Alles über Wein und den Rest der Welt…

Kleine Weinfibel – 5

Bei mir stapeln sich die zu verkostenden Weine. Kistenweise! Es gibt schlimmeres, keine Frage und eigentlich stand für heute etwas ganz anders auf dem Plan. Aber was sein muss, muss sein. Meine neu entdeckte Liebe zu Österreich – zumindest zu den Weinen und da ganz besonders zum Grünen Veltliner – zwingt mich, das Verkostungsprogramm nachhaltig zu ändern. Ich muss mich noch einmal näher mit diesem Jurtschitsch und seinen Weinen beschäftigen. Also mit den Weinen, die mich so nachhaltig neulich in Österreich beeindruckt haben. Ich war gepackt, euphorisiert und schlichtweg hingerissen von diesen Weinen. Es führt also kein Weg daran vorbei, diese Weine noch einmal genau zu betrachten. Ganz sachlich… (das war natürlich ein Witz).

Foto2222Jurtschitsch hat 62 Hektar, also nicht gerade wenig. Alwin Jurtschitsch übernahm 2008 den Betrieb und stellte ihn direkt auf Öko um. Das Ganze gemeinsam mit seiner Frau Stefanie. Die kommt aus einer rheinhessischen Winzerfamilie. Allerdings nicht aus irgendeiner. Sie ist eine gebürtige Hasselbach. Hasselbach – Gunderloch – Rheinfront. Kennt man, dazu muss ich nicht weiter viel sagen, außer der Info vielleicht, dass ich demnächst ihren Bruder besuche und dessen Weine aus Rheinhessen probiere. Family affairs irgendwie… Da gibt es ja auch diese “Wurzelwerk” Projekt. Bei dem machen Gunderloch und Jurtschitsch auch mit. Dazu aber irgendwann einmal mehr. Wenn Zeit ist… Heute soll es nur um die Weine aus dem Kamptal gehen. Und natürlich, wie könnte es auch anders sein, hin und wieder um die passende Musik und das zum Wein geeignete Essen. Die Sache mit der Musik ist logischerweise genau so subjektiv wie alles, was mit dem Wein zu tun hat. Ach ja, meine Frau probiert heute wieder einmal mit…

Jurtschitsch wurde übrigens gerade in der österreichischen Ausgabe des “Gault Millau” für einen Wein geehrt. Der 2012 Riesling Zöbinger Heiligenstein ist der “Wein des Jahres”. Das ist wohl der erste Öko-Wein, der in einem österreichischen Weinführer eine so hohe Auszeichnung bekommen hat. Heute geht es allerdings nur um eine Rebsorte, den grünen Veltliner.

Foto1111Während ich diese Einleitung schreibe, läuft übrigens der ”Panzerkreuzer Potemkin der elektronischen Musik”. Ich weiß, das klingt komisch. Aber es gibt einige wenige Leute, die das sofort und vor allem richtig verstehen. Geht kaum besser, geht nur anders. Die Musik ist wie der erste Wein: sie packt. 2011 “Schenkenbichl”, Erste Lage. Ein ziemlich dickes Ding ist dieser Wein. Fest, mit Zug eben – ich wiederhole mich. Alkohol hat er! 13,5 Prozent. Aber nicht unangenehm. Ganz dicht ist er, mit einem zarten Bitterschwänzchen und einer woher auch immer kommenden Süße. Der Wein ist natürlich trocken. Endlos lang ist er, und er schmeckt leicht malzig. Meine Frau stört sich etwas an dem Bittertönchen. Ich nicht, das geht nämlich ganz schnell wieder weg und es bleibt ein unglaublich cremiges und nicht enden wollendes Irgendwas im Mund. Fängt gut an – Großer Wein! Der nächste Wein ist auch aus 2011 und heißt “Lamm”. Natürlich ist das auch eine “Erste Lage”. Riecht völlig anders, viel zurückhaltender als der “Schenkenbichl”. Der sprang aus dem Glas heraus. Der “Lamm” hängt tief und fest in selbigem. Meine Frau riecht Blumen, ich nicht. Ich rieche diese gelben Dinger, deren Namen ich schnell googlen müsste, würde meine Frau nicht gerade “Renecloden” rufen. Recht hat sie! Gewürze rieche ich und ein wenig Lakritze. Alles in allem aber ein olfaktorisches scheues Lamm. Erster Schluck – irre! Der hat unglaublich viel Druck und Zug. Und er treibt. Es gibt quasi nur eine Richtung und die heißt “Vorwärts”. Ähnlich wie dieses Lied – ja, U2 kann man hin und wieder einmal hören, ohne die Welt retten zu müssen. Der Wein ist extrem saftig, ohne penetrant zu sein.  Nicht ganz so die Wuchtbrumme wie der erste, aber völlig faszinierend! Den Wein gibt es hier für 24,50. Ich weiß nicht, ob ich schon einmal einen besseren Grünen Veltliner getrunken habe. Ich will es auch gar nicht wissen. Dieser hier ist schlicht Weltklasse!

