Es ist soweit, der VDP präsentiert in Wiesbaden alle VDP.GROSSE GEWÄCHSE aus dem Jahrgang 2015. Es verspricht spannend zu werden. Heute und morgen blogge ich, wie immer, live.
2015 war bereits im Vorfeld ein Jahrhundertjahrgang. Mehr gejubelt wurde in jüngster Vergangenheit bisher nur bei 2011. Kometenjahrgang und was war nicht alles zu lesen. Oder war es 2009? Ich weiß es nicht mehr. Zu viele Superlative. Wie immer eben. Fakt ist, wirklich schlechte Jahrgänge gibt es keine mehr. Ganz oben in der Spitze geht es nur noch um Nuancen. Die Kellers, Weils, Diels und Co. produzieren quasi wetterunabhängig… Welcher Wein, für wen und warum “groß” ist, ist so oder so restlos subjektiv. Meistens.
2015 ist ein ganz hervorragender Jahrgang. Konsumentenfreundlich, weil sehr früh sehr zugänglich. Definitiv besser als 2013, vielleicht auch besser als 2014 – wobei ich mir da eher unsicher bin. 2014 wird sicherlich ein Langstreckenläufer, würde ich wetten wollen. Warm war es, im vergangenen Jahr, also ziemlich gegenteilig zu den beiden Vorjahren. Wer daraus schlussfolgert, dass 2015 ein typischer warmer Jahrgang ist, liegt nicht ganz richtig – ganz falsch aber auch nicht. Die Säure ist präsenter, und das ist gut. Manchmal ist die Säure sogar ganz enorm, weil etwas zu früh geerntet wurde, manchmal fehlt auch ein wenig die Definition. 2015 ist heterogen. Wie immer eben.
So viel vorab, fangen wir einfach mit dem verkosten an…
Nahe – Riesling
Der erste Riesling des Tages hat es erfahrungsgemäß schwer. Der nicht. Mein Tag startet mit Diels Pittermännchen. Ein Traum an Feinheit und Eleganz. Dabei null schwer oder gar mastig. Straff, frisch und tief in der Struktur. Ein Monument an Eleganz und Finesse. Ein wahrhaft großer Wein! Ebenfalls auf einem sehr hohen Niveau ist das Pittermännchen von Joh. Bapt. Schäfer. Auch ein eleganter Vertreter, allerdings mit einer schönen Phenolik ohne dabei bitter zu sein. Sehr gut!
Das Goldloch von Diel ist verrammelt und verriegelt und es dauert Minuten, bis sich der Wein erschließt. Da schlummert ein Riese – ein zupackender. Mindestens genau so verrammelt ist der Burgberg. Aber… der kommt nach wenigen Momenten wie eine Rakete geschossen. Wenn es jemals einen Wein gab, auf den der Begriff “salzig” zutraf, dann ist es der hier. Mehr geht kaum. Ellenlang und mit einer Säure, die perfekt ist. Schlicht ein perfekter Wein. Riesengroß. Schäfers Goldloch muss auch dringend erwähnt werden. Auch der ist herausragend.
Großer Stilwechsel bei Gut Hermannsberg. Waren die Weine in den letzten Jahren eher laut und fordernd (was ich mag), so sind sie dieses Jahr ruhig, tief, beinahe in sich ruhend, wie der Steinberg (was ich noch mehr mag). Ein fester, dabei sehr saftiger Wein. Extrem lang, fantastisch in Struktur und Balance. Ein großer Wurf. Der Rotenberg steht dem in nichts nach. Feinwürzig, etwas floral und eine traumhafte Phenolik. Grosses Kompliment für zwei herausragende GGs, die auf mich knochentrocken wirken und mich nachhaltig beeindrucken. Das wird schwer zu toppen sein.
Dönnhoffs Delchen ist ein Schmeichler, ein charmanter und ganz aparter Wein. Eine Art “Prince Charming”. Sehr gelungen und typisch für das Jahr.
