Kompetenz und Unabhängigkeit sind die wesentlichen Stichwörter, die immer wieder im Kontext mit den diversen Weinführern fallen. Insbesondere in Sachen Gault Millau ist das ein beliebtes Thema. Jetzt äußert sich Armin Diel, der ehemalige Chefredakteur und Herausgeber des Gault Millau, zu diesem Thema.
Vor kurzem hab ich einen Kommentar zum Thema Gault Millau auf meinem Blog veröffentlicht. Ein sehr ungewöhnlicher Kommentar, denn er erreichte mich auf dem Postweg. Nachzulesen ist dieser Kommentar hier ganz unten auf der Seite. Diesen Kommentar nahm Armin Diel zum Anlass, ebenfalls einige Zeilen zu dem Thema Gault Millau, Interessenkonflikt und eine etwaige Bevorzugung einzelner Weingüter zu verfassen, die ich als erprobter Chronist in diesem Thema, natürlich sehr gerne hier veröffentliche.
Einige Fragen sind schon zu recht gestellt: Wer hat die Sachkunde, das Interesse, die Kompetenz und die Unabhängigkeit einen solch wichtigen Weinführer wie den Gault Millau zu verantworten? Die Zahl der hierfür überhaupt in Frage kommenden Personen war und ist klein, zumal es in Deutschland bislang fast unmöglich war, sich vom Schreiben über Wein allein ein auskömmliches bürgerliches Leben leisten zu können. Die wenigen Ausnahmen, die es inzwischen fraglos gibt, bestätigen diese Regel! Vor zwanzig Jahren war das jedenfalls noch weitaus schwieriger. Mit dem mehrfach ausgezeichneten Sommelier Joel Payne hatte ich schon vorher gemeinsame Artikel verfaßt, die in Capital und „Alles über Wein“ erschienen waren. Als der Münchner Verleger Johannes Heyne uns im Frühjahr 1993 anbot, gemeinsam die Leitung eines neuen Weinführers von Gault Millau zu übernehmen, war Joel Payne mittlerweile für das Meckenheimer Weinhandelshaus Schlumberger tätig und ich hatte 1987 das väterliche Weingut an der Nahe übernommen. Diese Tatsachen sollten sich als wahre Minenfelder erweisen: Bald warf man Payne vor, die deutschen Güter auffällig gut zu bewerten, welche sich im Programm seines Arbeitgebers Schlumberger befanden. In meinem Fall war die Palette der Anwürfe noch viel reichhaltiger: Kellereien unterstellten mir, Winzer zu bevorzugen, weil ich selbst Winzer sei. Andere Winzer sagten mir nach, dass ich VDP-Güter besser bewerte, weil ich selbst Mitglied dort bin. Und schließlich kämen die Nahekollegen deshalb besonders gut weg, weil ich natürlich meine Heimatregion promovieren wolle, in der ich zu allem Überfluß auch noch VDP-Vorsitzender war und bin.
Kein Wunder also, dass angesichts einer solchen Fülle offenkundiger Interessenkonflikte so mancher Nonsens keimte. Aus meiner Erinnerung heraus kann ich jedenfalls besten Gewissens sagen, dass die bei Schlumberger unter Vertrag stehenden deutschen Weingüter kein Yota besser beurteilt wurden als es ihrem damaligen Leistungsstand entsprach. Auch ist mir die knisternde Stimmung mancher VDP-Vorstandssitzung nach der jeweiligen Buchpräsentation bestens präsent, bei der einige Kollegen lieber am Fenster hinaus oder zur Decke schauten anstatt mich zu begrüßen. Offenkundig hatte ihnen die VDP-Mitgliedschaft doch nicht zu dem unterstellten oder insgeheim vielleicht sogar erhofften Bonus verholfen. Dazu paßt, dass es ausgerechnet einige im Gault Millau höchstdekorierte VDP-Winzer waren, die mir im Sommer 2009 mit ihrer Boykottandrohung eine willkommene Gelegenheit boten, mich aus dem Projekt zu verabschieden. Den damit verbundenen Zugewinn an Lebensqualität genieße ich jeden Tag aufs Neue! Ein weiterer Grund zur Freude beruht auf der Tatsache, dass Schlossgut Diel im Gault Millau nun bewertet wird, worauf sechzehn Jahre lang aus wohl erwogenen Gründen der Befangenheit verzichtet wurde. Zwar sind einzelne Weinbewertungen auch nicht immer so famos, wie man sich das als Winzer wünscht, aber so läuft das Geschäft eben.
Armin Diel
Das Foto stammt von Andreas Durst
Armin Diel weist völlig zu Recht darauf hin, dass es in Deutschland nur wenige Personen gibt, die aufgrund ihrer Kompetenz in der Lage sind, einen “Weinführer wie den Gault-Millau zu verantworten”.
Sieht man sich die bestehenden Strukturen an, so muss ich leider feststellen, dass hier offenbar eine gewaltige Lücke zwischen Herrn Diels Selbstwahrnehmung und der Realität besteht. Die ihm gemachten Vorwürfe bezüglich der bis heute nicht von der Hand zu weisenden und nicht nur ihn betreffenden Bevorzugung von VDP-Betrieben etwa hätte er spielend aus der Welt räumen können, indem er und seine Mitverkoster die Weine stets verdeckt probiert und bewertet hätten. Als guter und kompetenter Verkoster müsste Herr Diel eigentlich wissen, dass er sich bei einer offenen Verkostung gar nicht von dem freimachen kann, was ihm sein Unterbewusstsein vorgibt, wenn der einen VDP-Adler auf der Flasche sieht. Entweder überschätzt er sich hier selbst, oder er hat schlicht kein Interesse daran, dass sich an den Ungereimtheiten etwas ändert. Ein wenig lese ich aus seinen Zeilen auch einen gewissen Mangel an Selbstkritik heraus. Dass “angesichts einer solchen Fülle offenkundiger Interessenkonflikte so mancher Nonsens keimte”, ist ja nur verständlich angesichts der unprofessionellen und intransparenten Verkostungsmodalitäten. (Ich war einmal bei der Georg-Breuer-Trophy dabei und weiß, wovon ich rede.)
Dem leider anonymen Brief (Warum hat der Schreiber eigentlich nicht die Eier in der Hose, seinen Namen zu nennen? Unverständlich!) muss ich inhaltlich leider zustimmen. Joel Payne sollte unter diesen Voraussetzungen als Herausgeber und Chefredakteur meiner Meinung nach zurücktreten.
Für mich stellt sich grundsätzlich die Frage, warum die Verkostungen nicht endlich “blind” erfolgen. Dann würden viele Diskussionen und Spekulationen über abgebliche “Bevorzugungen” ein Ende finden.
