Alles über Wein und den Rest der Welt…

Grill an, Auslese auf!

Es soll ja Leute geben, die erst dann die Grillsaison eröffnen, wenn so etwas ähnliches wie Frühling in Sicht ist. Als Jahresdauergriller ist mir das eher fremd. Ist aber eigentlich egal. Da eben viele jetzt anfangen zu grillen, wird es Zeit für den, zumindest für mich, wichtigsten Weintipp in Sachen Grillen.

Der Deutsche grillt gerne. An sich ist das eigentlich sehr sympathisch. Zum einen hat Grillen immer etwas mit Muße zu tun – Gasgrillen ausgenommen. Von Gasgriller höre ich als wichtigstes Argument für den Apparat eigentlich immer nur, dass es halt schnell geht. Mir erschließt sich das nicht. Wenn es schnell gehen soll, kann man auch den Herd in der Küche benutzen. Mit Gas grillen ist für mich nicht existent. Ja, da bin ich verbohrt. Feuer machen, warten, bis die Glut soweit ist, währenddessen gemeinsam etwas vorbereiten, den ersten Wein dazu trinken. DAS ist für mich einer der wichtigsten Aspekte des Grillens überhaupt. Ein wenig weiche ich allerdings auch von der reinen Lehre öfter mal ab. Anstelle von ordentlichem Holz, nehme ich häufig Briketts. Besonders die von meiner bevorzugten Firma. Mit denen kann man nämlich stundenlang grillen. Egal. Zum andern hat Grillen auch immer einen sozialen Aspekt. Es sei denn , man sitzt alleine auf dem Balkon.

Es versteht sich von selbst, dass nicht irgendein zugeschmiertes, abgepacktes und in seiner Herkunft restlos undefinierbares Stück Aas auf meinen Grill kommt. Es wird ordentliches Fleisch benutzt. Am liebsten heimisches, ab und zu auch etwas was von woanders her kommt. Vorzugsweise grille ich allerdings tatsächlich deutsches Fleisch.Da gibt es mittlerweile so unglaublich viele und gute Sachen. Artgerecht aufgezogen, würdevoll gelebt und nicht mit Antibiotioka turbogemästet. Solches Fleisch wird einem natürlich nicht draußen vor der Stadt im Industriegebiet im Discounter offeriert, so etwas gibt es nur bei guten Metzgern. Einer dieser guten Metzger, vielleicht sogar der allerbeste, ist Jürgen David aus Worms. Der ist eigentlich mehr eine Art Künstler und weniger der typische Metzger. Hin und wieder nenne ich ihn auch gerne den “Fleischgott”…

Und natürlich versteht es sich auch von selbst, dass ich zum Grillen KEIN Bier trinke. Ab und zu versuche ich es, meistens ist mir das aber alles viel zu bitter.

Bitter ist überhaupt das Stichwort.

Ich mag wenig bis nichts, was bitter ist. Darum trinke ich auch nie, ich wiederhole,  N I E Rotwein zum Grillen. Ja, ich weiß. alle lieben zu einem tollen Steak einen Rotwein. Vielleicht nicht wirklich alle, aber am Ende doch die allermeisten. Ich weiß nicht, woher diese Vorstellung kommt, dass zum Steak ein Rotwein sein muss. Rotweine haben Tannine, Gerbstoffe und das in Kombi mit Röstaromen, den typischen Aromen des Grillen, wird was? Genau: bitter.

Kürzlich durfte ich ein wenig durch die Eröffnung eines neuen Ladens in Mainz führen. Ein Traum von einem Geschäft – eine Fleischboutique. Der Besitzer hat argentinische Wurzeln und dementsprechend hoch ist natürlich seine Affinität zu argentinischen Rotweinen. Nachdem ich ihm und allen anderen Anwesenden erklärt hatte, dass das ja alles ganz schön ist, aber nichts mit dem ultimativen Genuss zu tun hat, verabredeten wir uns zu einer Art Wein-Grill-Battle. Es galt, den Beweis anzutreten, dass Rotwein nicht zum Steak passt. Zumindest nicht in Perfektion. Ich nehme es gerne vorweg – der Ergebnis des Abends war für ihn, und den eigens angereisten argentinischen Winzer, ähnlich erfolgreich wie die Endspiele ihrer Nationalmannschaft 1990 und 2014…

Wir grillten fünfeinhalb Kilo dry aged Roastbeef am Knochen. Das Fleisch war ein Traum. Wir hatten fünf Rotweine und vier Rieslinge. Drei Auslesen, süß. Eine aus dem Jahrgang 1992, eine aus 2006 und eine aus 2009. Dazu noch einen Riesling aus 2013 mit ziemlich genau 20 Gramm Restzucker. Es war ein Traum. Am Besten war die gereifte Auslese. Diese Kombination war schlicht und ergreifend perfekt. Die Süße war nicht aufdringlich und verband sich mit den leicht karamelisierten Aromen, insbesondere der Fleischkruste auf grandioseste Art und Weise. Geht nicht besser, geht nur noch anders. Ähnliches galt auch für den 06er und den 09er. Der 13er tat sich schwerer, er war nicht süß genug. Der ist mehr etwas für Schmorgerichte.

