Alles über Wein und den Rest der Welt…

ZDF – Die Weinprobe

Gestern Abend lief in der Reihe ZDFzoom der Film “Die Weinprobe”. Schöne Bilder, gut gemacht, aber…

 

…eben auch extrem bemüht, eine Tendenz in die ganze Sache hineinzubekommen. “Kann billiger Wein schmecken” oder anders ausgedrückt, ist das überhaupt noch Wein. So oder so ähnlich war die Fragestellung des Filmes. Die Antwort kam und zog sich wie ein roter Faden durch den Film: “Ja, kann er”. Eindrucksvoll bewiesen vom Weinkritiker und Journalist Stuart Pigott, der den Gallo Chardonnay sehr gut fand, wohingegen der Wein von Lukas Krauß (Preisklasse über zehn Euro) ihm nicht gefallen konnte und in die Billigabteilung einsortiert wurde.

Überhaupt war der Lukas Krauß DER Lichtblick dieser Sendung. Authentisch war er, der Pälzer Bub, ehrlich und kerzengerade. Insbesondere hat er verstanden, um was es geht. Es geht in dieser Kategorie von Wein IMMER um die Geschichte und die Persönlichkeit. So wird der Wein an diejenigen verkauft, die ihn auch trinken. Diejenigen, die ihn bewerten und kritisieren – sei es professionell oder ambitioniert – sind da meistens aussen vor. Sie sollten dem Konsumenten, der den Wein kaufen und trinken soll, eine Empfehlung aussprechen. Leider haben das die meisten Weinkritiker mittlerweile völlig aus den Augen verloren und wollen ihre persönlichen geschmacklichen Präferenzen gerne auf den Rest der Welt übertragen. Gerne auch durch gefühlte absolute Kompetenz… Zurück zum Film, zurück zu Krauß. “Mit Sicherheit bekommt man meinem Wein auch woanders günstiger, aber eben nicht von mir”. Der Pfälzer bringt die Sache auf den Punkt – so etwas nennt man Alleinstellungsmerkmal.

Ich gebe zu, ich war im Vorfeld dieses Filmes sehr skeptisch. Insbesondere nach einem Telefonat mit der Redakteurin, oder Ihrer Assistentin, ich weiss es nicht mehr genau. Ich hatte das Gefühl, es ginge bereits im Vorfeld grundsätzlich nur um den Skandal. Ich hatte ein wenig Angst, insbesondere um den deutschen Wein.  Letzerer kam in Sachen Discounter quasi gar nicht vor. Warum wohl… Ganz einfach deshalb, weil das in Deutschland alles soweit ganz gut funktioniert und alle Beteiligten weitestgehend zufrieden sind! Spanien und Kalifornien waren das Thema. Und auch hier blieb der Skandal aus. Moderne Oenologie ist kein Skandal und dass in Spanien billiger produziert wird als hierzulande… geschenkt! Dennoch war man sehr bemüht, eine Tendenz in die ganze Angelegenheit zu bekommen. Alleine die Wortwahl war schon grenzwertig . Vollernter wurden als “Mähdrescher für Wein” bezeichnet, Mertes wurde zur “Weinfabrik” und war keine “Kellerei” mehr. Die Zugabe von Kupfer war eine “Kellertrick”. Erntehelfer waren “billige Hilfsarbeiter”. Der ehemalige Weineinkäufer sei vor Jahren “ausgestiegen”. Gerade letzteres hätte mich interessiert. Warum ist er “ausgestiegen”, für wen hat er eingekauft. Ich werde das herausfinden. Die übrigen eben angeführten Beispiele sind natürlich allesamt Kokolores, taugen aber perfekt, um eine Tendenz in die Sache zu bringen. Erntehelfer beschäftigt auch Mouton und Weil. Und die kosten überall weniger. Vollernter benutzen beinahe alle und die sind schon lange kein qualitatives Problem mehr. Und Kupfer in kleinen Dosen ist ein Standard und kein Trick.