Ich bin weiß Gott niemand, der auf Gerüchte oder Spekulatioenn was gibt. Gerne überzeuge ich mich imer selbst von einer Sache oder Person. Aber das Grundproblem der fehlenden Glaubwürdigkeit scheint mir doch gerade darin zu liegen.
In Österreich wird es doch auch so gehandhabt – gibt es dort diese Art von Diskussionen auch? Ich habe jedenfalls noch nichts dergleichen gehört!
Die Grundthese ist richtig und ein Teil der GM-Tester gehört aus meiner Sicht nicht in den geeigneten Personenkreis, aber ich kann und will mich über den GM nicht mehr aufregen. Er ist wie er ist und was besseres wird man in D nicht zustande bekommen, weil dazu der verlegerische Mut fehlt.
Auch in Österreich ein häufig diskutiertes Thema, wobei man bei uns eher gelassen mit dem Thema umgeht.
Armin Diel hat es letztendlich auf den Punk gebracht und einen Sachverhalt klar gemacht, der nicht von der Hand zu weisen ist.
1993 wurden Joel Payne und Armin Diel von Heine gefragt, ob sie die Herausgabe übernehmen wollten. Wodurch zeichneten sich die Beiden aus? Natürlich durch ihre professionelle Aktivität innerhalb des Weinbusiness. Ob nun als Journalist, Sommelier oder eben Angestellter des Weinhandels. Als Aktivist in Verbänden oder eben als Winzer. In welchen Bereichen sonst sollte man sich für ein solches Amt beweisen als in den oben genannten? Wo sonst kann und soll man seinen Esprit, seine Sachkompetenz und seine Qualifikation unter Beweis stellen? Natürlich wird der Journalist des GM in irgendeiner Weise den verschiedenen Armen der Weinindustrie angehören und das ist auch gut so.
Ich halte einen Verkoster für glaubwürdiger, wenn er Ahnung vom Handwerk (im besten Fall Winzer) oder einen reichen Erfahrungsschatz (meinetwegen Sommelier) besitzt. Und schon sind wir wieder beim Paradoxon dieser Diskussion. Wir halten auf der einen Seite fest, dass wir geneigten Leser oder kritischen Interessenten auf der einen Seite kompetente Autoren wollen, auf der anderen Seite halten wir die Objektivität nicht gegeben, wenn diese irgendeinen Schnittpunkt mit dem Weinmarkt im Großen und Ganzen besitzen. Absurd!
Weinverkostungen werden bis zu einem gewissen Maße immer subjektiv bleiben. Ob nun blind oder offen. Bei der offenen Diskussion beeinflußen Etiketten labile Verkoster und bei der blinden Verkostung ist es dann meist der subjektive Geschmack. Erleben wir ziemlich häufig beim albernen Klassenkampf Trocken vs. Restsüß.
Die Verkoster des Gault Millau polarisieren durchaus ab und zu mit ihrer Meinung. Ich erinnere an die Wagner Stempel Diskussion letztes Jahr.
Ich möchte aus meinem Artikel über den GM 2013 zitieren,
“Nun, wie gesagt, alles in allem ist der Gault Millau durchaus konsequent, was ihn nicht davon abhält, dass manche Entscheidungen streitbar sind. Aber ist dies nicht Aufgabe eines Weinführers sein eigenes Profil herauszuarbeiten? Am Ende frei nach Shakespeares “Viel Lärm um nichts” komme ich erneut zu dem Schluss, dass auch der Gault Millau Weinguide 2013 das Standardwerk zum Thema Deutscher Wein bleibt. Streitbar, aber ohne Konkurrenz…”
http://lagazzettadelvino.blogspot.de/2012/11/gault-millau-weinguide-2013-da-grut-es.html
Direttore, deine Argumentation schlägt (ob in alter oder neuer Rechtschreibung) fehl. Das von dir beschriebene Paradoxon wäre keines, würde blind verkostet werden.
Und dann der folgende Satz: “Bei der offenen Diskussion beeinflußen Etiketten labile Verkoster und bei der blinden Verkostung ist es dann meist der subjektive Geschmack.”
Erstens wären nach dieser Aussage alle Verkoster “labil” (weil es gar nicht anders sein kann, als dass hier eine Beeinflussung stattfindet), zweitens sehe ich nicht, warum der “subjektive Geschmack” ausgerechnet bei der verdeckten Verkostung eine größere Rolle spielen sollte als bei der offenen und hier als Argumentationsversuch missbraucht wird. Es ist zwar richtig, dass es kein “objektiv richtiges” Verkostungsergebnis gibt. Dies bedeutet jedoch keineswegs, dass jeder sensorische Faux-pas mit Hinweis auf eine nicht zu vermeidende Subjektivität entschuldigt werden kann. Natürlich gibt es immer unterschiedliche Standpunkte und Kriterien. Über den Sinn und Unsinn von Botrytis in trockenen Rieslingen könnten wir beispielsweise stundenlang diskutieren (da scheinen einige Weintrinker völlig erfahrungsresistent zu sein), und für etliche Verkoster spielt das Entwicklungspotenzial scheinbar keine Rolle (auch weil diese ewigen Anfänger mit gereiften Weinen überhaupt nicht umgehen können), was ich für äußerst fragwürdig halte.
Ein “Standardwerk” ist der Gault-Millau längst nicht (mehr). Das kannst du u.a. an der inzwischen doch sehr schwachen Resonanz in den Medien erkennen.
Mal ein kleine Provo zwischendurch: Ein schlechter Verkoster wird durch ein Blindprobe auch nicht besser!
Ich bin weit davon entfernt ein GM-Jünger zu sein, wie man hier im Blog ja dutzendfach nachlesen kann, aber eines muss man auch einmal klar und deutlich sagen: Ich sehe beim GM kein schlechten Verkoster am Werk. Dass die persönliche Präferenzen haben, meinetwegen, aber Wein verkosten können diejenigen die ich zumindest kenne, alle. Das Ganze übrigens auch seit Jahren und konstant. Den Nachweis des beruflichen Verkostens, konstant, täglich, lieber Werner musst Du noch erbringen. Bei Dir erkenne ich – ich lese den Notizen – ganz deutlich die Vorlieben. Ich behaupte jetzt einmal, dass mit einem Werner Elflein als Verkoster, noch dazu blind, der GM mit dem grössten shitstorm aller Zeiten überzogen werden würde. Nehmen wir als Beispiel die Pfalz und die gerade neulich von Dir (auf FB war es glaube ich) getätigten Aussagen zu dem “echten” Pfälzer Wein. Du wärst dann quasi der Gernot Hassknecht des Gault MIllau
Dirk, mit deiner “Provo” hättest du dir mehr Zeit lassen sollen, um sie klarer zu formulieren und vor allem zu belegen, welche “persönlichen Präferenzen” ich denn bitteschön haben soll. Und was meinst du mit deiner Andeutung bezüglich “Pfalz”? Wenn du schon provozieren willst, mach’ es bitte richtig.
