Noch ist es Anfang Januar, also definitiv noch nicht zu spät für eine kleine Vorschau auf das Weinjahr 2013. Es dürfte eines der spannendsten Jahre werden…
2013 wird, so bin ich überzeugt, in vielerlei Hinsicht wegweisend. Wenigstens für einige Protagonisten im gesamtdeutschen “Weinzirkus”.
Mit dem kommenden Jahrgang 2012 beginnt im VDP eine neue Ära. Die Klassifikation in Gutswein – Ortswein – Erste Lage und Grosse Lage greift erstmalig. Die finale Umsetzung dieser neuen Klassifikation ist alles andere als einfach und bedarf auch sicherlich noch einiges an Zeit. Am konsequentesten wird das Ganze in Rheinhessen sein. Dort wohl aber nur dreistufig, ohne die “Erste Lage”. Ebenfalls dreistufig ist, so weit ich weiß, die Nahe. Der Rheingau hingegen wird wohl eher vierstufig werden. Das macht, wenn man denn schon unbedingt klassifizieren will, auch Sinn. Eher jedenfalls, als in Rheinhessen. Die ausführliche Erklärung der Klassifizierung gibt es noch einmal hier zu lesen. Am meisten gespannt bin ich auf die neu entstandene Möglichkeit der Eintragung von Katasterlagen in der Lagenrolle. Hierfür werden wohl in 2013 dann auch die rechtlichen Grundlagen geschaffen. Gerade im Kontext mit der VDP-Lagenklassifizierung ergeben sich hier vielfältige Möglichkeiten. Insbesondere im Hinblick auf eine “echte” Einteilung von Lagen und deren Wertigkeit. Das Ganze “kann” natürlich eine Chance sein, “muss” es aber nicht. Auch hier gibt es zahlreiche Hintertürchen, um das System größtmöglich zu verwässern. Überhaupt werden die vielen “Hintertürchen” in Sachen Klassifizierung uns das gesamte Jahr ausreichend beschäftigen. Darauf möchte ich wetten.
Im Jahr 2013 wird auch der deutsche Weinjournalismus zeigen müssen was er kann, woher er seine Berechtigung nimmt und wo er sich positionieren wird. Dass an einem vernünftigem, kommunikativen und zeitgemäßen Internetauftritt kein Weg vorbei geht, muss man zum Glück keinem mehr erklären. Das war vor drei, vier Jahren noch anders. Da waren wir im Netz allesamt noch Spinner… Ich erinnere mich noch ganz genau, wie wir anlässlich der ProWein in Düsseldorf dann allesamt einen Button mit der Aufschrift “Spinner” trugen. Einige der damaligen Blogger haben sich professionalisiert und sind heute ernst zu nehmende Protagonisten geworden. Manche haben mehr Zugriffe, als so manches Weinmagazin am Kiosk verkaufte Exemplare. Die Zielgruppe der Weinzeitschriften wird immer älter und immer weniger. Die nächste Zielgruppengeneration holt sich ihre Infos im Netz, gerne auch auf Facebook. Facebook ist zur größten Weinplattform der Welt geworden! Jede Menge Infos, Fotos und Verkostungen sind hier zu finden und natürlich alle Neuigkeiten. Genau hier liegt einer der “Knackpunkte”. Weinmagazine können gar nicht mehr aktuell sein! Weinmagazine müssen künftig echten Mehrwert liefern. Gut recherchierte und schön bebilderte Reportagen beispielsweise oder “echte” Einkaufshilfen. Das gilt, davon bin ich überzeugt, allerdings zunächst nur für die Publikumszeitschriften. Bei den Fachzeitschriften sieht das Ganze etwas anders aus. Ich bezweifele allerdings, dass ein Verlag alleine von diesen Titeln leben können wird. Ganz besonders gespannt bin ich in dem gesamten Kontext auf die “VINUM”. Gerade dieses Magazin war in der letzten Zeit auf einem sehr guten Weg. Demnächst ist ein alter Bekannter, Stephan Reinhardt, der neue Chefredakteur des Blattes.
