Eine meiner Lieblingskollegen aus dem wunderschönen Südtirol – Armin Kobler vom Weinhof Kobler – ist fertig und blickt für uns auf den Jahrgang und die Ernte zurück.
Eine Woche ist es her, dass wir den letzten Weingarten, die Puit, abgeerntet haben, die Arbeit im Keller ist inzwischen vom Stress befreit, es ist nun Zeit für ein vorläufiges Fazit. Nun — das wichtigste sollte schon zu Beginn gesagt werden — der heurige Jahresverlauf hat mit dem (hoffentlich!) außergewöhnlichem 2014 nichts gemeinsam!
2015 war nämlich im Gegensatz zum vorigen ein einfaches Jahr. Einfach heißt in unserer Gegend, dass es keine Spätfröste und (zumindest in meiner Umgebung) keinen Hagelschlag gab, dass der Sommer trocken war (wo es braucht, können wir bewässern), dass man deswegen wenig bis keine Probleme mit dem Pflanzenschutz hatte (noch nie so wenig gespritzt), dass man jeden Tag in den Weingärten arbeiten konnte und dass das Rebwachstum leicht in den Griff zu bekommen war.
Einen Strich durch die Rechnung machte uns zum Teil wieder einmal der Herbst: Pünktlich vor Lesebeginn hat das Wetter angefangen instabil zu werden und die Gewisheiten jener, die schon im August lautstark einen sicheren Jahrhundertjahrgang voraussagten, doch etwas erschüttert. Ein bis zwei mal in der Woche regnete es doch wiederholt, wenn auch nicht fest, aber es genügte, um die Reben immer wieder für Stunden und Tage nass zu halten. Alle Traubenpartien konnten deshalb nicht vom Stock geholt werden, wenn wir es hinsichtlich einer angestrebten technologischen Reife für ideal empfunden hätten, sondern manchmal war es die angesagte Schlechtwetterfront oder der beginnende Botrytisbefall, der den Lesetermin diktierte.
Die Ertragsmengen waren bei mir und bei meinen Kollegen in der Umgebung etwas unter dem mehrjährigen Durchschnitt, die Zuckergrade aber wieder einmal recht hoch. Eine Eigentümlichkeit dieser Ernte war, dass hinsichtlich der Mostgewichte auf einmal alle Weißweinsorten lesereif waren. Normalerweise gab es in den anderen Jahren immer wieder Tage, wo wir nicht Trauben vom Stock holten und zwischen der Burgundergruppe und dem Gewürztraminer war immer mindestens eine Woche willkommener Lesepause. 2015 musste hingegen ein Weingarten nach dem anderen gewimmt werden, was die Arbeit in unserem Keller vor große Probleme stellte.
Die Säurewerte waren im Most niedriger als gewollt, aber die Erfahrung lehrt mich, dass die Gärung selbst diesbezüglich oft nach oben korrigierend wirkt, ersten Verkostungen nach scheint dies auch heuer zuzutreffen. Ich bin trotzdem gespannt auf die ersten Analysenergebnisse der Jungweine. Gärprobleme hat es bisher in meinem Keller heuer keine gegeben, wenn auch die letzte Gewürztraminerpartie, der Merlot Kretzer und der Cabernet Franc zur Zeit erwartungsgemäß noch Zucker abbauen. Auch die Geläger der abgezogenen Weine riechen gut, was besagt, dass keine unmittelbaren Probleme mit Fehlgerüchen drohen.
Mein erster Eindruck ist der, dass der Jahrgang nach 2014 wieder jene Weintypologien hervorbringt, welche sich über die Jahre als typisch für unseren Betrieb herausgestellt haben. Und nachdem wir auch jedes Jahr ein wenig mehr Erfahrung einbringen, bin ich zuversichtlich, dass wir uns auch mit dem Jahrgang 2015 dem angestrebten Ideal eines Weines, der Herkunft, Sorte und Jahrgang auf angenehmer Weise widerspiegelt, wieder ein Stück weiter genähert haben.