Die Ernte im Rheingau ist beendet. Zeit für ein Fazit.
Der Jahrgang 2015 war beinahe ähnlich einem Spaziergang. Stress gab es keinen. Das lag vor Allem daran, dass es rechtzeitig ziemlich kühl wurde. Nämlich genau zu dem Zeitpunkt, als es so aussah, als ob es feucht werden würde. Am Ende war Feuchtigkeit eigentlich gar kein Thema. Weder Regen, noch Nebel. Wir hatten einige großartige Wochen mit strahlendem Sonnenschein und Temperaturen tagsüber um die 18 bis 20 Grad. Nachts und in den frühen Morgenstunden war es schön kühl. Man könnte sagen, das Wetter war annähernd perfekt um Trauben zu ernten. Es gab keinerlei panikartige Leseaktionen, Negativselektionen oder sonstige Dinge, die einem das Leben unnötig schwer machen. Einerseits ist das beinahe schon langweilig, andererseits ist das auch mal ganz schön!
Die Traubenqualität war herausragend. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so perfekte Trauben gesehen habe. Bis zum Ende des Herbstes konnten wir Rieslinge mit Mitte 90 Grad Oechsle und einer Säure von 10,5 ernten. Das ist – analytisch betrachtet – perfekt. Zu den gesunden Trauben gab es als Bonbon obendrauf eine wunderschöne Botrytis. Das heißt es gibt endlich mal wieder edelsüße Weine bis hoch zur Trockenbeerenauslese. Ob das ein Eisweinjahr wird, wage ich allerdings zu bezweifeln. Es wird die Tage wieder ziemlich warm, das wird den noch hängenden Trauben weniger gefallen.
Leider – und irgendwas ist ja immer – ist die Menge viel zu klein. 2015 reiht sich nahtlos in die kleinen Erntemengen der Jahre 2010 und 2014 ein. Dass das so kommen könnte, war absehbar. Es hat, wie sich vielleicht der eine oder andere noch erinnert, quasi monatelang nicht geregnet. Und wenn es nicht regnet, ist am Ende auch wenig Saft in den Trauben. Ein Grund zum jammern ist das in diesem Jahr aber nicht. Das was geerntet werden konnte, ist in einem Bereich, der über die Mindermenge hinwegtröstet. Nicht nur die edelsüßen Weine entschädigen, sondern endlich auch einmal die nützlichen Mengen an potenziellen Weinen im gehobeneren trockenen Segment. Was wirklich schwierig war, war der klassische Kabinett. Ein Leichtweinjahr wird 2015 sicherlich nicht – allerdings auch kein “Alkoholmonsterjahr” wie 2003. Richtig Spaß macht der Pinot Noir. Hier wurden die Fässer voll und die Qualität passt. Alles in allem kann man eigentlich zufrieden sein. Und das ist doch auch mal ganz schön.
Was die finale Qualität des Jahrgangs angeht, ist jegliche Aussage ähnlich werthaltig, wie die Voraussage der Lottozahlen am kommenden Samstag. Potenzial ist zweifelsohne vorhanden, was daraus wird, wird sich zeigen. Ganz sicher wird es Wein und ganz sicher ist es ein 2015er…