In den letzten Jahren sind immer mehr Weinplattformen im Netz entstanden. Eine der ersten war “wein-plus”, eine der neueren ist “13 Grad“, um nur einmal ein Beispiel zu nennen. In 2013 werden sie sich beweisen müssen – insbesondere die ganzen neuen Portale. Noch ist eher wenig Bewegung bei den meisten zu verzeichnen. Auch das ist irgendwie klar – ich wiederhole mich – Facebook ist die größte Weinplattform der Welt. Wenigstens für das schnelle tägliche Geschäft. Wenn ich gezielt etwas suchen möchte, ist Facebook ein Totalausfall. Vielleicht wird sich das ja einmal ändern. Bestimmt sogar, wie ich Zuckerberg und Co. kenne… Zurück zu den Weinplattformen. Ihnen ganz eigen ist die Tatsache, dass sie sich mit den Weinmagazinen um die gleiche Zielgruppe streiten. Die ist eher klein und am Ende für das große Weingeschäft leider auch gar nicht relevant. Aus diesem Grund, der fehlenden Relevanz, glaube ich auch nicht, dass ein großer Verlag oder Investor wirklich einmal Geld in die Hand nehmen wird, um DIE Weinplattform zu erschaffen. Vielleicht gibt es die ja einmal, wenn sich, wie der Kollege Ralf Kaiser diese Woche auf Facebook (wo auch sonst) vorschlug, alle großen und kleinen Blogger und Weinonliner zusammenschließen. Bevor das allerdings passiert, befürchte ich, hat Berlin morgen einen funktionsfähigen neuen Großflughafen…
Schlussendlich, und das ist mein wichtigstes Thema, wird 2013 das Jahr des deutschen Weines! Es MUSS es einfach werden. Nirgendwo auf der Welt gibt es aktuell einen vergleichbaren Weinmarkt. Alle, wirklich alle, wollen ihren Wein hier verkaufen. In der Regel funktioniert das auch ganz gut. Deutscher Wein muss hier viel mehr in das Rampenlicht. Und das nicht nur im LEH und Discounter. Es ist schon merkwürdig, dass der deutsche Spitzenwein im Ausland mehr Anerkennung einfährt, als dies im Inland der Fall ist. Der deutsche Weinkenner gibt im allgemeinen leichter und öfter 30 Euro für eine Flasche “Château Werweisswoher” aus, als beispielsweise für einen deutschen Spitzenriesling. Sogenannte Geheimtipps aus der ganzen Welt werden heisser gehandelt, als der Geheimtipp aus deutschen Landen. Da läuft doch wohl etwas ganz falsch! Ein wenig mehr Chauvisnismus ist hier durchaus angesagt. Bitte!
Viele wichtige Punkte sprichst Du an! Ich bin gespannt wie der “normale Onlineweinkäufer” die VDP Klassifizierung aufnimmt. “Die Weinplattform” ist für mich im Optimalfall eine Datenbank, die mir Einschätzungen möglichst vieler Weintrinker zu einem Wein liefert. Diese darf/muss sich mit Werbung tragen – mehr aber auch nicht. Verkostungsnotizen.net wäre ein Anfang wenn alle mitmachen! Dies zu überführen, verbessern und zu verschönern wäre der nächste. Und das deutscher Wein Weltspitze ist steht außer Frage. Aber es mangelt an Werbung, Lebensgefühl und gerade für Riesling die Möglichkeit, reifere Exemplare an vielen Stellen erwerben zu können – hier sind auch die Weingüter gefragt. Bei vielen potentiellen Kunden sind junge Rieslinge chancenlos gegen mildere Weine – später dreht sich das meist um, lagern tut sie aber kaum einer.
Mir ist diese Klassifizierung als Verbraucher bisher einmal untergekommen. Da war sie furchtbar umgesetzt; allerdings von keinem VdP-Betrieb. Der Supermarkt Combi verkauft unter dem Marketing “Exklusive Winzerweine” durchaus höherpreisige Weine des Rheinhessischen Weinguts Expenhof (6,- € für Gutsweine bis ca 20,- € für Lagenweine). Grundsätzlich finde ich den Ansatz gut, im Supermarkt auch Weine von Gütern, die z. B. im Gault Millau behandelt werden und nicht blos Genossenschafts- und Kellereikram.