Und nun?

Ganz einfach. Wann trinke ich süße Weine? Auslesen? Eigentlich fast nie. Schon gar nicht zum Essen. Wenn mir einer zum Dessert einen Süßwein hinstellt, bin ich in der Regel zurückhaltend und frage nach etwas mit Kohlensäure. Das belebt, besonders am Ende eines Menüs. Dabei mag ich Auslesen. Riesling Auslesen, versteht sich. Das ist eine Kategorie von Wein, die einzigartig in der Welt ist und leider viel zu wenig getrunken wird. Einerseits ist das nachvollziehbar, andererseits wäre es ganz einfach. Trinkt Auslesen zum Grillen…

 

17 Kommentare zu “Grill an, Auslese auf!

  • EC

    Also die Ansichten über’s Grillen an sich teile ich ja durchaus. Aber die Feststellung, daß quasi ausschließlich weiße Auslesen das Optimum darstellen, werte ich jetzt mal als qualifizierte Einzelmeinung.
    Auch da mache ich schon einen Unterschied, was vom Grill herunter kommt. Rindersteaks, Schweinehalsgrat, Lammlenden, Makrelen, Doraden, Gambas, Nürnberger Rostbratwürste, Salsicce, gefüllte Paprika und und und, da paßt mal Bier, mal Weißwein, mal Rotwein, trocken, nicht ganz so trocken, jung oder gereift etc., oft auch mehr als eins der aufgezählten Getränke dazu. Mit einer Auslese tue ich mir allerdings sicher schwer, aber das hat auch nur mit meinem persönlichen Geschmack zu tun.
    Das Wetter und die Uhrzeit tun ihr Übriges dazu. 35 °C im Schatten schließen bei mir Rotwein eher aus, wenn man Abends schon in Decken gehüllt am Grill sitzt, würde ich tendenziell nicht mehr unbedingt zum Weißen greifen.
    Laßt der Vielfalt ihr Recht!

    Reply
  • Florian

    Als Pfälzer sind wir dazu prädestiniert an einem warmen Tag natürlich die ein oder andere saure Rieslingschorle zum Steak zu trinken. Demnächst werde ich mir aber mal deinen Tipp zu Herzen nehmen und zum Grillen was mit viel Restzucker aus dem Keller holen.

    In einer Sache möchte ich dir jedoch widersprechen. Wenn du beim Grillen nicht auf Geflügel zurück greifst (was mir eh viel zu trocken zum Grillen ist) dann wirst du egal an welcher Einkaufsstelle um Turbofleisch oder Antibiotika herum kommen. Ich besorge mir mein Fleisch zwar vom befreundeten Bauern direkt aber die gleichen Tiere landen auch im Schlachthof und gehen so an Discounter, handwerkliche Metzger etc. 99% der Landwirte geben ihr bestes für uns und haben es nicht verdient, dass ihre Produkte so pauschal abgetan werden.

    Ich wollte damit jetzt keine Diskussion einleiten, nur kurz eine Lanze brechen.

    Reply
    • Dirk Würtz Post author

      @Florian
      Nein, da muss ich direkt widersprechen: “99% der Landwirte geben ihr bestes für uns und haben es nicht verdient, dass ihre Produkte so pauschal abgetan werden.” So ist es leider nicht. Der größte Teil des Fleisches wird in Viehfabriken produziert und die geben nicht ihr bestes für uns

      Reply
      • Der Weinmakler

        Da muss ich jetzt aber widersprechen. Der Markt bekommt das was er verlangt. Und der gute Deutsche verlangt Billigfleisch. Der Discounter drückt den Preis und die Leute kaufen es dann freudig erregt. Wer nichts bezahlt für sein Fleich bekommt auch nichts und er hat auch nicht mehr verdient. Würden alle nach tollem Fleisch schreien, würde es auch produziert werden. Das ist beim Flesich nicht anders als beim Wein. Mein Standard T-bone steak vom Metzger meines Vertrauens kostet lächerliche 25 Euro (ca. 1,2kg, mehrere Wochen abgehängt). Du müsstet mal sehen, wie dich die Leute anschauen, wenn du damit auf der Grillfete auftauchst neben einem Meer von Bratwürsten und mariniertem Fettfleisch vom Discounter. Beim Süßwein kann ich dir nur recht geben. Süsswein gibt es viel zu selten zum Essen. Noch zu tief steckt hier die Erinnerung an die billigen Spätlesen der Weinpfuscherfraktion der letzten Jahrzehnte. Dann übersieht man gerne die vielen Winzer, die Süßweine mit Herz und Verstand vinifiziern und einem die schönsten Augenblicke im Weintrinkerleben bescheren können.

