Sachsen ist zwar ein junges Bundesland, aber ein altes Weinland mit mehr als 800 Jahren Weinbautradition. Im Weinbau ist das Elbtal mit seinen 450 Hektar Weinbergen rund um Meißen und Radebeul daher auch längst kein Tal der Ahnungslosen mehr. Aber eine vinologische Wundertüte und für manche Überraschung ist Sachsen dennoch gutDas zeigte schon die Vorbereitung einer Sachsen-Reise. Bei Schloss Proschwitz hielt man es erst gar nicht für nötig, auf eine Reservierungsanfrage für das Gutsrestaurant zu antworten. Das Radebeuler Weingut Aust beschied uns frühzeitig, dass trotz der verheißungsvollen Karte im Internet am Wunschtermin Mittwoch aber im Gutsrestaurant allenfalls Zwiebelkuchen und Käsewürfel mit Oliven angeboten wird. Na toll. Das vom Weingut Kastler Friedland empfohlene Restaurant Charlotte K. in Radebeul scheint schon wieder geschlossen. Und die famose Weinkulturbar in Dresden ließ uns frühzeitig wissen, dass (Originalton): „wir bis 2018 in den Abendstunden schon komplett ausgebucht sind. Abendreservierungen für 2019 können wir erst ab Januar 2018 entgegennehmen.“ Es wurde, soviel vorweg, dann trotzdem ein höchstvergnüglicher Nachmittag…. bis 18 Uhr…., und verhungert sind wir auch nicht….
Doch bleiben wir beim Wein. Das Fazit: Meist ordentliche Qualität, solide Basis mit bisweilen einem Tick zu viel Restzucker, insgesamt viel Gutes, aber wenig Überragendes. Aber: 90 Prozent der Weine liegen preislich zwischen 10 und 20 Euro. Das ist viel für die Basis und im Vergleich zu auch nicht gerade billigen Regionen wie dem Rheingau nicht immer preis-wert… dafür wird in Sachsen über 20 Euro das Angebot und die Luft sehr dünn… „Das kauft keiner hier“, hieß es in den Vinotheken zu Weinen von 30 und mehr Euro. Immerhin, auch die führenden Erzeuger zeigen sich auf den Weinfesten wie in Radebeul und Meißen präsent. Feste mit jeweils rund 50.000 Besucher an drei Tagen (zeitgleich!). Die Sachsen wissen zu feiern und lassen sich sogar von Eintrittspreisen (sieben Euro) für das Fest in Radebeul nicht abschrecken. Das gab eine schöne Gelegenheit für einen schnellen Einstieg…
Vincenz Richter, Meißen
2015 Müller-Thurgau und 2015 Kapitelberg Riesling trocken – solide Basis in der Region, Trinkweine ohne Ecken und Kanten, obwohl die Lage Kapitelberg doch mehr hergäbe als das Gebotene, aber nun ja…
Martin Schwarz, Meißen
2015 Kapitelberg trocken, 2015 Weiß aus Schwarz (Blanc de Noir), 2015 Müller-Thurgau… Schwarz, ein Charakterkopf und önologischer Vordenker im Elbtal (von manchen auch als Spinner bezeichnet…), setzt bei den meisten Weinen das Barrique ein, für mich ein echter Topproduzent mit Weinen, die Ecken und Kanten haben, dabei präzise sind und den Trinkfluss nicht verlieren…
Schloss Wackerbarth, Radebeul
Wow, da könnten sich die Staatsweingüter in Hessen in vielerlei Hinsicht noch eine Scheibe abschneiden. Top-Staatsbetrieb mit durchweg überzeugender Qualität. 2015 Goldriesling voller Zitronenmelisse und Pfirsich, ein klasse Sommerwein, 2015 Edition Elbflorenz (Riesling, Bacchus und Müller-Thurgau)
Schloss Proschwitz, Zadel
der (VDP-) Vorzeigebetrieb der Region, der mich aber nicht in jeder Hinsicht überzeugt hat… die älteren Weine zeigen eine sehr frühe Reife, den jungen fehlt es an Präzision und Prägnanz, bsp. 2013 Heilig Kreuz Riesling trocken, aber auch 2015 Rosé trocken, 2015 Riesling trocken ganz gut, aber da wäre doch mehr möglich, 2015 Goldriesling trocken, guter Vertreter der Rebsorte
Weingut Matyas, Meißen
2015 Müller-Thurgau trocken – ein Zechwein wie aus dem Bilderbuch, läuft
Winzerhof Golk
2014 Riesling trocken „handgelesen“ … aha… verzichtbar!
Weingut Hoflößnitz, Radebeul
2013 Cuveé H. weiß. Sehr gelungene Kombination aus Müller-Thurgau und Weißburgunder des ersten sächsisches Ökowinzers, knackige Säure, sehr frisch, gute Frucht, Zug, viel Zitrus und Quitte, Birne !