Das waren aber meiner Meinung nach auch schon die einzigen wirklichen Schwächen des Filmes, abgesehen von einigen kleinen weintechnischen Fehlern. 30 Minuten sind sehr viel, zumindest für das Thema Wein und das auch noch im öffentlich-rechtlichen TV. Mir persönlich gefiel der Beitrag. Sehr schöne Bilder, eine runde und schlüssig erzählte Geschichte, kurzweilig und informativ. Die Tendenz ist mein Kritikpunkt, aber einer, mit dem ich leben kann. Einer meiner liebsten Weinhändler, weil eben auch IMMER authentisch, Martin Koessler, monierte gegen Ende des Filmes die abhanden gekommene Weinkultur in Deutschland. Das mag stimmen, aber nur, wenn man davon ausgehen kann, dass wir jemals eine Weinkultur gehabt haben. Zumindest so eine, wie Koessler und viele andere sie selbst leben, aber wie sie für den grossen Teil der Nation eben fremd ist. Das hinzubekommen wird die grosse Aufgabe sein. Mit Leuten wie Lukas Krauß und eben Martin Koessler bin ich da aber ganz zuversichtlich. Und wenn dann noch das kommt, was ich schon immer fordere, – die Zulassung sämtlicher Verfahren und die dazugehörige Kennzeichnungspflicht – , könnte alles viel einfacher und transparenter werden.

Schade, dass das ZDF dem Ganzen diesen späten Sendeplatz gegeben hat. Zwischen Champions League und Lanz mag gut klingen, ich befürchte aber, da haben viele weggeschaltet. Die Quoten sehen wir morgen, ich bin gespannt…

32 Kommentare zu “ZDF – Die Weinprobe

  • Marc Herold

    Hi Dirk,

    bei der Frage, ob es eine deutsche Weinkultur gibt und wie ausgeprägt sie ist, wäre ich recht optimistisch. In den letzten 20 Jahren hat sich da doch einiges verändert. Es gibt viel mehr spannende deutsche Weine. Wein ist ein großes Thema zu dem an allen Ecken und Enden publiziert wird. Es gibt meiner meinung nach einen immer größeren Kreis von Menschen, die sich in D für Wein und auch für interessieren und diese etwas altfränkische Art der Weinkultur aufbrechen und verändern. Dein eigener Blog ist doch dafür ein sehr gutes Beispiel. Das es immer nur ein kleiner Prozentsatz ist, der “kulturbildend” wirkt ist völlig normal und in der bildenden Kunst und der daraus abgeleiteten Kultur ja genau so.

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  • braunewell

    Dirk, der Ludwig Wengenmayr hat glaube ich für REWE eingekauft, bin mir aber nicht sicher. Vor 3-4 Jahren war er bei jedem Weintalk als Gast da und hat von seiner Vision der “dienenden Restsüße” erzählt. Volksnah eben, für den LEH. Das hat nix mit der Standhaftigkeit von Lukas Krauß im Film zu tun.
    Über die Gründe warum er (freiwillig/unfreiwillig??) ausgestiegen ist will ich hier nichts philosophieren, dafür kennt ihr euch alle gut genug in der Branche und ihren Veränderungen der letzten Jahre aus.
    Ich denke er passt zum Film!

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  • rheinterrassenhof

    Hai Dirk,
    ich finde es erste Sahne wie du was beschreibst. Genau das habe ich auch sofort in die Runde gesagt nach dem Film. Vollernter sind ein muß heute für den Weinbau und fast jeder setzt ihn ein. Erntehelfer braucht jeder, in Spanien kamen sie offensichtlich aus Afrika, bei uns aus Polen und Rumänien. Und genau das ist es was ich schon immer machen wollte: Über Weinbehandlungsmittel schreiben die jeder nutzt. Kupfer ist kein Geheimmittelchen – wir brauchen es! Und es ist schon gar nicht Verboten was der Herr aus Geisenheim fast so da hin gestellt hat! Der hat grad noch so die Kurve bekommen auf das richtige Gleis!!!!!
    Ich finde aber auch das die Herren von der Mosel oder aus Spanien eines ganz toll und erlich gemacht haben: Sie haben voll und ganz die Wahrheit gesagt! Es werden Weine abgefüllt die für eine vielzahl der Menschen zugeschnitten sind und es ist auch noch eine Marge beim Gewinn drin. Zwar eine kleine selbst in Spanien, aber es wird dafür Produziert und Verkauft. Es werden Leute in der Branche beschäftigt, die haben Arbeit und es gibt einen Markt dafür. Es war sehr offen gelegt wie in Kalifornien Weine zerlegt werden und aus einen Chardonnay mit zu viel Alk. ein trinkbarer guter Wein entsteht.
    Auch das macht für mich die Sache sehr Autentisch für diese Großbetriebe!!!! Die haben voll und ganz die Wahrheit erzählt. Und auch ein Satz fand ich gut – ein Wein für 3.99 ist nur für denjenigen so billig (und wird meist mit minderer Qualität runtergemacht), der sich in seinem Lebenstil so weit oben ansiedelt das er nur Weine ab 5 bis 6 Euro kauft! Und der Rest vom Volk bekommt nix oder wie? Guter Satz aus der Kellerei von der Mosel.