Also war ich neugierig und habe mir Flyer genommen, in dem die Klassifizierung erklärt wurd. Schon beim ersten Überfliegen fiel mir die Hilfskonstruktion auf. Da waren Ortsweine auf einmal die S-Klasse, Lagenweine die SL-Klasse. Die Qualitätspyramide sollte imho für sich selbst sprechen und nicht auf Automobilindustrie zurückgreifen. In Franken sind es dann 3er, 5er und 7er Weine? So weit, so seltsam.
Dann habe ich mir die Weine angeschaut. Die Gutsweine waren so weit ok. Aber bei den Ortsweinen war dann bei manchen Weinen der Ort nicht mehr gross vorne auf dem Etikett angegeben. Ein Ortswein ohne Ort? Statt dessen war ein grosses S auf dem Etikett. Genau so war es dann bei den “Lagenweinen”, wo statt der Lage nur SL stand. Das hat mich ziemlich ratlos zurückgelassen.
Ich gehe davon aus, dass die VdP-Betriebe ohne solche Blüten auskommen. Eigentlich finde ich das Modell auch gut, denn ich weiß noch wie ich vor vielen Jahren selbst überrascht war, dass eine Spätlese nicht immer süß ist. Aber der VdP sollte wirklich aufpassen, dass die anderen Weingüter, die auf den Zug aufspringen, das neue Modell auch wirklich adäquat umsetzen, sonst geht die Akzeptanz ganz schnell den Bach runter.
Das wäre schade, denn für unbedarfte Kunden ist das neue Modell wesentlich leichter zu durchschauen. Und wer sich bisher ein wenig auskannte, für den gilt: Aus Raider wird jetzt Twix, sonst ändert sich nichts.
Ansonsten sage ich den besten Nicht-VdP-Betrieben noch einen gigantischen Wettbewerbsvorteil für trockene Spätlesen mit Lagenbezeichnung voraus und freue mich schon riesig auf die Hochheimer Hölle Spätlese Trocken 2012 vom Emmerich Himmel (so er sie denn noch macht).
Ich denke, ein (1) gutes und substantielles Weinmagazin fehlt in Deutschland. Allerdings schon seit 15 Jahren, als das alte “Alles über Wein” sich selbst aufgab und dann noch jahrelang als Zombie seinerselbst fortexistierte.
Nur eines muss ein solches Printmedium nicht sein. Nicht “aktuell”. Was soll das auch? Für Aktualitäten haben ich reuters.com
Château Werweisswoher ist meistens Rotwein. Deutscher Spitzenwein meistens weiss. Dass der deutsche Spitzenrotwein bei weitem noch nicht so weit ist wie der Spitzenweisswein ist auch eine mögliche Erklärung für diese Situation.
@Alex
Glaube ich eigentich nicht. Deutscher Spitzenrotwein ist sehr weit, ausser in den Köpfen der deutschen Konsumenten.. Ansonsten halte ich persönlich dieses Problem/Phänomen für farbunabhängig.
Es gibt sehr guten deutschen Rotwein, der in der Spitze allerdings auch schon sehr stolze Preise erreicht. Finde diese Preise zum Teil zu hoch, bzw im Vergleich zu ausländischen Weinen nicht konkurrenzfähig. zum Beispiel: Für 40 Euro kriege ich schon guten Chambolle, da kann ein deutscher Pinot zum selben Preis kaum mithalten (nun gut: Es ist natürlich auch Geschmacksache). Wenn ich deutschen Riesling für 40 Euro kaufe, weiss ich, dass ich im Ausland kaum was besseres zum gleichen Preis finden werde.
@Alex: der Einschätzung stimme ich zu. Die wenigen deutschen Spitzen-Pinots nähern sich rasant der 100 Euro Marke und überschreiten sie teilweise schon mit dem Argument man sei ja auch schon so gut wie die Pinots aus Burgund… Richtig guter deutscher Pinot ist ein elitäres Getränk. Nicht weiter verwunderlich, dass seine Klasse nicht beim Normalverbraucher ankommt.