Wenn ich etwas wirklich schätzen gelernt habe, über die Jahre, dann ist es Handschrift und Konsequenz. Es gibt kaum einen zweiten im Land, bei dem das so deutlich wird, wie bei Schäfer-Fröhlich. Auch wenn die ganz wilden Jahre vorbei sind, irgendwie wild bleibt es dennoch. Die Kupfergrube wirkt knochentrocken, nichts lenkt vom Kern des Weins ab. Kerzengrade mit riesigen Potenzial und enorm viel Zug. Jetzt schon. Das Felseneck spielt in der gleichen monumentalen Liga. Ganz straff, saftig extrem Mund wässernd und dabei null primärfruchtig. Tief, elegant und trotzdem druckvoll. Der Stromberg ist etwas zugänglicher mit hohem Spaß, beinahe so, als ob man ihn direkt trinken wollte. Was ja leider nicht geht. Es warten ja noch viele Weine. Das Frühlingsplätzchen wirkt verspielt, tänzerisch leicht. Der erste Wein des Hauses, der etwas gelbfruchtig ist. Steht im sehr gut. Alle Schäfer-Fröhlich Weine sind eine Bank in diesem Jahr. Die Handschrift ist top, die Stilistik klar und die innere Dichte famos!
Emrich-Schönlebers Frühlingsplätzchen erinnert im ersten Moment an “After Eight”, so sehr springt mir die Minze ins Gesicht. Ein sehr straffer, beinahe minimalistischer Wein, mit enorm viel Zug und einer fantastischen Säure. Der Halenberg wird von Jahr zu Jahr immer mehr zu einer meiner Lieblingsweine. Tief, in sich ruhend, null aufdringlich und dabei doch so präsent. Eine große Persönlichkeit.
Fazit: Ein großes Jahr an der Nahe. Herausragend, wie beinahe immer. Diel wird für mich langsam aber sicher zur Nummer eins in der Region. Wenngleich dort tatsächlich alle auf eine, sehr hohen Niveau spielen. Carolin Diel spielt in der Champions League der Deutschen Winzer. Mein “coup de coeur” geht an Gut Hermannsberg für zwei herausragende Weine.
Rheinhessen – Riesling
Gunderlochs Rothenberg ist auch in diesem Jahr eine Bank. Und was für eine. Johannes Hasselbach geht seinen Weg konsequent weiter. Klar, straff, keinerlei Schnickschnack, ein Hauch von Holz, etwas Eisenkraut. Ganz großartig.
Kühling-Gillots Rothenberg “wurzelecht” braucht Zeit und Luft im Glas. Was im ersten Moment noch durcheinander wirkt, kommt mit der Zeit mit enorm viel Druck und Stringenz förmlich angerast. Ein sicherer Kandidat zum einlagern und weglegen um sich dann in zehn Jahren anzufangen zu freuen. Das Pettenthal ist mein nächster echter Höhepunkt. Der Wein packt mich und zieht mich weg. Soviel Kraft und Ausdruck und Konsequenz, so viel Stein, so viel Zug, so eine harmonische Säure. Ein Wahnsinn und ein echter Anwärter auf Höchstnoten. Der pure Wahnsinn in Sachen Herkunft ist der Ölberg. Der ist tatsächlich ölig, petrolig und dazu noch feuersteinig. Konsequent trocken, mit starken Säurerückgrat – ein großer Wurf!
Schätzels Ölberg ist anders. Mehr Stil, als Lage. Das allerdings auf höchstem Niveau mit bereits jetzt schon deutlicher Tendenz in Richtung erhöhtem Trinkfluß. Top!
Gunderlochs Hipping brilliert auch in diesem Jahr mit einer ganz feinen Kräuteraromatik und einer schier unendlichen Kühle. Ein ganz feiner, zarter und höchst eleganter Wein. Ein stiller, großer Aristokrat. Der Hipping von Kühling-Gillot ist etwas mächtiger und die Phenolik sticht heraus. So, wie ich es mag. Extrem straff, den Mund wässrig machend, dabei unendlich lang und konsequent bis zum letzten Moment. An Kühle kaum zu überbieten. Zwei herausragende Vertreter auf Augenhöhe. Schätzel rundet das herausragende Hipping-Trio ab. Ganz eigen, ganz stark. Extrem charaktervoll, sehr stringent und vielleicht, aber nur vielleicht am Ende der, den ich bevorzugen würde. Große Weine allesamt!. St. Antonys Orbel macht das großartige Bild von Nierstein in 2015 komplett. Extrem balanciert, alles passt, nichts zu viel und nichts zu wenig.
Hubacker von Keller… Man sollte nicht meinen, dass ein Keller noch Luft nach oben hat. Das hier belegt eindrucksvoll das Gegenteil. So etwas feines und kühles und geschliffenes und dabei in der Nase so anders wie sonst. Herrlich. Und nach zwei Minuten ist der Hubacker dann doch im Glas. Verrückt und einer der aufregendsten Weine bis jetzt.
Fazit: Es sieht alles nach einem Rheinfront Jahr aus. Großartig Kühling-Gillot und Gunderloch. Schätzel muss sich nicht verstecken, im Gegenteil. Da ist einer ziemlich auf Augenhöhe. Manches probiere ich morgen noch einmal.