Rothes Gut – Tim Strasser, Meißen
2010 Muscaris halbtrocken – ein echter Überraschungswein, Jahrgang kaum zu glauben, sehr frisch, Melisse, Mango, Maracuja und Zitrus, gut
Weingut Zimmerling, Pillnitz
2012 Riesling – präzise, Druck, sehr präsent am Gaumen, gut strukturiert und balanciert, aber, tja, vom vermeintlichen Star der Region habe ich – zugegeben – viel zu wenig getrunken. In vielen Restaurants und Vinotheken war er nicht verfügbar, für einen Weingutsbesuch reichte die Zeit nicht… nächstes Mal dann mehr!
Weingut Aust, Radebeul
2012 Weißer Burgunder trocken – guter Essensbegleiter, straff in Säure, guter Körper, Nachhall, einer der besten Burgunder der Reise
Weinhaus Schuh
2015 Goldriesling trocken, 2014 Riesling trocken und 2015 Müller-Thurgau trocken – beides sehr gut. Schöne Vinothek im Herzen von Meißen, sehr empfehlenswert! Dieser Erzeuger verdient mehr Aufmerksamkeit.
Sächsische Winzergenossenschaft Meißen
2013 Riesling trocken – dünn, belanglos, eigentlich hatte ich mehr von der Winzergenossenschaft mit ihren rund 1200 Mitgliedern erwartet, die in jüngster Zeit kräftig investiert und in Meißen eine „WeinErlebnisWelt“ gebaut hat. Ein Mitglied allerdings hat in diesem Jahr einen handfesten Weinskandal erster Güte verursacht, der dieser Region einigen Schaden bereitet und – bis heute – für viel Gesprächsstoff gesorgt hat. Im Kampf gegen die Kirschessigfliege hat der Übeltäter nicht nur auf eigenen, sondern als Bewirtschafter auch auf anderen Weinbergen das nicht zugelassene Pflanzenschutzmittel DIMETHOAT eingesetzt, dass im Frühjahr dann in Rückständen im Wein nachgewiesen wurde. Die Folge war ein Skandal erster Güte, die Genossenschaft kommt wohl nicht ohne staatliche Hilfe über den Berg…. schlimm, doch ein Zusammenbruch würde wohl die Kulturlandschaft dort verändern, denn viele kleine Steillagen sind im Besitz von Genossenschaftswinzern… der Übeltäter soll aber angeblich nicht einmal ausgeschlossen worden sein…. da schütteln dann sogar sächsische Vinotheksbetreiber den Kopf… schon wird geunkt, es gebe nicht einmal einen Prozess… da werden wir ein Auge drauf haben….
Dankenswert sachliche und zutreffende Beschreibung einer seit Jahren leider eher vor sich hin dämmernden, mehr Dynamik vertragenden Region.
Insbesondere die Weine von Herrn Zimmerling haben uns bei einem Besuch auf seinem Weingut überrascht. Präzise und schlank, kein großer Schnickschnack drum herum und das von einer beachtlich kleinen Größe des Weinguts.
Anknüpfend and die 18 / 32 / 42 Serie gibt es bei ihm einen “Rosebud” Riesling der 18 Monate auf der Hefe lag und für uns das Highlight des Besuches war.
Soweit ich die Güter kenne, sehr weitgehende Zustimmung meinerseits. Martin Schwarz steht für mich an der Spitze, Proschwitz ist mal so mal so, bei Matyas habe ich wohl eher daneben gegriffen. Und das Preis-Leistungs-Verhältnis ist in der Regel schlecht, deshalb würde ich regelmäßig derzeit nur bei Schwarz zugreifen, der zwar auch nicht gerade günstig ist, aber seine Weine sind dann doch die aus meiner Sicht und Kenntnis eigenständigsten, da geht das für mich absolut i.O.
Werbung ist das Einzige, das dem sächsischen Wein fehlt. Wer nicht auf sich aufmerksam macht, kommt leider auch nicht vorwärts.