Alles über Wein und den Rest der Welt…

Kleine Weinfibel – 6

Ich beginne mal mit dem üblichen Gejammer: Ich weiß gar nicht mehr, wo ich anfangen soll undsoweiterundsofort. Was ich damit sagen will ist, es dauert eben manchmal einfach länger, bis ich wieder zum weinfibeln komme. Genug mit dem Gejammer, es geht los.

Wir starten direkt mit einem platten Spruch, aber wenn er passt, dann muss er raus: Alle neu macht der May…

Der fränkische VDP hat ein neues Mitglied. Das Weingut Rudolf May in Retzstadt. Retzstadt ist nicht unbedingt der Nabel der Welt und auch nicht der Nabel Frankens. Es liegt etwas versteckt, abseits vom Main. Alles nicht unbedingt spektakulär, aber gerade das macht es aus – die Ruhe und das Unspektakuläre! Rudolf May passt ganz gut dorthin. Groß ist er, riesig beinahe, schlank mit einem festen Blick. May ist kein lauter Mensch, aber auch nicht wirklich leise. Er ist präsent und hat eine klare Meinung. 1999 hat er sein Weingut gebaut und seitdem geht es konstant vorwärts – und aufwärts. Ich habe die May-Weine Anfang des neuen Jahrtausends kennengelernt, witzigerweise im Ausland, auf den Reisen des Deutschen Weininstituts. Wir standen da alle und waren auf der Suche nach Importeuren. Ich mochte die Weine damals schon, wenngleich die Entwicklung in den letzten Jahren wirklich toll war. Zu der klaren und deutlichen Frucht kam ein enormer Ausdruck, Kraft und Tiefe.

FotoMaySo wie im 2012 Retzstadter Langenberg Silvaner. Wenn ich mich nicht täusche, stand ich letzten Herbst in diesem enorm steilen Weinberg (das kann man demnächst im Video auf stern.de sehen). Natürlich ist der Wein trocken – wir sind schließlich in Franken. Knapp unter vier Gramm Restzucker hat er. Schmelzig und saftig ist er, ellenlang und extrem trinkfreudig. Der Wein hat stolze 13,5 Prozent Alkohol, die steckt er aber locker weg. Da ist jede Menge Frucht und Extrakt und Struktur, die das “bisschen”  Alkohol mühelos abfangen. Und Zug hat er… und wie! Da fällt mir sofort dieses Video dazu ein.Kurzum, ein Paradebeispiel für die Rebsorte – so muss Silvaner schmecken. Mit 12,00 Euro ist er über die Maßen fair bepreist und er passt ganz hervorragend zur Honigmelone, die ich gerade esse…

FotoMay2Wer es burgundisch mag, wer einen Hauch von Holz mag, dazu eine unglaubliche Mineralität, gepaart mit Tiefe und schier unendlichen feinsten Nuancen von Kräutern, der sollte sich ganz schnell und umgehend den “Recis” Sylvaner 1963 besorgen. Wer auf alles das, was ich aufgezählt habe, steht, der wird sich im Paradies wiederfinden. Wer glaubt, dass Silvaner nicht auch etwas Holz haben darf, der sollte es lassen. Das Holz ist – Achtung jetzt kommt ein Weinkritikersatz, aber mir fällt nix besseres ein – gekonnt. “1963″ heißt der Wein, weil die Reben in diesem Jahr gepflanzt wurden und mit “Recis” werden  jährlich die besten trockenen Weine gekennzeichnet. “Recis” bezieht sich auf die ursprüngliche Bezeichnung von Retzstadt. Der Wein ist knalltrocken und keiner merkt es. Was ich damit sagen will ist, dass der Wien nicht kratzt oder beisst oder so trocken ist, dass ich mich zwingen müsste, das irgendwie gut zu finden. Das Ding ist rund, völlig ausgewogen und einfach nur ziemlich nahe dran an der Perfektion. Zumindest für mich. Das hat natürlich seinen Preis. 28,00 Euro sind hier fällig. Der Wein ist seinen Preis wert! Ich esse dazu übrigens gerade Serano Schinken. Der ist von Haus aus salzig. Der Wein neutralisiert das weitestgehend. Irre. Hier geht es auf die May-Seite und da kann man auch problemlos alles bestellen.

FotoFiedlerDraußen hat es ganz knapp 30 Grad. Ideales Wetter, um eine Flasche Blaufränkisch zu öffnen. Leichter Sommerwein, für auf die Terrasse, 13 Prozent, wer das nicht ab kann, ist ein Weichei. Grenzhof Fiedler, 2010 Leithaberg. Bevor ich etwas zu dem Wein sage, muss ich zwingend was zu Bernhard Fiedler sagen. Ich kenne Bernhard Fiedler seit gefühlten Jahrzehnten. Gesehen habe ich ihn allerdings nur ein einziges Mal, auf dem Vinocamp. Ich weiß nicht mehr, ob das 2012 oder 2013 war, aber es war ganz sicher auf dem Vinocamp. Bernhard ist nicht nur Winzer, er ist auch Blogger. Und zwar einer von der Sorte, der ganz genau weiß, wovon er bloggt, respektive schreibt. Sein Blog gehört zu meiner Standardlektüre, seit Urzeiten.

Zum Wein: 2010 Blaufränkisch “Leithaberg vom Mörbischer Goldberg”. Es ist ziemlich verrückt und ich weiß nicht, ob ich so etwas in dieser drastischen Form schon einmal erlebt habe… Ich rieche in das Glas und der Pfeffer hüpft mich an. Szechuan Pfeffer! Aber so was von! Nein, ich bin nicht verrückt. Ich benutze diesen Pfeffer beinahe permanent zum Grillen und meine Frau hat die Dose mit dem frisch gemahlenen Szechuan gerade geholt und auf den Tisch gestellt und das ist es und nichts anders!!! Dieser Wein sollte als “Pegelwein” zu jedem Sensorikseminar. Genial! Ansonsten ist er ein zarter und filigraner, ein eleganter mit einer total animierenden Säure. Gänsehautwein!!! Der Wein packt mich und wird direkt ausgetrunken. Also nachher und nach dem “1963″… ;-)  Das gleiche aus 2011… ich bin gespannt… der Pfeffer ist da, aber lange nicht so ausgeprägt wie beim Zwanzigzehner. Er hat etwas Stahliges in Kombi mit einer süßlichen Frucht. Er ist gut, keine Frage, aber er kommt mit dem Vorgänger nicht mit. Egal, Blaufränkisch ist mehr und mehr mein Ding! Die Weine  kosten um die 18 Euro und bei Interesse einfach auf die Fiedler Seite gehen.

Anmerkung am Rande: Während ich das schreibe, höre ich die ganze Zeit “Daso”. Und überhaupt sollte man mal eine Wein-und-Musik-Verkostung machen!!!

 

 

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