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  • Matthias FM

    Hi Dirk,
    ich stimme Dir in den meisten Teilen zu, nur bei einem nicht. In Deutschland “funktioniert” nicht alles “ganz gut und alle Beteiligten scheinen zufrieden zu sein”. Auf dem Level, wo drüber geschrieben wird, dort mit Sicherheit – hier klagt man als Winzer, als Händler oder als Journalist allenfalls auf hohem Niveau. Doch wie kann es sein, dass ich selbst in Weinanbaugebieten in eine Weinstube/eine Wirtschaft gehe und wirklich grottenschlechten Wein vorgesetzt bekomme? War vor kurzem in den USA im Südwesten unterwegs. Dort haben wir in jeder noch so bierlastigen Kneipe auch einen ordentlichen, sauberen, trinkbaren Wein vorgesetzt bekommen (ab 7 Dollar für 0,2). Kam selbstredend mitnichten vom Kleinerzeuger. Aber lieber sowas, als eine untrinkbare Brühe.
    Anderes, positiv/negativ auslegbares Beispiel. Es gibt hier in der Pfalz einen Familienbetrieb, der verkauft seinen wunderbar erfrischenden, trockenen (!) Riesling-Secco für € 2,70 die Flasche. Viel zu billig, aber die Angst steckt im Nacken, Kunden zu bverlieren, wenn man über drei Euro geht. Nicht gut fürs Image der Region. Wie soll sich ein normaler Verbraucher in der Einordnung solcher Dinge zurechtfinden? Gruss …

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    • Dirk Würtz Post author

      @Matthias FM
      ” in Deutschland alles soweit ganz gut funktioniert und alle Beteiligten weitestgehend zufrieden sind!” bezog sich nur auf das Discounter Geschäft

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  • Michael

    Lieber Rheinterrassenhof, meine größte Sorge bestätigt sich: der Unsinn der im Fernsehen verzapft wird, wird einfach geglaubt, weil es einem so schön in den Kram passt. An der Mosel sind über die letzten 5 Jahre 3500 Hektar Brachland entstanden, weil solche Preise eben unter den Erzeugungskosten liegen. Ganz toll und ehrlich gemacht haben die das. Wie naiv muss man eigentlich sein

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    • Dirk Würtz Post author

      @Michael
      3.500 Hektar Brachland an der Mosel neu in den letzten fünf Jahren? Woher kommt diese Zahl? Das kommt mir doch etwas sehr hoch vor. Hast Du da bitte einmal eine Quelle. Würde mich wirklich interessieren…

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  • Sebastopol

    “Leider haben das die meisten Weinkritiker mittlerweile völlig aus den Augen verloren und wollen ihre persönlichen geschmacklichen Präferenzen gerne auf den Rest der Welt übertragen. Gerne auch durch gefühlte absolute Kompetenz”

    Amen Bruder!

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  • rheinterrassenhof

    Lieber anonymer Michael

    ja ja und nochmals ja….
    genau deshalb gibt es an der Mosel Brachflächen, weil in der Pfalz eine junger Bub mit Hut guten Grauburgunder macht für
    über 10€ verkauft und in der Pfalz die Produktionskosten soo verdammt höher sind als an der Mosel!!!
    Ich würde eher sagen der hats geschnaggelt wie es geht, wie viele an der Mosel auch. Eben nicht alle…vielleicht so wie du auch?