Dass du beim Gault-Millau keinen schlechten Verkoster am Werk sehen willst, verwundert mich. Aber halt, als Betriebsleiter eines Weinguts im Rheingau darfst du natürlich öffentlich nichts “Falsches” sagen.
Es ist natürlich klar, dass eine verdeckte Verkostung vielen Winzern, die vorher von der offenen Verkostung profitiert haben, nicht in den Kram passen würde. Mir ist durchaus bewusst, dass es bei einer Umstellung der Verkostungsmodalitäten quasi im laufenden Betrieb zu Widerständen kommen würde, egal, wer da nun wie verkostet.
Einen Berufswechsel strebe ich übrigens nicht an, ich habe nicht vor, als “beruflicher Weinkritiker” nebenbei noch Honorare für obskure “Beratungsleistungen” einsacken zu müssen, um finanziell über die Runden zu kommen.
@Werner Elflein
Als Betriebsleiter eines Weingutes im Rheingau darf ich über den GM sagen was ich will und das mache ich ja auch permanent – wie hier nachzulesen ist.
Ich habe dem GM schon einmal vorgeschlagen, Dich als Verkoster zu engagieren, die wollten aber wohl nicht…
Nehmen wir das Beispiel Pfalz. Dem dortigen Verkoster Verkostungskompetenz abzusprechen, ist nicht Dein Ernst, oder? Des Weiteren kenne ich den aus Rheinhessen, der Nahe, der Mosel und aus Franken.Allesamt Leute, mit denen ich schon einmal zusammen Wein verkostet haben. Da ist keiner dabei, der das nicht kann. Was natürlich am ursprünglichen Problem nichts ändert. Auch nicht an den jeweiligen Vorlieebn. Aber können tun sie das alle
Dirk, ich räume ja gerne ein, dass die beiden Pfälzer Verkoster in der Lage sind, ein gefülltes Weinglas unfallfrei zum Mund zu führen.
@Werner Elflein
Siehst, dass ist es was ich meine. Deinen Wortwitz in allen Ehren, die Polemik ist einfach daneben. Insbesondere solange Du nicht den Nachweis erbracht hast, der “bessere” Verkoster zu sein. was ich beim GM kritisiere sind die Interessenkonflikte und nicht die Fähigkeiten der Verkoster. Wer bin ich, das ich denen diese Fähigkeiten absprechen kann? Nehmen wir einmal eines der Urgesteine, Rudi Knoll. Ich kenne ihn seit Jahren und ich habe wahrscheinlich schon tausend Weine zusammen mit ihm verkostet. Der kann das. Egal um welches Land und welche Rebsorte es geht. Was er daraus macht, was seine Präferenzen sind, ob er Franken meiner Meinung nach korrekt darstellt und was auch immer, ist etwas völlig anderes
Oh, oh: Der Holzhammer-Elflein ist wieder unterwegs.
Lieber Werner, mich würde ganz ehrlich interessieren, wie du einen Weinführer aufbauen würdest, wenn alle Variablen nach deinen Vorstellungen ausgeführt werden könnten (Verkosterteam, Modalitäten, Format, Erscheinungszeitpunkt, etc.). DAS wäre mal eine positive Kritik und kein Schmähgesang auf die (angeblich) Unfähigen im Weinbusiness. Mir schwingt da bei dir immer zu viel Groll mit, und zu wenig konstruktiver Veränderungswille.
Philip,
konkrete Vorschläge habe ich bereits in der Vergangenheit gemacht. Du hast sie wahrscheinlich nicht gelesen. Ist nicht tragisch, aber mir vorzuwerfen, ich hätte noch nie positive Kritik geäußert, finde ich ein wenig unfair. Ich fasse für dich aber gerne einige Punkte noch einmal zusammen, ergänzt durch das ein oder andere Neue:
1. Der Weinführer in Buchform ist tot. Starre Fristen, die Jahr für Jahr nur Weine berücksichtigen, die bis zu einem bestimmten Zeitpunkt gefüllt werden, und die Weine benachteiligen, die gerade “füllkrank” sind, wenn sie ins Probierglas kommen, werden. Keine systematische Verkostung reiferer Weine und somit keine Belege für deren Entwicklung. Folglich unsinnige Prognosen (“Trinken bis…” kann im Gault-Millau bei vielen Weinen als “Trinken ab…” gelesen werden.)
Ergo: Weinführer ausschließlich als Online-Version, gezielte Verkostung reiferer Weine, Nachreichen spät gefüllter Weine somit exakt dann möglich, wenn sie präsentabel sind. Etablierung eines effektiven Qualitätsmanagements zur Fehlerminimierung. Damit meine ich auch ein Online-Feedbacksystem für Erzeuger.
2. Ausschließlich Blindverkostungen. Über die Gründe haben wir ja hinreichend diskutiert.
3. Eigenes Bewertungssystem. Keine Übernahme eines internationalen 100-Punkte-Systems, das eine Standardisierung vortäuscht, die de facto nicht existiert.
4. Klare Formulierung der Bewertungskriterien, aus denen hervorgeht, nach welchen Wertvorstellungen die Weine bewertet werden.
5. Verkostungen nach Vier-Augen-Prinzip. Stichprobenartige Kontrolle der Verkostungsergebnisse durch andere Zweier-Teams.
6. Keine starre Zuordnung der Verkoster zu einzelnen Regionen.
7. Keine “Bestenlisten”. Keine “Winzer des Jahres”, “Kollektion des Jahres” etc.
8. Möglichkeit von Erzeugern, an Verkostungen teilzunehmen, sofern nicht die eigenen Weine betroffen sind. (Erhöht Transparenz)
9. Verkoster dürfen von Weingütern keine Honorare für “Nebentätigkeiten” erhalten. (Ehrenkodex)
Soviel auf die Schnelle.
@Werner Elflein
Alle Punkte würde ich genau so unterschreiben und versuchen umzusetzen. Auf, wir machen einen Weinführer!!!
