Alles über Wein und den Rest der Welt…

2012 – Erste Lagen – Österreich

Wie ich die Tage ankündigte, geht es munter weiter im Reigen der “Grossen und Ersten” Gewächse. Ich bin in Österreich in Schloss Grafenegg in einem “Tudor-Gotik-Monument” – sehr beeindruckend! Vor mir stehen 126 Weine, die verkostet werden wollen. Ich bin gespannt.

Ich beginne mit den Weinen aus dem Kamptal.

Es geht gleich gut los! Ob das Zufall ist, oder Taktik… ich weiß es nicht, ich habe in jedem Fall direkt einen großartigen Wein im Glas. 2012 Langenlois “Dechant” Alte Rebe, Grüner Veltliner von Jurtschitsch. Straff, klar, enorm dicht und packend. Passt!

Der Riesling “Gaisberg” aus Kammern von Peter Dolle ist ein Schmeichler, ein ganz fruchtiger Vertreter mit einer ziemlichen Dichte. Aus der gleichen Lage kommt der Riesling von Hiedler. Viel zurückhaltender, etwas kühler, aber vom Druck her durchaus vergleichbar. Der letzte Gaisberg ist von Schloss Gobelsburg. Abgesehen von der leicht zitronigen Anmutung, erkenne ich einen roten Faden. Macht alles ziemlich viel Spaß. Die Weine sind sehr klar und sehr fruchtbetont.

Der Straß “Gaisberg”, Grüner Veltliner von Michaela Allramm legt sich mir wie ein Teppich über den gesamten Gaumen. Klar, cremig, lang, salzig und warm – eine echte Freude! Ganz anders der Wein aus der gleichen Lage von Peter Dolle. Extrem kräuterig, würzig und salzig. Völlig anderer Stil, dennoch ist eine Parallele erkennbar, und das ist die geradezu drastische Mineralität.

Aus dem “Heiligenstein” in Zöbing von Günther Brandl kommt ein ganz vorzüglicher Riesling. Eine ganz klare Frucht, die mich an Aprikosen erinnert, aber gleichzeitig extrem nach Feuerstein riecht. Extrem reife und beinahe vibrierende Säure, dicht und lang. Passt zu dem Schloß, in dem ich gerade sitze. Ein ziemlich perfekter Riesling!

Ganz herausragend ist der “Heiligenstein” von Hiedler aus Langenlois. Sehr puristisch, extrem mineralisch, so gar kein Fruchtschmeichler. Lang, mit enorm viel Zug, alles so ganz nach meinem Geschmack! In eine ähnliches Horn bläst der Wein von Fred Loimer. Er ist einen Hauch “kratiger”, etwas ruppiger und unfreundlicher, aber am Ende, hinter dieser ruppigen Fasade, steckt ein echter Könner. Fantastischer Wein mit großem Potenzial.

Der 2012 Langenlois “Käferberg”, Grüner Veltliner von Jurtschitsch ist ganz sicher nicht “everybodies darling”, meines aber schon. Ein Wein voller Widersprüche: spröde, aber saftig. Kaum Frucht, aber großen Trinkfluß. Leicht ruppig, aber warm und nicht mehr loslassend. Ein echter Charakter, einer der besten Weine bis jetzt. Natürlich nur ganz subjektiv für mich…

Es hat den Anschein, als ob ich mich zum Jurtschitsch-Sympathisant entwickeln würde. Der 2012 Grüne Veltliner aus der Lage “Lamm” in Kammern, begeistert mich vom ersten Moment an. Der Wein hat so ein eine Art “Kick”, den ich eigentlich nur vom Schokolade essen kenne. Faszinierend. Obwohl er im ersten Moment eher leicht und spielerisch wirkt, hat er doch direkt nach dem ersten Schluck eine unglaubliche Ernsthaftigkeit. Das ist mein Wein, eindeutig! Ganz exzellent ist aber auch der “Lamm” von Schloss Gobelsburg. Etwas breitschultriger, als der Vorgänger, etwas kräuterig und mit einer süßlich-dicken Textur versehen.

Im 2012 Grünen Veltliner vom “Loiserberg” in Langenlois rieche ich zum ersten Mal weißen Pfeffer. Und zwar in einer sehr angenehmen Art und Weise. Was mich aber nahezu vom Stuhl hat, ist die aberwitzige Mineralität, die dieser Wein hat. Meine Zunge ist wie von Salz überzogen. Ich weiß nicht, ob ich so etwas schon einmal in einem Wein geschmeckt habe. Weltklasse! Und was soll ich sagen, ich schaue auf die Liste und lese “Jurtschitsch”… Der nächste Wein ist auch aus diesem Haus, auch aus der Lage Loiserberg, allerdings ist es ein Riesling. Der hat Frucht – gelbe Früchte – und eine angenehme Säure. Aber eben auch diese Mineralität, wenngleich nicht im Ansatz so, wie der Grüne Veltliner.