    Gruß
    Wolfgang

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  • Abélard

    …die Überheblichkeit des Weinhändlers, quasi Mindestpreise (um die 8 Euro in diesem Fall, wenn ich mich recht erinnere) festzulegen als Standard, oberhalb derer ein Wein eigentlich erst gut sein könne (…darunter eben nur ein Mittel zum Berauschen), empfinde ich als sehr störend. Zum einen bedeutet diese Hochnäsigkeit, dass große Teile der Bevölkerung quasi vom Weintrinken ausgeschlossen werden (schlichtweg, weil sich das dann eben nur noch wenige wirklich leisten können), zum anderen kann sich durch eine Fokussierung auf einen derartigen Mindestpreis niemals eine in der Breite verankerte Weinkultur in Deutschland ausbilden. (Nebenbei – und das weiß jeder, der regelmäßig in Frankreich einkauft: dort kriegt man bei Winzern oder in Supermärkten für sechs, sieben Euro schon Weine zum Zungenschnalzen, gegen die man jede in Deutschland zum selben Preis erworbene Flasche unbesehen in die Tonne treten kann.)

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  • Chris

    @Abélard: Selten so einen Blödsinn gelesen!! Bitte den Fil mochmal genau anschauen und vor allem richtig zuhören. Herr Kössler, der “überhebliche Weinhändler”, spricht deutlich vom handwerklich hergestellten Wein, für den er als Fachhändler steht. Laut seiner Aussage gibt es diese Weine ab 7 – 8 Euro beim Fachhandel und für ab 5 – 6 Euro beim Winzer. Und das würde ich so auch zu 100% unterstreichen!! Und die Aussage dass man in Deutschland bei Winzern jeden Wein für 7 Euro in die Tonne treten kann ist ja irgendwie auch totale Kacke eines Ahnungslosen…

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  • Michl

    Apropos Weinfernsehen… Wie wär’s mal wieder mit einer neuen Folge 100° Öchsle. Ich würde mich sehr freuen…

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  • Rieslingtrinker

    Sehr geehrter Michael,
    von 3.500 ha Brachen an der Mosel in solch einem Zeitraum zu reden, beweist nicht gerade Kenntnis der Sachlage. Klar, die Mosel hat viele Flächen verloren, aber das liegt verdammt noch mal nicht an den Preisen, die die Kellereien zahlen. Die Winzer und ganz besonders deren Verbände und Vertreter machen sich doch die Probleme selbst! Man reguliert und spekuliert bis zum Erbrechen und wirft sich dabei selbst aus dem Rennen.
    Schauen Sie sich doch mal die Ab-Hof-Preise vieler Betriebe an der Mosel an. Viele Winzer würden mehr Geld verdienen, würden sie den Wein langfristig direkt (am besten als Most) an eine Kellerei abgeben und sich voll auf die Traubenproduktion konzentrieren. Dann gäbe es auch nicht mehr so viel fehlerhaften Wein. Denn das sind doch die Fehler, die die Kelelreien ausbügeln müssen. Die Weine, die sie selbst vergoren haben, haben solche Probleme nicht, da diese handwerklich korrekt von Profis ausgebaut wurden. Klar, das hat mit romantischem Gesülze nichts zu tun, aber das Produkt ist ordentlich, für den jew. Verkaufspreis.
    Und warum geht es v.a. der Mosel so schlecht? Der Jahrgang 2012 ist ein Musterbeispiel: Weil reltiv wenig geerntet, geben viele Winzer ihre Weine zunächst nicht ab und spekulieren auf noch höhere Preise. Dann kommt der Knackpunkt: Der verfügbare Wein ist zu knapp, um die Listungen im In- und Ausland zu bedienen. Dann wird der Moselwein ersetzt durch andere Herkünfte und die Winzer bleiben auf ihren Spekulationsobjekten sitzen und geben ihn später, wenn der Wein qulitativ deutlich schlechter geworden ist, zu günstigen Preisen ab, damit der Keller leer wird. Die verlorenen Listungen müssen nach meist mehreren Jahren wieder hart erkämpft werden. Das gilt in etwas abgeschwächter Form für alle deutschen Herkünfte.
    Je mehr die Mengen verknappt werden, desto spekulativer und schwankener wird der Markt. Der Anbaustopp wird genau dies und letzlich ein geringere Konkurrenzfähigkeit der deutschen Herkünfte mit sich bringen. Aber anscheinend wollen das viele Branchenvertreter. Und dann beschweren sich genau diese Personen, warum so viele Hektar brach fallen…?!

