Alles über Wein und den Rest der Welt…

Gläsertest

Weine verkosten gehört zu meinem Alltag, zu meinem Beruf. Natürlich weiß ich schon immer, dass das Glas dabei ein große Rolle spielt. Wie enorm der Einfluss aber tatsächlich ist, ist mir erst durch unseren Test klar geworden. Ein Selbstversuch, der mich nachhaltig beeindruckt hat!

1540310_696394820411743_575003558_oWein verkosten ist eigentlich ganz einfach und am Ende reduziert sich alles auf: “Schmeckt mir, oder schmeckt mir nicht”. Das ist natürlich nicht ganz richtig, aber eben auch nicht ganz falsch. Es gibt, neben den üblichen Dingen, in der Regel noch ganz viele andere Sachen zu erschmecken und zu erriechen. Natürlich nicht für jeden und auch nicht für jeden gleich. Viele Faktoren spielen beim Verkosten von Weinen eine Rolle: die Umgebung, die Stimmung, das Licht, die Gesellschaft und nicht zuletzt auch die körperliche Verfassung. Ganz wichtig ist natürlich auch das Glas. Wie wichtig es tatsächlich ist, hat mir unser Test kurz vor Weihnachten vergangenes Jahr gezeigt. Vor mit standen 18 Gläser verschiedener Hersteller und eine Flasche trockener Riesling – 2012 Hattenheim Wisselbrunnen Grosses Gewächs. Ich hatte einen Handschuh an und mir wurden die Augen verbunden, sodass schon einmal zwei der wesentlichsten Sinne ausgeschaltet waren. Ich konnte tatsächlich nur noch riechen und schmecken.

Ich hatte keinen Favoriten, wenngleich da ein Glas dabei war, das ich immer nehme, wenn ich Weine hier für meinen Blog verkoste – das Glas von René Gabriel. Ich habe mich an dieses Glas enorm gewöhnt und ich war mir eigentlich auch sicher, dass ich das sofort erkennen würde. Pustekuchen! Gar nichts habe ich erkannt. Weder mein Gabriel Glas, noch die unglaublich eleganten und einzigartigen Gläser von Zalto. Bereits nach wenigen Momenten war ich völlig isoliert von allem und hätte mein Kollege mir nicht die Gläser in die Hand geschoben, ich wäre restlos orientierungslos gewesen.

Der Wein war in jedem Glas anders. Zwischendurch war er so anders, dass ich mir sicher war, einen anderen Wein im Glas zu haben. Ich dachte, die wollen mich testen. Dem war natürlich nicht so, ich hatte immer nur den Wisselbrunnen im Glas, sonst nichts. Die Unterscheide waren gravierend! Mal füllte der Wein sofort den ganzen Mundraum aus, mal lief er einfach rechts und links vorbei und war weg, quasi wie auf der Flucht… Merke: die Glasform und die Art und Weise, wie die Öffnung geformt ist, ist ganz entscheidend. Bei einigen Gläsern schmeckte ich auf einmal ganz deutlich die Säure. Bei einem Wein mit knapp fünfeinhalb Gramm Säure, also sehr wenig, ist das deutliche Wahrnehmen von Säure schon eher als ungewöhnlich einzustufen. In einem Glas wirkte der Riesling eher wie ein Rotwein, in einem anderen wie ein leichter Kabinett. Bei 13,5 Prozent Alkohol ist das auch eher lustig… Und so ging das immer hin und her und ich musste mich wirklich ganz enorm konzentrieren, um nicht den roten Faden zu verlieren. Das war ganz sicher eine der schwersten Verkostungen, die ich jemals gemacht habe. Aber ganz sicher auch eine der spannendsten.

Am Ende blieben drei Gläser übrig. Die drei Gläser, in denen der Wein so war, wie ich ihn kenne und wie ich ihn am besten in allen seinen Facetten erschmecken und erriechen konnte. Mein persönlicher Favorit war von Riedel, ganz knapp vor einem Glas von Spiegelau und Schott Zwiesel. Das letztere war am teuersten mit über 30 Euro, sieht aber auch sehr schön aus. Das Glas von Spiegelau kostet deutlich weniger als zehn Euro und ist damit DAS Schnäppchen. Viel Glas, für wenig Geld! Mein Favorit, das Riesling Glas von Riedel, kostet knapp 20 Euro ist aber für mich auch wirklich der Sieger. Ich habe das im Nachhinein noch mehrere Male getestet. Das ist ab sofort mein Glas – zumindest wenn es um Riesling geht!

Das Ganze gibt es hier auf stern.de als Video

5 Kommentare zu “Gläsertest

  • Barrique-Haus

    Hallo Dirk,
    toller Test und ausgezeichnetes Video. Ich selbst fühle mich bei bestimmten Riedel Gläsern ebenfalls bestens aufgehoben. Eine Frage noch, ging es bei dem Test vordergründig um das „direkte Trinken“. Also Glas ansetzen und einfach laufen lassen? Mir persönlich ist das Siegerglas (insbesondere für Grosse Gewächse) einfach zu klein hinsichtlich der Aromatik und Komplexität des Duftes. Die Weine wirken kräftiger, aber weniger vielschichtig, fein und tief in der Nase.

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    • Dirk Würtz Post author

      @Barrique-Haus
      Ich habe das so gemacht wie immer: schwenken, riechen und dann erst trinken

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  • Karsten Scheunemann

    Klasse Artikel ,der einen dazu anregt , nicht nur den Wein , sondern auch mal das Glas zu wechseln.
    Lieber Dirk, kannst Du mir verraten , welche Füllmenge das Spiegelau Glas hat . Es gibt leider verschiedene Rotweingläser in der Linie Authentis. (Landwein, Rotwein Magnum, Rotwein Ballon )

    Vielen Dank !

    Reply
  • Christopher

    Ja, der Test ist wirklich sehr interessant, wobei vor einiger Zeit ein ähnlicher Test – ich glaube ebenfalls vom STERN – unter den gleichen Bedingungen mit mehreren Testern die ZALTO-Gläser vorne gesehen hatte – für mich auch absolut die brillantesten Gläser und die sinnvollste Glasserie, ästhetisch auch den Sommeliers von Riedel meiner Meinung nach weit überlegen, zudem: wer braucht 30 Rebsortengläser?

    Einen großen Riesling oder Grünen Veltliner im ZALTO-Burgunderglas – herrlich:-)

    Für den alltäglichen Umgang und überhaupt sind mir mundgeblasene Gläser aber mittlerweile zu teuer geworden, und Spiegelau-Authentis ist auch für mich das ausgewogenste Maschinenglas, das auch noch gut in die Spülmaschine passt, als Allrounder nehme ich von dieser Serie jedoch das Rotwein/Wasserglas, das mit 480 ml heutzutage den meisten Weinen besser steht als das 420 ml-Rotweinglas, aber das nur am Rande.

    Was sich mir zwischen Dutzenden in den letzten 10 Jahren gekauften Glasserien / Gläsern nie erschlossen hatte, ist die Tatsache, dass Riedel mit den Gläsern der Vinum-Serie (und um die geht es ja wohl beim Siegerglas) für 20 EURO nur ein maschinengefertigtes Glas mit Sollbruchstelle hin bekommt, was bei ALLEN professionellen Anbietern bereits für 3, 4 EURO schon lange nicht mehr der Fall ist – und warum so etwas bei den meisten Weinfreaks sogar kommentarlos durch zu gehen scheint?

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