Das ist das beste, was ich seit ewigen Zeiten von Dir gelesen habe
Immer wieder eine schöne Unterhaltung dieses Thema
Ich denke viele “Weinfreaks” sehen den Weinguide als das was er ist – Werbematerial und Ergebnis einer Studie einer Expertengruppe, die jedes Jahr aufs Neue durchgeführt wird. Mit allen Fehlern, Ungenauigkeiten und Menschlichkeit wie in der Wissenschaft. Das größere Problem sehe ich eher darin, dass wahrscheinlich 95% der Leserschaft es für die absolute Wahrheit halten und nichts in Frage stellen – aber das machen 95% der Zuschauer bei vielen Reportagen oder Berichten auch nicht…
Dirk, da haben wir’s: “Der kann das. [...] Was er daraus macht, was seine Präferenzen sind, ob er Franken meiner Meinung nach korrekt darstellt und was auch immer, ist etwas völlig anderes.”
Mein Anspruch an der Stelle wäre aber gerade das: Franken korrekt darstellen – soweit es aufgrund der unvermeidbaren Unschärfen geht. Dass man zu einzelnen Weinen unterschiedliche Auffassungen hat – geschenkt.
Grundsätzlich habe ich aber extreme Bauschmerzen, dass wir in Düsseldorf in unseren verdeckten Verkostungen mit rund 15 Teilnehmern regelmäßig eklatante Abweichungen verzeichnen müssen, und die Tendenz ist fast immer dieselbe: VDP-Betriebe schneiden im Schnitt zwar sehr gut (ist aber von Betrieb zu Betrieb wiederum sehr unterschiedlich), aber eine Vormachtstellung haben sie nicht immer. Auf der anderen Seite überzeugen scheinbar unterklassige Betriebe immer wieder durch phantastische Leistungen. Wir können oft die Auffassung der Gault-Millau-Kritiker oder eines Eichelmann nicht auch nur ansatzweise teilen. Aber exakt das ist der Punkt: Was nützen mir Leute, die “verkosten können”, wenn sich ihre Ergebnisse zu oft nicht verifizieren lassen, weil die Bewertungen auf fragwürdige Weise zustanden kamen (offene Verkostung, Befangenheit).
Speziell Rudolf Knoll lese ich sehr gerne, wenn er über Wein schreibt. Mit seinen Bewertungen hingegen kann ich wenig anfangen. Noch krasser ist es in der Pfalz mit “M&M”. Dass zum Beispiel der Spätburgunder von Frank John im Gault-Millau nur 89 Punkte erhält, ist für mich nicht nachvollziehbar. Der Wein lag bei uns vor zwei Jahren in der Spitzengruppe und ich kenne etliche Leute, auch in der Gastronomie, die ihn für einen der besten deutschen Pinots überhaupt halten. Ist nur ein Beispiel von vielen. Ich könnte jetzt zur Mosel gehen und dort auch einige Fälle nennen, wo’s nicht nur mir einfach nur noch die Schuhe auszieht.
Werner, ich folge deinen Beiträgen erst seit ca. einem Jahr, alles was davor geschehen ist, kann ich natürlich nicht wissen/beurteilen. Ich habe auch nicht behauptet, dass du „nie“ positive Kritik übern würdest. Vielmehr wollte ich verdeutlichen, dass du häufig eher draufhaust, als konstruktive Hilfestellung zu geben. Aber deine 9 Punkte zeigen ja, dass das für die problemlos möglich ist. Fachkenntnis habe ich dir ja auch nie abgesprochen. Zu den Punkten:
Ad 1: Zustimmung und Einschränkung. Ja, Print ist zu starr. Moderne Web/App Lösungen wären hier besser. Aber: Wer ist die Zielgruppe. Wenn du eine größere Gruppe von Weinfans von deinem Konzept überzeugen willst, brauchst du „Corss-Mediale“ Präsenz. Alternative: Quartalsweise Erscheinung mit gezielten Schwerpunkten (z.B. Frühjahr Guts- und Ortsweise, Herbst GGs des Vorjahres, Winter: Reife Weine, etc.).
Ad 2: Unstrittig
Ad 3: Aber wie sollte dieses System aussehen, ohne nur „alter Wein in neuen Schläuchen“ zu sein (20 Punkte, Soulpunkte, etc.)? Ich plädiere für ein System, dass mehr den Charakter des Weines darstellt. Weg von den Zahlen und hin zu den Worten!
Ad 4: Unstrittig
Ad 5: Hervorragende Idee. Ein Qualitätsmanagementbeauftragter könnte das nicht besser formulieren.
Ad 6: Schwierig. Nicht jeder kann alles, oder? Außerdem kann ein gewisses „Expertentum“ durchaus förderlich für die Qualität der Bewertungen sein, oder?
Ad 7: Vollständige Zustimmung
Ad 8: Transparenz ist immer wünschenswert. Beteiligung ja, Bewertung nein. Habe ich das richtig verstanden?
Ad 9: Wäre wünschenswert, ist aber denke ich unrealistisch.
Meine „Kritikpunkte“ an deinem Grobkonzept:
A: Wer wird verkosten? Wie wählst du die geeigneten Personen aus, und was werden sie mitbringen müssen? Oder kurz gefragt: Wie stellst du Unabhängigkeit und Expertise sicher?
B: Wie finanziert sich das Ganze? Sind die Verkoster Überzeugungstäter und frei von der Not jedweder finanzieller Unterstützung?
C: Wird der Führer verkauft? Wie sprichst du die Zielgruppe an und stellst sicher, dass sich das Ganze „trägt“?
Genau hier liegt nämlich der Hund begraben: Der Gault Millau ist kein Fanzine, dass einfach gemacht wird, weil man die Band/denVerein/den Wein liebt. Das ist ein Geschäftsmodell, mit all seinen Vorzügen und Nachteilen. Weißt du, Werner, du kannst den besten Weinführer der Welt erschaffen: Unabhängig, hochwertig, balanciert, etc., aber ohne Verlag, Vertrieb und einer interessierten Zielgruppe wird ihn (fast) keiner lesen. Der Gault Millau ist in genau diesen Zwängen gefangen.
Fazit: Klasse Vorschläge, Werner, so hab ich mir das gewünscht. @Würtz+Werner: Ich unterstütze wo ich kann. Bin vielleicht nicht der beste Verkoster Deutschlands, aber mit Zielgruppen, Marktanalysen und Vertriebswegen kenn ich mich aus
Lieber Werner
mit deinem 9 Punkte Plan bist du für mich der Held des Tages !
Leider warst du damals nicht dabei, aber ich hatte für die TWA am Kaiserstuhl eine spezielle Verkostungssoftware programmiert, der 1. persönliche Blindverkostung mit 2. dem Abgleich und 3. Nachvollziehbarkeit weiterer Blindverkoster in der gleichen Probe sozusagen ad hoc zuliessen.
