“Das ultimativ andere Weinbuch”, nicht mehr und nicht weniger ist auf dem Cover des gerade im Hallwag Verlag erschienen Buches zu lesen. Und es ist anders, gar keine Frage. Oder hat schon jemand einmal einen solchen Satz im Prolog eines Weinbuches gelesen? “Der Weinkonsument wird meistens manipuliert, getäuscht und um den Genuss gebracht. Das liegt daran, dass weltweit ungefähr zehn Tester und hundert Einkäufer bestimmen, welche Art von Weinen die Mehrzahl der Konsumenten zu trinken hat. Seit Jahren wird eine global gleichgeschaltete Weinstilistik begünstigt, dank der die beteiligten Produzenten Milliarden verdienen”
Gleich auf der ersten echten Textseite wird klar, wo der Hammer hängt – es geht um Meinung. Es wird launig und ganz sicher auch unterhaltsam. Also alles das, was das journalistische Portal im Netz in den letzten Jahren ausgemacht hat und was dazu führte, dass “Captain Cork” einer der Meinungsführer im Weinjournalismus wurde. Überhaupt ist der Prolog eine Art “Manifest”. Eines in dem es um Mut geht, um Geschmack, um die Vielfalt, die das Thema Wein doch überhaupt erst so spannend macht. Der Prolog ist ein Appell an die Winzer und an die Konsumenten und er hält sowohl der Weinjournalie, als auch der Weinwirtschaft ein wenig den Spiegel vor. Dieser Prolog ist, zumindest für mich, ein kleines Stückchen Wittenberg in der neuen deutschen Weinpublikationslandschaft. Da hat einer mal etwas an die Tür genagelt…
Es wird viel erklärt im Buch. Beispielsweise was Wein überhaupt ist, welche Weinmythen es gibt und warum die eigentlich falsch sind. Gerade dieses Kapitel gefällt mir besonders gut. Sechs Mythen werden aufgezählt, beschrieben und zerhackt. Es geht um das “erste richtige Glas Wein”. Eine wunderbare Idee, sprachlich herrlich umgesetzt geht es hier um Empfehlungen für all diejenigen, die in die große Welt des Premium-Weines eintauchen wollen. Eigentlich wird im Buch alles erklärt, was der Weininteressierte wissen muss, wissen sollte oder wissen könnte. Gläser, Etiketten, einfache technische Dinge: wie wird Wein hergestellt. Das alles ohne erhobenen Zeigefinger, keine Geheimsprache – sehr erfrischend. Und immer findet sich dieses lakonische, dieses launige und durch und durch subjektive Moment, also das, was “Captain Cork” seit Jahren ausmacht, wieder.
Natürlich geht es auch um Winzer. Besondere Winzer, zumindest “besonders” für die Autoren. Über diese Auswahl kann man ganz sicher trefflich streiten. Muss man aber nicht, schließlich geht es um den Geschmack und das Empfinden derjenigen, die dieses Buch geschrieben haben. Wenn die glauben, der Winzer xyz sei der beste der Welt…von mir aus gerne. Nichts anders machen andere Publikationen auch. Und so lesen wir über viele Seiten, warum, wem, was am besten schmeckt. Inklusive der Geschichte dahinter und alles was eben so dazugehört.
Am Ende des Buches kommt die Meinung ganz geballt. Es geht um “Wein im Netz”, ein, zumindest für mich, nicht besonders gelungenes Kapitel. Da fehlt mir ein wenig der Esprit und die eigentliche Idee dieses Kapitels erschließt sich mir auch nicht. Ganz anders dagegen das Kapitel, das sich mit dem Rausch beschäftigt. Ein großartiges Stück, schonungslos offen und direkt. Ein kleines Beispiel:
“Wein ist ein Rauschgetränk. Deshalb sollten wir uns nicht länger belügen: Wir wollen und brauchen den Rausch. Der Wunsch nach dem Rausch durchzieht die ganze Menschheitsgeschichte, denn Rausch kann dem Erkenntnisgewinn dienen und hat eine spirituelle Dimension. Das hören freilich jene nicht gerne, die uns ihre Askese aufzwingen wollen.”
Mein Fazit:
“Captain Cork – das ultimativ andere Weinbuch” ist ein gutes Buch. Eines, das geschrieben werden musste, auch wenn ich mir sicher bin, dass das einige ganz anders sehen werden. Es wird ganz sicher einiges an Kritik hageln. Manches davon wird vielleicht berechtigt sein, anderes dürfte dem Umstand geschuldet sein, dass dieses Buch von denen geschrieben wurde, die es geschrieben haben… Das Buch ist eben durch und durch anders, als Weinbücher bisher waren. Es ist kein Fachbuch, es ist ein kurzweiliges Lesebuch. Es ist ein Stück Boulevard – aber mit Anspruch. Die Zielgruppe ist klar! Das ist kein Buch für Nerds und Kollegen und Journalisten. Das ist ein Buch für den Weintrinker. Zumindest per Zielgruppendefinition.
Das Buch ist im Hallwag Verlag erschienen und kostet 19,90 Euro
Anmerkung:Ich habe ein klitzekleines Stück im Buch beigesteuert. Es geht dabei um technische Dinge. Ich habe dafür kein Honorar erhalten und bin auch in keiner Weise an diesem Buch beteiligt
Bücher die die Welt nicht braucht. Der völlig überschätzte Autor wird es mir verzeihen, wenn ich darauf warte, dieses Buch einmal als Hotel-Fundstück zu ergattern. Was für ein Glück, dass ich beruflich nicht mehr so häufig fern der Heimat bin.
@Michael Rosenhal
Wie kommst Du zu dem Schluß? Hast Du es schon gelesen?
Mich würden noch ein paar Worte mehr zum Kapitel “Wein im Netz” interessieren und warum es nicht so zugesagt hat. Geht es hier um die Blogs, Online-Händler, prof. Publikationen und deren Geschäftsmodelle im Netz? Sonst schöne Rezension…werde das Buch wohl kaufen.
Sehr gelungene und völlig berechtigte Rückfrage an Herrn Rosenthal. So etwas nennt man wohl beredtes Schweigen…
Die Wogen gehen ja gar nicht so hoch, wie gedacht, da macht sich beinahe Enttäuschung breit…
Schöne Rezension, eigentlich wollte ich das Buch gar nicht lesen. Geschuldet dem Umstand, dass die, die es geschrieben haben, es leider nicht geschafft hatten, genügend Interesse zu wecken. Jetzt überlege ich es mir dann vielleicht doch noch einmal.
Ich hoffe das Christkinderl bring mir das Buch.
Das Buch und ein zwei gute Flaschen unterm Baum und das Fest ist gerettet!
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