        Reply
        • EC

          Das Thema gab es ja schon zur Genüge, auch hier. Um die Wahrheit kommt man nicht herum, die große Mehrheit kauft so billig es geht. Manche allerdings deshalb, weil sie es sich schlicht und einfach nicht leisten können, auf was anderes als den Preis zu schauen und das werden leider immer mehr. Der Rest hat an Qualität anscheinend kein reales Interesse. Die nicht geringe Anzahl teurer SUV’s auf dem Aldi-Parkplatz zeigt alleine schon, wo’s lang geht. Daher dann auch der Durchschnittspreis für einen Liter (!) Wein von unter 3 Euronen und beim Fleisch schaut es sicher nicht besser aus.
          Die Leute, die auf Qualität beim Essen und Trinken achten, sind einfach eine Randgruppe.

          Reply
  • WA

    Im Internet liest man ja viel sonderbares, aber Süsswein zu gegrilltem Steak ist wohl die Krönung aller Absonderlichkeiten.

    Reply
  • Heinz Elflein

    Als ich diesen Artikel gelesen habe, habe ich mich erst einmal gefragt, ob er mein Weltbild durcheinander wirft. Die Antwort ist, ich weiß es nicht so genau, weil ich keine süßen Weine zum Grillfleisch trinke. Also kann ich es nicht beurteilen. Habe nur eine Spur von Widerwillen in mir, wenn ich daran denke. Gegen die süßen Auslesen habe ich nichts. Nach dem Grillen. Das rundet wunderbar ab. Wenn ich über das Thema Süßwein nachdenke, fällt mir auf einmal der Name Franz Keller ein. Den ich noch persönlich erleben durfte. Ich glaube, er hätte den Autor gevierteilt.

    Rotwein zum Rinderfilet ist für mich weiterhin erste Wahl. Auch wenn ich jetzt deshalb in diesem Kontext als Banause da stehe, was mir ziemlich wurscht ist.
    Apropos Wurscht. Zur fränkischen Bratwurst trinke ich Kulmbacher Edelpils, solange ich noch Durst habe. Soll ja vorkommen, dass man Wein nicht gegen Durst trinkt und Wasser zum Wein ist für Italiener, Schorle halte ich für Alkoholmissbrauch. Nach dem Durst kommt ein fränkischer Silvaner in den Kühler. Trocken. Kann mir absolut nicht vorstellen, lieblichen Wein zum Grillfleisch zu trinken. Bin aber lernbereit. Der Autor kann mit seinem Wein kommen, ich stelle Lokalität, Grill, erlesenes Rinderfilet und Bratwürste aus Franken.

    Reply
    • EC

      Heute Bayreuther feine Bratwürscht mit Krug-Pils aus Breitenlesau! Später dann Domkapitel vom Tschida aus dem Burgenland. Ohne Grillgut!

      Reply
      • A. Hofer

        Die Bayreuhter sind die Besten! Aber bitte mit scharfem Senf(t)! Krug ist mir zu süßlich. Hübner und Kathi sind besser.

        Reply
        • EC

          Klar, nur scharfer Sempft! Die Werschdla sind (waren) vom Parzen. Das Bier ist natürlich Geschmackssache, jetzt war mal Krug dran. Auch hier zählt die Vielfalt. Nächstes mal vielleicht Gottsmannsgrüner, Aufsesser, Schnupp, Friedenfelser, Hochstahl…
          Was der Keller halt gerade hergibt, ich muß ja alles immer ein paar 100 km weit exportieren, hier gibt’s ja nix gscheits.

          Reply
  • Pingback: Wider den Gasgrillern – Nur Weisswein zum Grillen? | Würtz-Wein | Ei Gude, wie?

  • Rieslingfan

    Jetzt bin ich doch tatsächlich mal mit Dirk Würtz einer Meinung! Zumindest was Ablauf, Häufigkeit und Qualitätsanspruch beim Grillen betrifft. Guter Artikel! Weiter so!

    Reply

Hinterlasse einen Kommentar zu A. Hofer Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <strike> <strong>