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  • Abélard

    @Chris: Ich glaube, _DU_ solltest noch mal genau zuhören oder lesen. Oder aber Du gehörst auch zur Lobby der Obengenannten? In dem Falle: gute Besserung bzw. weiteres Traumtanzen!

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  • Jörg Mergenthaler

    Hallo Dirk,

    ich bin durch diese ZDF-Sendung auf diesen Blog hier aufmerksam geworden Angenehme Nebenwirkung eines m.E. recht gelungenen Films. Schade , dass man einen derartigen Film auf einen so schlechten Sendeplatz gesetzt hat.

    Hat der Film wirklich eine Tendenz, und wenn ja, welche? Kritische Stimmen kommen zu Wort, im Ergebnis aber stimmen Laien und der Fachmann Stuart Pigott überein, dass auch der billige Gran Reserva vom Aldi für 2,99 Euro “richtig lecker” ist. Pigott hat ihn auf 10 bis 12 Euro geschätzt… . Ich habe ihn mir mal besorgt und gleich probiert, und ich muss sagen: Eine angenehme Überraschung. Eine Beschreibung gibt es hier nicht, weil mir dazu die Kompetenz fehlt. Ich bevorzuge deutsche Weiße, vor allem von der Mosel. Da kenne ich mich besser aus. Etwas geärgert hat mich der Fachmann aus Geisenheim, der derartige Gran Reservas auf dem Kieker hat. Auch er findet den Wein geschmacklich gut, es ist auch nichts verbotenes drin, aber aufgrund der Farbe zweifelt er das Alter an. Das ist der Vorwurf des Betrugs! Ich habe mal nachgeschlagen: Gran Reserva muss nicht 2 Jahre im Holzfass und drei Jahre in der Flasche lagen. 18 Monate Fass langen, und den Rest der 5 Jahre darf er auch im Tank verbringen. Das würde auch erklären, warum der Kork den Eindruck macht, als sei die Fasche erst vor wenigen Wochen verkorkt worden; nicht die geringste Einfärbung.Übrigens wurden im Film zwei verschiedene Abfüllungen präsentiert, eine mit 12,5 und eine mit 13,0 Umdrehungen.

    War früher alles besser? Um Himmels willen, im Gegenteil. Ich habe Mitte der Siebziger Jahre zum Wein gefunden, als ich beim Bund war, mit Stationierung an der Mosel. Bis zum Glykol-Skandal 1985 gab es in Deutschland fast nur süße Weine. Trocken Weine gab es in der Diabetiker-Abteilung, mit Rückenetikett “Für Diabetiker geeignet- nur nach Befragen des Arztes”. Das macht einen Wein richtig sexy! In Baden wurden trockenen Weinen mitunter die AP-Nr. versagt, weil sie nicht typisch seien. Im LEH fingen die Spätlesen bei umgerechnet 0,99 Euro an, die Auslesen bei 1,49 Euro. Selbst bekannte Betriebe hatten Schwierigkeiten, angemessene Preise zu erzielen, und auch berühmte Winzer haben geschummelt. Im Glykol-Skandal 1985 fiel dann auf, dass mancher berühmte deutsche Wein mit billgem Süßen vom Neusiedler See “verbessert” war. Geschmacklich hat es übrigens keiner gemerkt. Ein weites Feld. Heute wäre das alles unverkäuflich.

    Zumindest in Deutschland hat es einen gewaltigen Qualitätsschub gegeben, man denke nur an Rheinhessen oder die Südliche Weinstraße.

