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Es ist, was es ist sagt die Liebe… Valdonica!

ich bin kein Freund von Poesie, schon gar nicht dann, wenn es schmonzettig wird, aber Erich Fried hatte ich sofort im Kopf. Und dabei geht es “nur” um ein Weingut in Italien…

val5Schon der Weg, die Strasse hoch zu Valdonica ist ein Erlebnis. Nachdem man auf einer kerzengerade, wie mit einem Skalpell in die Landschaft geschnittenen, beinahe schon typisch deutschen, weil so unfassbar perfekt geraden Strasse, durch die nur wenig inspirierende Ebene der Maremma gefahren ist, geht es steil den Berg hoch. Eng und unfassbar steil. So gähnend langweilig die Strasse in der Ebene war, so aufregend ist die, die den Berg hoch führt. Dramaturgisch kaum besser zu wählen. Oben angekommen erwartet einen eine Art Bergdorf, das auch gut in die Kulisse des “Paten” gepasst hätte und gleich rechts, am Ortseingang, ein unscheinbar wirkender Flachbau. Einstöckig, unaufgeregt, aus Holz und eben so, wie “unscheinbar wirkend” nun einmal ist. Aber dann… Einmal durch die Tür und vorbei an einer großen Tafel, die den Fassraum von der Küche trennt, auf einer Terrasse vor den Weinbergen wird schnell klar, wo man hier ist – in einem kleinen Paradies. Eigentlich in einem großen. Und noch eigentlicher ist man in einem anderen Universum. Die Tür zum Weingut ist nicht einfach nur eine Tür. Sie ist ein Tor. Eine Art Bewusstseins-Tor, durch das man eine andere Dimension betritt. Eine Dimension, die mit Wein zu tun hat. Und mit Liebe. Mit unfassbar viel Liebe. Dabei ist die Terrasse nur der Anfang

val1Martin Kerres gehört das Weingut. Kerres ist Arzt, hat für einen großen Konzern gearbeitet, eine private Krankenhauskette aufgebaut und vor einigen Jahren alles an den Nagel gehängt. Ja, das ist beinahe schon ein Klassiker und zwar so einer, der gefühlt bereits hunderttausend Mal erzählt und beschrieben wurde. Aussteiger – wahlweise berühmt oder reich oder beides – geht in die Toscana – wohin sonst – und macht Wein. Es ist so abgedroschen. Es gibt kaum abgedroscheneres. Aber manchmal, natürlich nicht immer, ist die Geschichte doch ganz anders und ganz besonders. So wie die von Kerres. Valdonica ist ein anderes Leben für Kerres. Eines, ohne Rettungsanker oder Rückversicherung. Kerres hat keinen gut dotierten Aufsichtsratsposten oder ähnliche backups. Er hat Valdonica. Ende! Er lebt es, es ist Teil seines neuen Lebens.

val3Das erzählt er mir, während wir auf einer kleinen Anhöhe, unweit dem Weingut sitzen. Oberhalb des Pools (der ist für die Gäste), steht ein Sitzgruppe, umrahmt von Bäumen. Von dort aus überblickt man die ganze Ebene bis hin zum Meer. Würde ich diesen Blick einfach nur als spektakulär bezeichnen, wäre das die Untertreibung des Jahres. Es ist so viel mehr, als eine spektakuläre Aussicht. Es ist ergreifend, umfassend und nicht mehr loslassend. Und während ich da so sitze und um Contenance ringe, erzählt mir Kerres seine Lebensgeschichte. Was mein Ringen um Contenance nicht wirklich einfacher macht…

Von seiner Suche, seiner langen Suche nach Heimat und Ruhe und irgendwie auch Liebe. Nachdem er Valdonica gefunden hatte, damals noch mit Frau und drei Kindern, wurde er krank. Nichts lebensbedrohliches, aber bedrohlich genug, um zu realisieren, dass sein Leben eigentlich ein anderes ist. Anders werden muss. In einer Art Reha in Indien hat es ihn dann erwischt. Alles hat ihn erwischt – und vor Allem die Liebe. Auf den ersten Blick, versteht sich. Alles andere hätte auch nicht zu dieser Geschichte gepasst. Und um es in dieser Geschichte endgültig auf die Spitze zu treiben – seine Liebe heißt “Karma”. Karma Tenzing Bhutia, genau genommen. Selbst mit viel Fantasie kann man sich sowas nicht ausdenken. Martin Kerres und Karma leben und arbeiten heute zusammen auf Valdonica. Und sie sind glücklich. Und schon wieder klingt das alles irgenwie nach Schmonzette. Ist es aber nicht. Es ist alles, vom ersten bis zum letzten Moment, authentisch. Durch und durch.

