Pfalz, der im unteren Bereich der Regale steht, bekommt zunächst seine Herkunftsbezeichnung, in dem Fall “Pfalz” vorangestellt. Dann käme der Regalbereich, also ein einfaches “U” für unten und am Ende natürlich ein weitere Einordnung in Sachen Preis. Ein “PS” für “preiswertes Segment”. Ein “MS” für “mittleres Segment” und ein “MW” für “Mehrwert”. Im Falle des besagten Schoppenweins sähe das Ganze dann so aus: 2017 PFALZ.U.PS.
VDP.Präsident Christmann, der naturgemäß seinen Blick eher auf die gehobenen Qualitäten legt, erklärt das System für das oberste Segment. “Für die Weine, die in diesem Bereich positioniert sind, also Weine zwischen sechs und sieben Euro, beispielsweise aus Württemberg, sähe das Ganze dann so aus: “2017 WÜRTTEMBERG.O.MW.”. “Natürlich”, so Christmann weiter, “müssen wir uns noch Gedanken um die kleineren Herkünfte, sprich die Lagen machen”. “Schließlich sind die engeren Herkünfte der zentrale Baustein unserer geplanten Reform”, ergänzt Schneider. Wie das im Einzelnen aussehen wird ist bisher noch unklar. Ein zentraler Arbeitskreis unter der Leitung der neuen Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner wurde dazu bereits gegründet. Dieser Arbeitskreis, der sich aus den beteiligten Verbänden, den Einkausfleiter der großen Discounter und mehreren Social Media Influencern zusammensetzt, hat schon einige Vorschläge erarbeitet.
Einig ist man sich bereits, dass man die höchste Stufe der Qualitäten in jedem Fall “Grosses Gewächs” nennt. “Der VDP hat da auf diesem Gebiet die vergangenen Jahre hervorragende Arbeit geleistet”, konstatiert Ministerin Klöckner, “und warum sollte man das nicht für alle benutzen”. “Natürlich müsse dabei aber an der Einpreisung gearbeitet werden” so die Ministerin weiter, “schließlich muss jeder in den Genuss dieser Weine kommen können. Auch Familien mit kleineren Einkommen”. “Dem Arbeitskreis schwebt eine Art “VOLKS.GG” vor”, erklärt einer der Social Media Influencer, der namentlich nicht genannt werden möchte. Die neue Kategorie von Spitzenweinen soll sich im Segment zwischen 8,99 Euro und maximal 10,89 Euro bewegen.
Wie schon das Jauch Projekt, wird das neue “VOLKS.GG” von Kellereien abgewickelt werden. Allerdings ist hierzu ein Zusammenschluß alle großer Kellereien notwendig. Schließlich wolle man alle Deutschen, also über 80 Millionen, in den Genuss dieser Weine kommen lassen. “Es darf hier keinerlei Barrieren geben”, erklärt Ministerin Klöckner die immerhin auch schon Deutsche Weinkönigin war, “das VOLKS.GG muss zu einer Art verbrieftem Grundrecht werden. Notfalls auch per Verordnung oder Gesetz”.
Ob das bis zum 1. April 2019 durch ist?
Die BILD-Zeitung signalisierte soeben breite Unterstützung. Chefredakteur Julian Reichelt: Wenn es um das deutsche Volk geht, sind wir die Spezialisten. Nach Volksfernseher, Volkswaschmaschine und Volksturnschuhe ist das Volksgewächs (VGG) eine neue Stufe nationaler Identität.
Das ist doch nichts Neues. Ein Grosses Gewächs für das Volk gab es doch schon bei Netto. Und das war kein Aprilscherz!
ich verbuche das mal unter der Rubrik “Aprilscherz”
Oh, erst jetzt sehe ich, dass der Beitrag vom 01.04. ist. Ganz ehrlich: ich bin erst bei der Regalpositionierung als Klassifizierungshilfe auf die Idee gekommen, ob das wohl ein Aprilscherz ist. Lustig, doch irgendwie “befürchtbar”, dass das auch ernsthaft mal so vorgeschlagen werden könnte.
Als Aprilscherz verpackte Denkanregungen zu einem Thema, das Herrn Würtz beständig umtreibt. Kann man so machen, auch wenn ich persönlich dieser Art von Humor nicht so viel abgewinnen kann. Lieber wären mir mehr echte Nachrichten aus der Welt des Weines. Sonst kann man sich den Blog auch sparen. Andere (Blogger) sind da fleißiger.
Wer den Rotwein und den Weisswein kaufen möchte, soll das doch bitte tun, ich finde das jetzt weniger dramatisch und solche Aktionen gab es bereits in vielen Segmenten, also warum nicht auch beim Wein …?