Dadurch wäre die sensorische Wertigkeit dieser Veranstaltung enorm gestiegen. Leider gab es kein nutzbares WLAN und die Bereitschaft einer nachträglichen Eingabe sank beträchtlich.
Meine eigenen Pläne in diesem Bereich etwas größeres aufzubauen habe ich wegen eventuellen “Interessenkonflikten” immer wieder zurückgestellt.
Doch dieser Blogbeitrag zeigt, dass damals wie heute eine große Zahl kompetenter Verkoster in der Weinindustrie arbeiten und man eigentlich deren Potential ausschöpfen sollte.
Von Seiten meiner Kollegen werde ich sehr oft angesprochen, wann wir wieder einmal so etwas wie die TWA machen.
Philip zeigt Zweifel, dass man nicht den notwendigen Verteiler hätte… Doch das werden die Winzer selbst sein… und die Weinhändler und Sommeliers, die deren Weine verkaufen. Das Ergebnis muß nur nachvollziehbar sein.
Erst neulich im Rahmen einer Besprechung zum nächsten Grauburgunder Symposium, welches ein Wettbewerb enthält, habe ich ein paar Anregungen vorgetragen, welches die Lust am Wein-entdecken über die Ermittlung eines Siegers stellt. Jetzt muß ich allerdings daraus ein machbares Konzept abliefern, welches als Ergänzung im Sinne aller Beteiligten akzeptiert werden kann.
Ich glaub ich ziehe mich jetzt zurück und steig tiefer in die Programmierung ein…
Patrick bringt es auf den Punkt: man muss Lust auf das Wein entdecken machen!
Genau dieser Satz hat auch mir sehr gefallen. Den Gault-Millau benutze ich – da als “privater” Weinfreund ohne Geschäftsinteressen in dieser Weise: zum durchstöbern besonders der Weingüter unterhalb der 4 Trauben. Verkosten oder gar trinken kann ich die vielen Weine nie. Es lässt sich vielleicht mit Reisen auf der Landkarte vergleichen. Die Frage ist natürlich, ob ein online-Angebot auch diesen Wünschen entsprechen kann. Als Bettlektüre ist es nicht unproblematisch. Ich muss sagen: der gault-Millau gefällt mir immer ganz gut in seiner Gesamtheit.
beste Grüße
H.M.
“Verkostungssoftware programmiert” – wie hab ich mir das vorzustellen? Wischt der Verkoster Schieberegler in den vorgegebenenn Kategorien auf dem Smartfon-Display hin und her?
Upppsss – spontan zu weit gewischt. Ach egal, gibt ja noch mehr zu testen – so ja wohl nicht, oder?
Die ganze “Verteidigungs”linie von AD steht und fällt ja mit der impliziten Annahme, es habe zu Beginn der 1990er Jahre keine Weinverkoster gegeben, die sowohl kompetent als auch unabhängig gewesen seien. Das ist natürlich eine schlichte Unverschämtheit. Mir fällt ganz spontan mindestens ein halbes Dutzend Kollegne ein, die beide Voraussetzungen mitgebracht hätten. Der eine oder andere von ihnen “durfte” dann im Laufe der Jahre sogar in der GM-Jury mitverkosten. Natürlich gibt es einen handfesten Grund, warum sich der Verlag seinerzeit an Protagonisten des Weinbaus und Weinhandels wandte: Es war die Hoffnung, durch diese Auswahl den wirtschaftlichen Erfolg des Führers zu sichern, der ja über die Jahre immer maßgeblich (in welcher Höhe, lassen wir hier mal offen) von der Akzeptanz des Weinbaus und des Weinhandels abhing. Das war auch in anderen Ländern ähnlich. Ich erinnere mich gut an die ersten Jahre bei Italiens Gambero Rosso, für den ich bis 1993 gearbeitet habe. Auch dessen Erfolg hing schon damals von der Akzeptanz durch die Weinbranche ab und dennoch war er, zumindest in diesen Anfangsjahren, in seinen Urteilen unabhängig. Dass (damals) blind verkostet wurde, verstand sich von selbst, und ich selbst habe an keiner einzigen GR-Verkostung teilgenommen, die nicht blind durchgeführt wurde.
Ich teile Dr. Supps Einschätzung ausdrücklich, dass ein halbes Dutzend eine kleine Zahl ist. Und selbstverständlich hätte ich ihn damals wie heute zu den Ausnahmen gezählt. Im übrigen wundere ich mich doch immer wieder, das sich selbst gestandene Leute derart an der scheindemokratischen Blindverkostung festbeißen. Meine Erfahrung ist vielmehr, dass gute Verkoster schon eine Seltenheit sind, verläßliche Blindverkoster aber wahre Ikonen. Ein mittelmäßiger Verkoster wird ganz sicher nicht dadurch besser, dass man ihm einen Wein blind vorsetzt. Bei allem Verständnis im Bemühen um eine größtmögliche Objektivität bleiben persönliche Vorlieben letztendlich immer subjektiv: Wer säuregeprägte Weine nicht mag, wird sie nicht mehr lieben, wenn er sie blind verkostet und wer mit Alkoholbomben flirtet, wird sie deshalb nicht weniger mögen. Robert Parker ist nicht deshalb zum bekanntesten Weinkritiker der Welt geworden, weil er sich etwa als Meister der Blindverkostung erwiesen hat. Vielmehr ist das Geheimnis seines Erfolgs, daß er seine subjektive Meinung stets unverblümt zum Ausdruck gebracht hat.
“Wer säuregeprägte Weine nicht mag, wird sie nicht mehr lieben, wenn er sie blind verkostet und wer mit Alkoholbomben flirtet, wird sie deshalb nicht weniger mögen.” – Richtig, Herr Diel, aber es spricht auch nicht gegen die verdeckte Verkostung. Nicht eingegangen sind Sie in Ihrem Beitrag auf die Möglichkeit einer Beeinflussung in die eine oder andere Richtung bei Kenntnis des Erzeugers. Sie können noch fünf Mal behaupten, es gebe im Gault-Millau keine Bevorzugung von VDP-Gütern, diesen Vorwurf werden Sie jedoch niemals entkräften können, solange Sie nicht konsequent blind verkosten. Es will mir auch nicht einleuchten, warum Sie einen Unterschied zwischen einem “guten Verkoster” und einem “verlässlichen Blindverkoster” konstruieren wollen. Wer gut verkosten kann, kann dies verdeckt noch besser, weil er den Erzeuger nicht kennt. Er kann sich also ganz auf den Inhalt seines Glases konzentrieren.