Ich gebe es gerne zu, selten hat mich ein Weingut und eine Geschichte vom ersten Moment an so gepackt und berührt wie diese. Ich rang den ganzen Tag und die ganze Nacht immer weiter mit mir und meiner Contenance. Nicht nur ob der Kulisse. Alles dort ist anders. Anders und außergewöhnlich. Kerres spricht vom “free flow”. Das sagt er oft. So oft, dass es sich einbrennt. Und es ist keine Marketing Plattitüde. Es ist einfach alles dort. Er lebt es. Alle dort leben diesen “free flow”. Und das ist den Weinen auch anzuschmecken. Sie sind beeindruckend!

Valdonica ist neu. Bevor Kerres kam, stand da nicht eine einzige Rebe. Heute wachsen auf 10 Hektar, 500 Meter hoch, verschiedenste Sangiovese Spielarten. Daraus enstehen eigenständige und charaktervolle Weine jenseits des Mainstreams. Weine, die so sind wie die Macher. Eine Art Mischung aus Terroir und Seelenspiegel. Weine, die mich ohne Umwege tief berührt haben. So wie der 2013 Baciolo, der im ersten Moment so sehr nach Eukalyptus riecht, als säße man in Tonnen von Eukalyptus-Blättern. Mit der Zeit kommt mehr und mehr Nougat und Marzipan und am Ende steht eine grandiose Säure, die fest und reif dem Wein ein schier aberwitziges Rückgrat verleiht. Ganz zu schweigen von der Länge und Komplexität dieses Weins. Ein Monument!

Valdonica ist, was den Pflanzenschutz angeht, quasi jungfräulich. Es gab nie Landwirtschaft auf den Flächen und Kerres und sein Team arbeiten ökologisch. Das muss man natürlich nicht mögen – ich mag es. Und ich habe das Gefühl, dass ich das den Weinen auch “anschmecke”. Alle Weine haben eine ganz besondere innere Dichte. Sie sind bei aller Konzentration beinahe nie fett und plump. Im Gegenteil sogar. Der 2013 Saragio – was soviel heißt wie “Kirschblüte – ist quasi die Ausgeburt an Eleganz. Der Name ist Programm! Mit enorm viel Zug. Und wenn der 2010er im Glas ist, wird auch das Potenzial dieser Weine eindrucksvoll bestätigt. Druck, Dichte und gleichzeitig enorm filigran. Eine traumhafte Kombination. Der 2013er kostet 19,90 Euro. Viel Wein, für wenig Geld!

Überhaupt zieht sich durch alle Weine, wie ein roter Faden, eine unfassbar reife und dabei aber doch frische und animierende Säure. Es sind die höchsten Sangiovese Weinberge in der Maremma. Nicht bewässert. Die Höhe ist deutlich schmeckbar. Alle Weine haben Zug und Frische und Kühle. Wie der 2015 Arnaio. Er riecht nach Zimt, Leder und ganz viel Muskat. Die Säure ist präsent und extrem mundwässernd und hintenraus schmeckt das Ganze auf einmal leicht nach Banane. Der Wein kostet beinahe schon lächerliche 11,90 Euro.

Valdonica ist für mich, meine Entdeckung des Jahres. Die Weine sind großartig und haben einen aberwitzigen Trinkfluss – die Menschen dort sind schlichtweg eine Bereicherung. Man kann da übrigens auch sensationell gut übernachten.

Alle Weine gibt es hier zu kaufen

5 Kommentare zu “Es ist, was es ist sagt die Liebe… Valdonica!

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