Franken – Riesling
Wie es geht, oder gehen kann, zeigt wieder einmal Fürst ganz deutlich. Sein Centgrafenberg sticht heraus, nein er überragt. Absolut trocken, extrem schnörkellos, salzig, klar, zupackend, fest und Grip ohne Ende. Herausragend. Groß!
Weltner hat einen extrem gelungenen Küchenmeister “Hohenleite”. Ein Wein mit einer hohen inneren Dichte, einer genialen Säure und einem sehr festen Kern. Ein Langstreckenläufer. Ein opulenter, für die, die es druckvoller mögen.
Der Schlossberg vom Fürstlich Castell´schon Domänenamt ragt ähnlich heraus wie Fürst. Sehr stofflig, komplex und mit einer wunderbaren Mischung aus Kräuterwürze und etwas Banane und Melone. Ein in sich extrem stimmiger und lang anhaltender Wein. Große Klasse!
Ich bin Horst Sauer Fan. Schon lange und 2015 zeigt mir deutlich, dass das richtig ist. Am Lumpen 1655 hat alles das, was großer Riesling für mich haben muss. Dichte, Spiel, Tiefe. Alles da. Dabei konsequent trocken. Die Säure trägt den Wein ohne ihn zu dominieren. Die Herkunft ist deutlich. Man nennt das schlicht perfekt!
Der eigenständigste, weil komplett anders, ist Luckert. Ein Stil, den ich liebe. Maustal heißt der Wein. Schnörkelos bei jeglichem Verzicht auf Fruchtgetöse. Dabei glasklar und mit einer perfekten Phenolik ausgestattet. Unendlich lang beinahe und auch am Gaumen nicht mehr enden wollend. Über Minuten hinweg gräbt sich dieser Wein Stück für Stück tiefer hinein und selbst nach einem Schluck Wasser hört das nicht auf. Verrückt. groß. Exzellent! Einer der großartigsten Weine, die ich in den letzten Jahren aus Franken im Glas hatte. Großer Deutscher Riesling! Den musste ich runterschlucken…
Württemberg – Riesling
Wer auf viel Frucht steht, ist bei Neippergs Ruthe extrem gut aufgehoben. Feinste Gelbfrucht unterstützt von einer zitronigen Komponente und einer sehr animierenden Säure. Wirklich sehr gut, weil sehr präzise und auf dem Punkt. In der Liga boxt auch der Steinkrüben von Dautel. Was eine Frucht! Expressiv wäre untertrieben. Wenn die sich etwas verzogen hat, wird es sehr kräutrig und straff. Gefällt mir gut!
Haidle ist da ganz anders. Der Pulvermächer hat weniger Frucht, mehr Kühle, etwas rau aber stringent und sehr konsequent. Extrem gelungen und in meine Welt der, der mir am besten schmeckt.
Baden – Riesling
Lediglich drei Weine stehen hier. Heger gewohnt souverän in altmeisterlicher Manier. Sehr saftig und animierend.
Rheingau – Riesling
Logischerweise muss ich ich hier ein wenig zurückhalten. dennoch gibt es einige unbedingte Empfehlungen meinerseits. Jung hat mit seinem Siegelsberg und dem Hohenrain zwei wahrhaft großartige Weine geschaffen Wieder einmal, muss ich sagen. Er war im letzten Jahr schon herausragend. Von Oetinger brilliert ebenfalls. Spreitzer hat für mich die homogenste Kollektion auf allerhöchstem Niveau und Mark Barth wird immer präziser und konsequenter. Weils Gräfenberg thront über den 2015ern. Das ist eine Klasse für sich. Und dann kommt Kühn mit seinem 2014er (!) St. Nikolaus. Ich hatte den Wein jetzt mehrfach im Glas und mehrfach fehlten mir die Worte. Das ist der beste Riesling, der 2014 produziert wurde. Nicht mehr, aber auch nicht weniger! Das ist wahrscheinlich einer der besten Weine der letzten 16 Jahre. Zumindest für mich. Ein Stück Weingeschichte irgendwann. Ganz sicher!
Pfalz – Riesling
Knipser steht mit zwei festen und extrem dichten Weinen am Anfang des Pfalz-Fights. Sehr komplex der Mandelpfad, dicht, sehr verschlossen. Ein Wein, der in den Keller gehört – so wie es sich für ein Grosses Gewächs gehört! Der Steinbuckel ist ein wenig offener, sehr präzise und ganz enorm fein in der Säure. Gar nicht dick und irgendwie beinahe schon ein wenig umpfälzisch. Toll und faszinierend!