Wenn das in Mode gekommene Gerede von Terroir denn eine erhellende Wirkung entfalten könnte, dann diese: Diejenigen Winzer, die Besitz in den besten Lagen haben, dort die richtigen Rebsorten pflanzen, sich in den Erträgen beschränken, sich um eine selektive Handlese und individuellen Ausbau bemühen, werden am Ende des Tages mit hoher Wahrscheinlichkeit auch die besseren Weine erzeugen. Auf welche deutsche Winzer-Vereinigung sollten diese Parameter besser zutreffen als auf den VDP?
http://de.wikipedia.org/wiki/Blindverkostung
Wenn ich mir diesen Wikipedia-Beitrag durchlese so finde ich bei der am Schluss zitierten Geschichte, dass es nicht um Blindheit sondern um Eitelkeit bei solchen Verkostungen geht. Vielleicht ist das auch im tatsächlichen Leben so? Bei Stuart Pigott jedenfalls nicht, der trägt das mit Gelassenheit. Anderen nehme ich ihre Glaubwürdigkeit auch ab, auch eher Unbekannten wie Chez Matze, Marlene Duffy, Robert Naser.
Für den Endverbraucher ist es trotzdem egal, irgendwann findet jeder der den Tipps folgt heraus welche Geschmacksrichtung derjenige gut findet und bevorzugt. Wenn mir das in der Richtung gefällt ist er mein „Weinfinder“ dem ich eher folge als einem anderen.
Tja, Danke für möglichst viele Weinblogs mit ganz unterschiedlichen Ausrichtungen, da kann sich jeder Weintrinker seinen „Guru“ aussuchen.
Ich sage es noch einmal, ein wirklich guter professioneller Verkoster kann auch offen genauso verkosten. In der Blindverkostung hat man auch jede Menge Faktoren, die zu Unsinnigkeiten führen. So müsste man die ersten und letzten flights jedenfalls zerteilt nochmals im Mittelfeld verkosten, weil sie sonst schlechter bewertet würden. Wonach stellt man diese Blindverkostung zusammen – meistens nach Alk und Restzucker. Wie oft steht dann ein vom Mundgefühl “Dicker” vor einem “Schlanken” und lässt ihn verlieren, obwohl das eigentlich der bessere Wein wäre und und und. Diese Diskussion ist sowas von sinnlos…
Ich dachte immer, Herr Diel, es ging um die individuelle Leistung eines Betriebes, unabhängig von seiner Verbandszugehörigkeit. Bei Markus Molitor beispielsweise frage ich mich seit Jahren, warum er keine fünf Trauben hat. Auf der anderen Seite, warum Fritz Haag derer noch fünf und Dr. Loosen noch vier hat. Und warum Kajo Christoffel so lange auf seine vierte warten musste. Und warum es bei Leuten wie etwa Martin Müllen Jahre dauert, bis seine Leistungen endlich mal wenigstens ansatzweise anerkannt wird. Wenn Sie schon aufgrund der VDP-Zugehörigkeit unterstellen, dass “diejenigen Winzer, die Besitz in den besten Lagen haben, dort die richtigen Rebsorten pflanzen, sich in den Erträgen beschränken, sich um eine selektive Handlese und individuellen Ausbau bemühen, [...] am Ende des Tages mit hoher Wahrscheinlichkeit auch die besseren Weine erzeugen [werden]“, dann wundern mich die Bewertungen im Gault-Millau in der Tat nicht. Nebenbei: “Terroir” nützt nichts, wenn sich die Winzer auf ihren Lorbeeren ausruhen und die Qualität vernachlässigen. Gerade dies scheint mir in nicht wenigen VDP-Betrieben gegeben.
Knalli, deine Ausführungen sind unverständlich und zusammenhanglos. Kannst du bitte mal präzise ausführen, was du meinst?
Was, lieber Werner ist zusammenhanglos und so schwer zu verstehen? Ich behaupte, nein ich weiss aus Erfahrung, dass es bei wirklichen Profis keine Rolle spielt, ob offen oder blind verkostet wird. Und, dass aus den genannten Gründen oftmals Blindverkostungen ein falsches Bild zeigen – können. Was ist da unverständlich und aus dem Zusammenhang – ihr verfechtet doch in x-Beiträgen oberhalb die Blindverkostung und macht das zu seligmachenden Argument. Und das ist Quatsch. Das stimmt eben nur, wenn die Weine wirklich perfekt sortiert oder mehrmals verkostet werden. Oder aber, so wie beim GM in Wien, alle Weine eines Weingutes hintereinander blind verkostet werden. Sonst ist es ziemlich wurscht. Wer sich von Etiketten beeinflussen lässt ist falsch in diesem Job. Ich glaube sogra, dass es die, die ich gut kenne in offenen Verkostungen bei mir schwerer haben als blind – wenn ich sie dort nicht eh erkenne. Der nächste Unsinn bei diesem Argument. Ein Profi, der das jahrelang macht erkennt einzelne Winzer oder Weine sowieso. Also ist diese Diskussion nur im privaten Bereich ein Thema. Da können dann die Freaks die Etikettentrinker überzeugen. Dafür ist das verdeckte Verkosten super.
Und so nebenbei. Das ist in vielen anderen Ländern überhaupt kein Thema.
Knalli, das ist natürlich Unsinn. Bei den internationalen Verkostungen, an denen ich teilnehme (DU auch) verkostet ein nicht unbeträchtlicher Teil der internationalen Kollegen blind. Aber eines ist natürlich auch richtig: Alle Argumente, die man gegen den GM vorbringen könnte und die von vielen schon seit 20 Jahren gegen den GM vorgebracht werden, sind in den Wind geschossen. Da sitzen Leute, denen sind Argumente prinzipiell so was von sch …. egal, das könnt ihr Euch gar nicht vorstellen. Von denen erntet man (meine Erfahrung seit 20 Jahren) allenfalls mal ein süffisantes Lächeln, wissen sie doch Verlag und Weinbranche hinter sich. Arroganz der Macht.
„Arroganz der Macht“ ?!
Jetzt wird die Diskussion um den Gault Millau auch noch zum Klassenkampf. Wenn er doch so bedeutungslos ist, wie er von einigen Diskussionsteilnehmern beanstandet wird, dann verstehe ich die Aufregung nicht.