Im Moment habe ich den ersten Wein im Mund, der mir durch seine Phenolstruktur extrem auffällt. Also das, was neben allen üblichen Attributen einem Wein weiterhin viel Charakter verleigen kann, im ungünstigsten Fall ihn aber eher unangenehm macht. In diesem Fall geht es um Charakter. 2012 Grüner Veltliner, “Thal” aus Langenlois von Hiedler. Etwas zitronig, leicht kräuterwürzig, extrem reif, tolle Säure und eben diese Phenolstruktur. Ein wirklich sehr interessanter Wein, wenngleich ich glaube, dass er es in der Zukunft schwer haben wird. Ein Charakter eben…

Die Weine aus dem Kamptal enden so, wie sie begonnen haben, nämlich großartig. Der “Wechselberg Spiegel” aus Straß von Johann Topf, macht selbigen quasi zu. Extrem ansprechend, ohne den Hauch von Banalität, leicht kräutrig und pfeffrig, ist dieser Grüne Veltliner ein wirklich angenehmer Vertreter. Macht Spaß, kann man in größeren Mengen trinken.

Fazit Kamptal: Völlig herausragend, extrem aufregend, qualitativ auf einem extrem hohen Niveau sind die Weine von Jurtschitsch. Was mir dabei am meisten gefällt ist die Tatsache, dass ich hier nicht die Machart herausschmecke. Da gibt es keinen roten Faden in SachenHandschrift, da stehen völlig eigenständige Weine auf dem Tisch. Jeder für sich ein Erlebnis!

Kremstal

Ich halte nichts von epischen Einleitungen oder Vorwörtern, aber eine Anmerkung muss jetzt sein. Bereits nach den ersten vier Weinen habe ich das Gefühl die Herkunftsgalaxie gewechselt zu haben. Das ist insofern interessant und spannend, da ich vorletzte Woche beim VDP dieses Gefühl eher seltener hatte. Da war die Machart doch der wesentlich auffälligere Aspekt. Die ersten Weine aus dem Kremstal wirken weniger eckig und kantig. Alles ist irgendwie weicher. Damit tue ich mir zu Beginn ziemlich schwer, ich gebe es ehrlich zu. Es dauert tatsächlich viel länger, bis ich den ersten Wein finde, der mich mitreisst. Und als wäre es mein heutiges Schicksal ist es natürlich ein Grüner Veltliner. 2012 “Gelbling, Der Löss” aus Rohrendorf von Hermann Moser. Eine ziemliche Ausgeburt an Finesse, Zurückhaltung (adelig), Gewürzen, Länge und Struktur. Dabei ist der Wein wunderbar trocken und mit einem ganz ausserordentlichen Trinkfluss ausgestattet. Perfekt!

“Gottschelle”, ein wunderbarer Name für einen wunderbaren Wein. 2012 Grüner Veltliner aus Furth vom Stift Göttweig. Ganz unaufgeregt, in sich ruhend, perfekt ausbalanciert, lang und am Ende richtiggehend salzig und animierend. Ein wirklich wunderbarer Wein! Ganz anders, viel lebhafter aus der gleichen Lage kommenden der Grüne Veltliner von Petra Unger. Der vibriert fast ein wenig und hat am Ende auch wieder diese wunderbare Salzigkeit. Grosses Kompliment für diesen sehr stimmigen Wein.

Kurz vor der Mittagspause kommt der richtige Wein, ein Riesling von Nigl. 2012 Senftenberg “Hochäcker”. Kühl, steinig, zupackende Säure. Speichelsturz – trinken! Leider muss ich den Wein wieder ausspucken… Gleiche Lage, anderer Winzer – Franz Proidl – in der Herkunft deutlich erkennbar. Nicht ganz so kühl und einen Tick weniger präzise, als der von Nigl. Aber in jedem Fall sehr gut!

Nach dem Mittagessen geht es direkt mit Nigl weiter. 2012 Grüner Veltliner “Pellingen” aus Senftenberg. En ziemlich opulenter und ausladender Wein. Kraftvoll, breit und nichts für zwischendurch. Der schreit förmlich nach einem Essen. Schweinebraten fällt mir spontan dazu ein.
Der Riesling aus der gleichen Lage ist genau das Gegenteil. Eher schlank und kräuterwürzig.