In Sachen Printmedium muss ich jetzt mal eine Bresche schlagen für das FINE – Weinmagazin. Überaus interessante, kompetent geschriebene und toll bebilderte Artikel über die besten Weingüter der Welt sowie Verkostungshighlights wie z.B. eine Vertikale über 100 Jahre Riesling Auslese. Dazu Reportagen über prägende Weinleute und eine Serie “Wein und Speisen”, die von Spitzenköchen und Sommeliers zusammengestellte Menus + Weinbegleitung senorisch bewertet. Für mich in der Summe eine ebenso vergnüglich zu lesende wie informative Weinzeitschrift, die der Magie und Emotionalität von Wein als Kult(ur)getränk voll gerecht wird. Das Blatt ist nicht aktuell und will es auch nicht sein. Das finde ich gut so, denn die gewählten Themen sind ohnehin zeitlos. P.S.: ich habe keine finanziellen Interessen an oder persönlichen Beziehungen zu dem Blatt. Finde es einfach nur klasse.
Ja, Arikel kann man kaufen. Und das gefällt sogar dem Leser (wunder)..
Noch was zum Weinjahr 2013, das uns ja den Jahrgang 2012 bringen wird. Kann man denn schon mal die Wetterbedingungen resümieren und einen Blick in die Glaskugel werfen wie der Jahrgang wird? Mit anderen Worten: soll ich noch mehr 2011er kaufen oder noch was in der Kriegskasse lassen für 2012? Ich spreche wohlgemerkt von deutschen Weinen. In Bordeaux wird es ja sowieso ein großer, Kometen- oder klassischer Jahrgang; da kann man also nie was falsch machen!
gerne mal deutschen Wein (ich trinke fast nur noch deutschen Wein!!)
aber bitte (bitte) ohne jeden Chauvinismus ……. davon bekomme ich Sodbrennen!!!!!
strengt euch an, ihr deutschen Winzer!!! Im letzten Jahr habe ich im Ausland viel Eindruck mit euch gemacht!
ein antichauvinistisches ….’Prost’
@ Alex, also für mich ist das Burgund oft das Paradebeispiel für Weine welche ihren Preis nicht wert sind. Für 40 € einen besseren Burgunder zu bekommen als deutschen Pinot halte ich für eine gewagte These, aber wie gesagt auch Geschmacksache.
@ Daniel. Ich glaube das ist ein ganz anderes Thema. Burgund ist verdammt undurchsichtig und wimmelt vor Fallstricken. Doch wenn man den richtigen Hinweis erhält, findet man Weine, die in Preis-Leistung vieles in Deutschland in den Schatten stellen. Musste das letztes Jahr mit meinem französischen Wein-Mitstreiter schmerzhaft eingestehen.. :=S :=) #Desillusion! Aber womöglich liegt das auch an einer vollkommen anderen Stilistik und das mag auch gut sein so. Doch diese Burgund-Finesse sucht man auf einmal in jedem Pinot.. VG
@ Alex,
habe mich auch letzte Woche über schöne Burgunder gefreut, musste aber nicht zahlen
Nach etlichen Pinot-Verkostungen aus Deutschland & Frankreich in den letzten 3 Monaten muss ich mal wieder sagen dass der größte Qualitätsunterschied im Einstiegsbereich vorhanden ist. Deutscher Pinot im Preisbereich bis €10 macht bereits richtig viel Spaß, während die Franzosen für das Geld maximal noch die Fuselstoffe und den korken in die Flasche bekommen.
Gerade bei den Burgundersorten wird es kompliziert ……….die meisten wissen leider gar nicht das Grauburgunder – Pinot Gris – Pinot Gricio alles das selbe ist ……….nur in einer anderen Sprache !
Schade ist es durchaus auch für Frühburgunder ……..sehr feiner, filigraner Wein NUR nicht so bekannt wie Spätburgunder ! Aber ich denke das das Weinwissen schon weit gestiegen ist , auch die jüngerer Generation will Wissen über Wein und Winzer einsaugen ………
@Christian: An deiner These ist tatsächlich was dran! Hatte nicht an die Einstiegsweine gedacht bei meinen Überlegungen.
Pingback: Das Problem mit dem “Spitzenwein” « Würtz-Wein