Werner, verstehe ich dich richtig, weil man deiner subjektiven Einschätzung diverser Weingüter nicht folgt, ist irgendetwas unstimmig beim Gault Millau? Sind deine Zweifel am Ende erst ausgeräumt, wenn ein Markus Molitor fünf Trauben sein Eigen nennt, wenn ein Ernie Loosen abgestuft wird und das Talent anderer Winzer, die Du für gut befunden hast, erkannt wird? Soll heißen, dass der Gault Millau erst seine volle Daseinsberechtigung erlangt, wenn er nahezu deckungsgleich deiner Einschätzung folgt? Ich finde diese Einstellung sympathisch, wenn auch nicht wirklich ernst zu nehmend. Es ist die Aufgabe eines Weiführers sein eigenes Profil herauszuarbeiten. Vielleicht auch mal unpopuläre Entscheidungen zu treffen. Der geneigte Leser selbst kann beim Eigenversuch testen, ob sein subjektives Geschmacksbild dem GM ähnelt und ob sich dadurch der Kauf lohnte.
Wenn nicht, nun, dann kommt die freie Marktwirtschaft ins Spiel. Er darf in getrost beim nächsten Mal nicht mehr kaufen, der Konsument!
Ich gebe Armin Diel weiterhin recht. Natürlich bedingen die Aufnahmekriterien und die generellen Kriterien für einen Verbleib im VDP am Ende auch, dass im Durchschnitt das Aufkommen von Spitzenweinen und historisch betrachtet natürlich auch Spitzenerzeuger höher ist.
Warum ein Weinverkoster bei offener Runde in Demut verfallen soll, weil ein Etikett einen großen Namen aufzeigt, erschließt sich mir nicht ganz. Ganz im Gegenteil, die Quote stimmt sicherlich eher, wenn er etwas zu bemängeln hätte. Hofschreiber sind für mich sowieso keine Weinverkoster. Demnach folge ich auch Helmuts Meinung, ein Guter kann es so und so…
ach Eckhard. dann sei es halt für dich Unsinn. Fast überall, auch da wo wir ab und zu gemeinsam verkosten, gibt es einen beträchtlichen Teil der Kollegen, die blind verkosten. Stimmt. (Wenn du mal die aufs blind verkosten besessenen Deutschen und die Österreicher wegrechnest, bleiben schon nimmer so viel über). Aber: Da sind lustigerweise auch immer all die Kollegen dabei, die zum ersten Mal in diesem Gebiet verkosten und daher seelenruhig auch offen verkosten könnten, weil sie die Winzer sowieso nicht kennen. Das ist alles so lächerlich.
Andererseits könnte man auch genauso sagen, dass sehr viele unserer Kollegen nicht blind verkosten. Tatsache ist, dass man weltweit in den meisten Fällen beides kann/darf. Eben so, wie man will. oft könnte man ja gar nicht alle blind verkosten, weil es einfach zu viele sind – Chianti z.B.
Ich sehe ein ganz anderes Problem, das lustigerweise hier noch gar niemand angesprochen hat. Dass es nämlich immer mehr Weine werden. Die Verkostungszeit aber meist nicht geändert wird. Da sitzen dann Verkoster und machen in 2 Stunden hundert Weine. 450 in zwei Tagen etc. und sind dann noch ganz stolz drauf…
Wie das beim deutschen GM gehandlet wird, weiss ich allerdings nicht. Aber ich bin felsenfest überzeugt, dass die Ergebnisse nicht wirklich anders wären, würde blind verkostet. Das stand zur Debatte.
Dieser blog ist das Beste, dass ich bisher zum Tehma GAULT MILLAU gelesen habe. Mir persönlich kristallisieren sich 2 Punkte heraus.
1. Ist der Gault Millau ein Sprachrohr von Interessensverbänden wie den VDP, dann würden meiner Meinung nach auch Blindproben nichts ändern, da in der Regel das herauskommen muss, was herauskommen soll. Gerade in der Pfalz finde ich viele Anhaltspunkte, dass dies so ist,als Beispiel die jahrelangen schlechten Bewertungen des Weingutes Jakob Pflerer/Herxheim, der einer der Spitzenrotweinproduzenten in der Pfalz ist und im Eichelmann über Jahre schon 4 Sterne erhält, das Weingut Schumacher/Herxheim, das unter Michael Acker tolle langlebige Weine produzierte, die Knipsers, die erst spät zu Ehren kamen und etliche mehr.
2. Unter den Vorraussetzungen, unabhängig von Verbänden und Interessensgruppen Weinverkostungen betreiben zu können, sind hier im blog tolle Vorschläge gemacht worden. Die Frage ist: Wer setzt es um?
Sorry, soll natürlich Weingut Jakob Pfleger heißen……
Knalli, dass bei der verdeckten Verkostung für einen Weinführer geschlossene Kollektionen probiert werden müssen (um ein Bild über Stärken und Schwächen eines Betriebes zu bekommen), und die Sortierung der Weine nicht willkürlich sein kann, sondern nach Alkohol und/oder Restzucker aufsteigend zu erfolgen hat, ist eigentlich eine Binsenweisheit und bedarf in meinen Augen keiner besonderen Erwähnung. Insofern sehe ich hier keinen Unterschied zwischen offener und verdeckter Verkostung. Den Satz “Ich behaupte, nein ich weiss aus Erfahrung, dass es bei wirklichen Profis keine Rolle spielt, ob offen oder blind verkostet wird” verbuchen wir mal unter dem Punkt “Selbstüberschätzung”. Jeder(!) lässt sich von Etiketten beeinflussen.
Jedenfalls aber hast du uns bisher nicht einen einzigen Punkt geliefert, der für eine offene und gegen eine verdeckte Verkostung spricht. Diesen Punkt gibt es aber auch gar nicht.
Direttore, die obige Auflistung der Ungereimtheiten im Gault-Millau am Beispiel der Mosel gibt ja nicht nur meine persönliche Auffassung wieder, sondern das, was im Wesentlichen die einhellige Meinung unter denen ist, die sich mit den Weinen dieses Anbaugebiets näher auskennen. Im Gault-Millau sind ja nicht einmal die Trinkprognosen auch nur annähernd realistisch. Von den Weinbewertungen ganz zu schweigen, die stimmen auch nur in Ausnahmefällen mit dem überein, was sonst eigentlich Konsens ist.
“De Pälzer”, keiner setzt es um. Die Begeisterung ist bei vielen, die jetzt “Auf geht’s” rufen, schnell verflogen, wenn’s um die harte tägliche Arbeit geht.
“Ausschließlich Blindverkostungen. Über die Gründe haben wir ja hinreichend diskutiert.” Diskutiert schon, aber überzeugt nicht
Warum bist du nicht überzeugt, Charlie? Die Argumente spechen doch eindeutig pro Blindverkostung.
Es kommt in meiner Sicht vorrangig auf den Zweck an. Geht es vornehmlich um die Erstellung einer Rangliste, also um “reine” Produktbewertung, und um Bepunkterei im 20er- oder 100er-Schema, dann ist eine Blindverkostung sicherlich sinnvoll, ja geboten, in jedem Fall als erster und grundlegender Schritt.