Ich muss direkt den 2012er aufmachen um zu sehen, ob der da ran kommt. Ich glaube, nein ich weiß, ich hatte den schon in Österreich probiert. Egal. Das muss jetzt sein. Auf meiner Playlist läuft gerade Marek Hemmann - Gemini, ein Klassiker –  und wir wippen hin und her. “Es wiederholt sich übrigens”, meint meine Frau, “das muss am Boden liegen”. Ich lächele und erspare mir jetzt zu sagen, dass ich das weiss und das mich das wahnsinnig macht und dass ich seit Monaten wegen dieser Herkunfts vs. Machart Nummer schlecht schlafe. Aber Danke für den Hinweis. Der Wein… das Lamm 2012… es hat eine ganz großartige Säure, es ist unendlich lang und jeder Schluck ist ein Hochgenuss! Das ist übrigens eine schöne Kategorie für Wein: “Hochgenuss”. “2012 Lamm” kann man hier kaufen, nein, MUSS man kaufen. 33,00 Euro – jeden einzelnen Cent wert. Wenn wir schon am vergleichen sind, dann muss jetzt  auch direkt der 2012 “Schenkenbichl” probiert werden. 12 wirkt kühler als 11. Riecht eleganter, eher ruhig und zurückhaltend. Kühl eben! Der Wein wirkt sehr balanciert und salzig. Richtiggehend salzig, quasi obersalzig. Ein souveräner, extrem guter Wein für 23,50 ebenfalls hier zu haben. Der Wein ist extrem dicht und durchdringend. So wie das hier (das kann man aber nur wirklich laut hören).

Essen…beinahe hätte ich es vergessen, vor lauter Begeisterung. Risotto würde ich dazu essen. Ein schönes “schlotziges”, feuchtes. Vielleicht mit Pilzen. Oder vielleicht auch mit Kürbissen. Das ist bestimmt gut. Und Chutney passt zu diesen Weinen und ganz sicher eine Ente. Und zwar so eine gelackte.

Ich müsste jetzt eigentlich noch zwei Veltliner von Jurtschitsch probieren. Leider kann ich das aber im Moment nicht. Ich will, ich muss diesen Lamm jetzt trinken. Erst den Elfer und dann den Zwölfer. Und dazu muss ich weiter Musik hören. Nicht, dass das wirklich zwingend notwendig wäre – ich will einfach. Eines muss ich aber noch loswerden:

Diese Weine verfügen über eine derart grandiose innere Dichte, wie ich es selten erlebt habe. Als ich sie das erste Mal probierte, war mein erster Gedanke “biodyn”…warum auch immer. Vielleicht bilde ich mir das auch nur ein, aber es schmeckt einfach ganz anders. Oft eine Tick besser. Mir zumindest. Es macht einfach nur Spaß und Freude. So wie dieses Video…UNBEDINGT ansehen!

Anmerkung: Es ist NICHT biodyn, es ist öko. Jurtschitsch nennt das Ganze “bio-organisch”. 

 

 

5 Kommentare zu “Kleine Weinfibel – 5

  • Andreas Papula

    Kann ich alles nur unterschreiben. Das Lämmchen ist ganz großer Trinkgenuß. Wie so einige aus dem Kamptal (ganz toll auch Birgit Eichinger und die Gobelsburg!) bringt Jurtschitsch die Charakteristiken der einzelnen Lagen unverwechselbar in die Flasche.

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  • A. Hofer

    Wenn Sie auf bodenbetonte Bio-Veltliner stehen, sollten Sie im benachbarten Wagram bei Wimmer-Czerny (Weelfel, Gösin und Fumberg) vorbeischaun.

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  • Dennis

    Bei meinem letzten Besuch in der Cordobar hat uns Willi (Willi fragt mich übrigens nur noch ob weiss oder rot) den 2011er Schenkenbichl “hergerichtet”. Ein Traum. Wir mögen das. Nach deiner Beschreibung des Lamms werde ich bei meinem nächsten Besuch in der besten Weinbar der Welt wohl mit meiner Tradition, mich vom Sommelier überraschen zu lassen, brechen und gezielt den Lamm ordern.

    Und wo wir gerade über Grünen Veltliner sprechen, sollte es hier eigentlich nicht schon längst anders aussehen?

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