Rings hat einen sehr runden und gelungenen Saumagen. Er ist pfeffrig, würzig, die Säure ist prägnant aber nicht dominierend, er steht lange im Mund und hat zweifelsohne ganz große Eigenschaften.
Jesuitengarten von Acham-Magin ist der Inbegriff an Frische. Kühl, geschliffen und präzise, schnörkellos und dennoch sehr charmant. Fantastischer Wein. Basserman-Jordans Jesuitengarten ist etwas stoffliger und kräftiger. Ellenlang, viel Pfirsich und super dicht. Ganz feine und elegante Säurestruktur. Ein toller Wein!
Der Pechstein von Acham-Magin macht da weiter, wo der Jesuitengarten aufgehört hat. Er hat deutliche Süße, was eigentlich nicht meine Welt ist, aber die steht ihm beinahe ungehörig gut. Und das will was heißen, wenn ich das mag. Ein in sich schlüssiger und extrem leckerer Wein. Ja, lecker!
Kalter Rauch, wie bei einem Kamin… So nicht Bassermann-Jordans Pechstein. Hammer! Der Wein hat eine unglaubliche Zitrusfrische im allerbesten Sinn. Nichts aufgesetztes, einfach grandios. Bester Pechstein des Weinguts, den ich hier bisher im Glas hatte.
Reichsrat von Buhl Pechstein ist famos. Komisches Wort eigentlich, aber in dem Fall tatsächlich zutreffend. Der Wein springt förmlich aus dem Glas und im ersten Moment dachte ich an Schiefer. Das ist natürlich völlig falsch, aber dieses Cassis und dieser Hauch von Katze. Spannender geht es kaum noch, ehrlich gesagt. Knochentrocken, straff in der Säure – ein ganz großer Wurf! Das Ungeheuer ist ebenfalls ein großer Wurf. Aber: völlig dicht und verschlossen. Der wird Jahre brauchen und das ist gut so. Ein Monument, ein verschlossenes!
Falls sich einer noch daran erinnert, an die Schulzeit, wie nasse Kreide roch, der weiß jetzt sofort, wie der Kalkofen von Bassermann-Jordan riecht. Verrückt! Eigentlich müsste ich jetzt schreiben, dass hier der Name Programm ist… Zuckerfrei ist der quasi, extrem kompromisslos und ganz, ganz groß!
Pfeffrig und beerig ist Christmanns Langenmorgen. Dazu kommt noch Grafit, so als ob man gerade einen Bleistift gespitzt hätte.Sehr faszinierend. Ein sehr tiefer und ruhiger Wein. Besonnen irgendwie. Ein sehr ausgewogener und differenzierter Wein.
Fieses Wortspiel… Buhl ist cool! Es ist schon ganz enorm, was Richard Grosche und Monsieur Kaufmann mit ihrem Team da auf die Beine stellen und in Flaschen abfüllen! Kieselberg… Noblesse in Reinform. Kühl wie es kühler nicht sein könnte. Gebirgsbach. Sämtliche Plattitüden der Welt fallen mir ein. Ich bin hin und weg! Vielleicht, aber nur vielleicht, ist er nicht der Allergrößte unter den Großen. Aber er ist in seiner Klasse perfekt. Also dann doch groß – geht ja gar nicht anders. Buhl vollendet die grandiose Vorstellung mit einem 2014er Reiterpfad Hofstück. Kompromissloser geht es kaum. Null-Zucker-Politik. Meine Welt! Danke!
Rebholz… Auch so einer, dessen Weine ganz nach meinem Gusto sind. Im Sonnenschein ist beinahe schon streng. Kerzengerade. Brillant. Geschliffen und glasklar. Da werden keine Gefangene gemacht – knalltrocken. Perfekt! Der “Ganz Horn im Sonnenschein” ist das ebenfalls. Aber hier kommt eine vibrierende Säure hinzu, die alles tatsächlich ein wenig schwingen lässt. Ewig auf der Zunge! Der Kastanienbusch toppt alles und setzt sich mit seiner sagenhaften Phenolik und einer enormen inneren Dichte an die Spitze des Trios. Groß!
Fazit: Bassermann-Jordan, wie auch in den letzten Jahren, immer besser und souveräner. Acham-Magin macht richtig Spaß und Buhl marschiert unaufhörlich an die Spitze. Und das mit einem so eigenständigen und kompromisslosen Stil. Großes Kino! Rebholz ist auch in 2015 eine Bank!
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