Schon bei einer Rangliste von Erzeugern (ohnehin ein dubioser, inzwischer aber weithin akzeptierter Schritt, dessen Radizierung in Mario Scheuermanns genial einfacher und nach wie vor überzeugende vierstufige Qualifikation von [1985 und] 1990 öfters einmal ausdrücklich anerkannt und wieder ins Gedächtnis gerufen zu werden verdient) geht es kaum ohne bewusste Kenntnis des Gutes bzw. der Genossenschaft.
Eine intensive, eindringende und förderliche Weinkritik, eien Würdiging und Auseinandersetzuung, die die über die reine Bewertung hinausgeht, ist eh’ als reine Blindprobe nicht zelfühtrend. Hier gibt es viele Ansatzpunkte, von Vertikalproben (Jahrgangsvergleichen) über horizontale Regionalvorstellungen mehrerer Güter bis zum alljährlichen VDP-Almauftrieb.
Aber Werner Elfleins Ceterum censeo ist dennoch wichtig. Jedenfalls die Erstverkostung zum Zweck der öffentlichen Bewertung sollte nach Möglichkeit blind erfolgen. Und das ist wichtig gar einmal so sehr für den Komsumenten / Leser / Käufer.
Es ist VOR ALLEM wichtig für den Verkoster selbst.
Blindproben erziehen zur immer wiederholten Genauigkeit, zur Nüchternheit, zur souveränen Respektlosigkeit (die jede Verkosterin als Gegenpol zur Heldenverehrung und Hofcourtoisie braucht). Sie helfen, die notwendige eigene *Demut* zu wahren und gelegentlich wiederherzustellen, die immer wieder gefährdet ist; jeder Blick in Blogs und Printpublikationen zeigt das ja. Und sie halten den Geist aufnahmefähig, und wappnen gegen Klischees und Vorerwartungen.
Und demütig entschuldige ich mich auch für die ganze Reihe nicht entdeckter Tippfehler in dem winzigen dreizeiligen Eingabefeld; längere Texte werde ich inskünftig offline vorformulieren und dann nur noch ins Fensterchen einkleben. Verzeihung!
Die Gegenargumente sind ja auch bekannt. Letzten Endes geht es um eine Gewichtung. Die fällt bei mir eher Richtung offen aus. Die für mich gewichtigen Argumente:
1. man beurteilt bei einem Wein nicht nur wie gut er ist, sondern auch inwieweit er so ist wie er zu sein hat. Krasses Bsp: du möchtest die Schönheit von menschlichen Brüsten beurteilen. Würdest du das machen ohne zu wissen, ob sie zu einer Frau oder zu einem Mann gehören? Dieses Problem löst man dadurch, indem man gruppiert: restsüße, junge Kabinette vom Riesling Kabinette zusammen. Wenn dann die Rheingauer wie Weins-Prüm schmecken, schlecht! Also Untergruppen bilden, Mosel, Rheingau, Nahe, Mittelrhein. Dann trennt man die Mosel in Ruwer, Saar, Mittelmosel und Terrassenmosel. Dann bist du irgendwann beim einzelnen Wein. Also offen.
2. wenn man blind probiert, versucht man immer auch zu erkennen. Viele meinen, sie tun das nicht. Aber versuch mal 1 Minute nicht an ein weisses Pferd zu denken. Ausserdem können sie eigentlich nicht wissen, ob sie es dennoch tun. Genausogut könnte ich behaupten, ich lasse mich nicht von Etiketten beeiflussen. Und hier kommt der andere Punkt: man wird eher von dem beeinflusst was man nicht weiss/kennt als von dem was man weiss/kennt.
Eigentlich ist aber noch wichtiger wer verkostet. Und da glaube ich wäre eine eine Zertifizierung, zBsp mit der Koblerschen Methode gut. Das ist aber eine andere Diskussion.
Herr Eichner, das Eingabefeld kann man größer ziehen
Sinn und Zweck von Bewertungen ist doch den Wein an den Mann/Frau zu bringen. Oft sind Kunden enttäuscht von hochgelobten Weinen, weil sie überhaupt nicht so schmecken wie sie sich das vorgestellt haben. Und wer kann es ihnen auch verübeln, kaum einer von den Punktezählern beschreibt die Weine noch realistisch und vor allem so, dass der Kunde damit etwas anfangen kann.
Es sollte bei einem Weinführer also nicht darum gehen die Weine zu bewerten sondern möglichst ein Geschmacksprofil auszuarbeiten, damit der Kunde nicht die Katze im Sack kauft sondern vorher weiss zu welchem Winzer er gehen muss um beispielsweise ein Brett oder einen reintönigen fruchtigen zu bekommen. Und hinterher kann man auf den Preis der Flasche schauen und Anmerkungen geben ob der Preis gerechtfertigt ist oder nicht.
Aber das ist wohl auch gar nicht das Ziel des GM. Mir kommt es eher so vor, als ob man eine Klientel der Chateau- und Champagner-Käufer züchten möchte. Hauptsache der Name klingt schön und irgendwer ganz Wichtiges hat mal gesagt der Wein sei etwas besonderes. Ob er schmeckt ist hierbei scheinbar nebensächlich, denn sonst würde man auf Blindverkostungen zurückgreifen.
Zum Thema Verkoster: Jeder Mensch, der sich regelmäßig bewusst mit Gerüchen und Geschmäckern beschäftigt ist in der Lage Wein zu verkosten. Die elitäre “Weinelite” ist da nichts besonders und braucht sich nicht vom unwissenden “Pöbel” abzuheben. Denn wie schon gesagt geht es bei Weinbeschreibungen nicht darum den Weltbesten Wein zu finden, sondern dem Kunden die Möglichkeit zu geben für sich persönlich den Favoriten zu finden.
Und das ist beim GM nicht möglich, alleine schon wegen der Unübersichtlichkeit des Buches.
Ich möchte gerne noch einmal Hans Bonn zitieren…
“Denn wie schon gesagt geht es bei Weinbeschreibungen nicht darum den Weltbesten Wein zu finden, sondern dem Kunden die Möglichkeit zu geben für sich persönlich den Favoriten zu finden.”
Eigentlich wäre das eine ideale Vorlage für eine Abstimmung z.B. auf Facebook.
Vielleicht könnte Dirk auf seiner Fanpage folgende Frage stellen:
“Was sollte ein Weinführer ( Print / Online ) beinhalten damit es für den Kunden einen echten Mehrwert ergibt?”