Der 2012 “Silberbichl” aus Furth vom Weingut Malat ist dann endlich wieder ein Wein, der mich direkt anspringt – aus dem Glas heraus – und mich nicht mehr loslässt. Feuerstein, Kräuter, Zitrus. Ein ziemlich ausbalancierter Riesling mit feiner und präziser Säure, Spaß und Trinkfluss. Schmeckt nach viel Potenzial. Der “Steinbühel” von Malat aus Palt ist ein kleines mineralisches Monster. Als ob mir jemand ein Salzkörnchen auf die Zunge gelegt hätte. Dazu kommt eine ziemlich gut Phenolstruktur (dass ist das, was sich leicht auf die Zähne legt). Ein sehr eigenständiger und eigenwilliger Wein. Dazu ein sehr, sehr guter Wein. Bis jetzt einer der besten Rieslinge für mich.

Die durch und durch mineralischen Weine haben sie hier heute hinten versteckt, aber jetzt kommen sie geballt. Grüner Veltliner 2012 “Steinleithn” aus Oberfucha vom Weingut Geyerhof. Ein Wahnsinn an MIneralität. Mehr geht kaum noch. Nichts für “Fruchtsissies”. Steinwein pur. Genial!

In eine ähnliche Richtung geht der 2012″Wachtberg” aus Krems vom Weingut Salomon Undhof. Eine extreme Salzigkeit, verbunden mit dem Geruch von weissem Pfeffer und einem Hauch von Bitterschwänzschen. Letzteres aber ganz und gar nicht unangenehm.

Traisental

2012 “Alte Setzen”, Grüner Veltliner von Markus Huber aus Reichersdorf reiht sich nahtlos in das Mineralienspektakel der letzten Weine aus dem Kremstal ein. Auch wenn wir jetzt im Traisental sind. Ein beispielhafter Vertreter für einen Wein, der auf Kalk gewachsen ist. Frucht nicht existent, Stein pur. Weltklasse! Gleiches gilt für den “Berg” aus Getzersdorf, ebenfalls von Huber. Der hat einen Hauch mehr Schmelz, wirkt gar etwas cremig, ist aber ein Steinwein wie aus dem Bilderbuch. Zwei fantastische Grüne Veltliner, von denen ich nicht genug bekommen könnte.

Wagram

“Der Kalk ruft”, zumindest im Grünen Veltliner “Brunnthal” aus Fels am Wagram vom Weingut Leth. Eigentlich ruft er nicht, er schreit mehr… Dazu kommen feinste reife Früchte und Waldbeeren. Ein sehr tiefer und vielschichtiger Wein. Der “Scheiben” aus der gleichen Lage, ebenfalls von Leth, ist der erste Sein heute, bei dem ich einen kleinen “Spontistinker”in der Nase wahrnehme. Der geht zwar schnell wieder weg, macht das Ganze aber sehr ansprechend. Man sollte sich diesenWinzer unbedingt merken, alle beiden Weine sind ganz vorzüglich!

Das war es mit meinen Eindrücken von den Weinen, die mich interessiert, gepackt oder auch nachhaltig beeindruckt haben. Ich habe alle 126 Weine verkostet, brav ausgespuckt und versucht, meine Eindrücke zu schildern. Wie immer, ist das alles natürlich durch und durch subjektiv und jede Form der Begeisterung meinen persönlichen Vorlieben geschuldet.

Mein Fazit zur heutigen Verkostung kommt – wie immer – an einem der kommenden Tage.

4 Kommentare zu “2012 – Erste Lagen – Österreich

  • Helmut O. Knall

    Kleine Korrektur. Michaela Haas, Weingut Allram. Nigl und Proidl sehe ich persönlich lustigerweise genau umgekehrt, allem anderen kann ich wieder einmal nur zustimmen. Gute Analyse, mein Lieber. Willkommen bei uns ;-)

    Reply
  • Philipp

    war auch dort, habe alle Weine probiert!
    bin oftmals gleicher Meinung,
    nur beim GV Scheiben vom Leth kann ich keine “Sponti”-Töne finden,
    dafür allerdings sehr oft bei Hirsch und Loimer, die mich auch hinsichtlich Gerbstoffstruktur und trinkfluss etwas enttäuscht haben.

    Für mich die Besten: Rainer Wess Pfaffenberg und Nigl Pellingen (jeweils GV und RI), weiters sehr sehr schön die Lagen von Ott und vom Geyerhof.

    Reply
  • Pingback: Kleine Weinfibel – 5 « Würtz-Wein

Hinterlasse einen Kommentar zu Philipp Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <strike> <strong>