    Und trotzdem oder gerade deshalb: Ein früher bekannter Weinjournalist hat mal geschrieben, “Weinkultur” kann es erst dann geben, wenn das täglich Glas Wein zur Mahlzeit selbstverständlich ist. Dann aber sind 8 oder 10.- Euro/Flasche nicht für jeden machbar. Deswegen haben auch die Weine im unteren Preissegment absolut ihre Existenzberechtigung. Und die Gefahr, dass durch Preisdruck die seriösen Winzer in DE kaputtgemacht werden, die war früher größer als heute. Je mehr die Leute vom Wein wissen, desto besser ist es. Da liegt eigentlich eine Aufgabe der Öffentlich-Rechtlichen Sender. Deswegen: Diese Sendung bitte wiederholen, auf einem besseren Sendeplatz, und mehr davon. Denn Wein gehört auch zur Kultur.

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  • Philip

    Also zu dem Argument, dass man mit Weinpreisen von 5-8€ einen Teil der Bevölkerung vom Weintrinken ausschließen würde ist nur zu sagen, dass dies schlicht und ergreifend eine Frage der Prioritätensetzung ist. Bei dem Argument wird ja davon ausgegangen, dass die ökonomisch Schwachen unserer Gesellschaft keine finanziellen Mittel zur Verfügung hätten, um Wein dieser Preislage zu konsumieren. Dies bezweifle ich stark. Und das will ich jetzt nicht mit platten Argumenten wie “sollen sie halt zwei Schachteln weniger rauchen” oder “einen Kasten Öttinger weniger trinken” begründen. Denn solange Wein als “billiges Vergnügungsgetränk” gesehen wird, das jeder (auch täglich) konsumieren können sollte und nicht als (im Idealfall) handwerkliches Naturprodukt, dass nicht täglich und literweise konsumiert werden muss, solange wird es diese Preisdebatte geben. Paradebeispiel “Bio-Gemüse” (kann sich ja kein Hartz IVler leisten) vs. “Tiefkühlpizza” (teurer als selber kochen). Übrigens: Auch nicht jeder ökonomisch Schwache kann sich ein Auto oder gar einen sichereren Mittelklassewagen leisten. Muss es deswegen Autos geben, die wünschenswerte (Sicherheits-)Standards nicht einhalten, nur damit jeder autofahren kann!?

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  • Jörg Mergenthaler

    Zu 100 % richtig – eine Frage der Prioritätensetzung. Wobei Angehörige der Weinbranche ganz andere Prioritäten setzen als die Endverbraucher. Die Branche tut sich mit Sicherheit keinen Gefallen, wenn, wie im Film, behauptet wird, wer weniger als 5.- Euro ausgeben wolle (für 0,75 l), dem werde zum Bier geraten. Wäre es möglich, diese Aussage mal in “100 Grad Öchsle” mit einem Vertreter einer der guten und leistungsfähigen Genossenschaften zu diskutieren? Einer meiner Hausweine kommt von dort (vj-Winzer in DÜW), ein kerniger, kräftiger und dabei blitzsauberer trockener Riesling, 4 Euro der Liter, im Angebot bei Real 3.- Euro. Ein wunderbarer Begleiter zum kräftigen Essen. Meinen gegenwärtigen Lieblingswein kaufe ich direkt beim Winzer, ein Riesling Kabinett für 5.- Euro (0,75 l). Ach ja, nachdem bereits einige Kistchen davon verbraucht sind habe ich auch die Verkostungsergebnisse erfahren: 85 P. bei wein-plus, 81 im neuen Eichelmann. Vor allem aber: Er trifft genau meinen Geschmack, und das ist das ausschlaggebende!

    Aus Verbrauchersicht gilt, übrigens für alle Produkte: Ein Produkt wird nicht unbedingt dadurch wirklich besser, dass mehr und teurere Arbeitsstunden hineingesteckt werden. Ich wage sehr wohl die Behauptung:

    Je breiter die Basis ist, je mehr Leute es gibt, die auch in der einfachen Wirtschaft ganz selbstverständlich ein “Viertele” oder gar einen Schoppen bestellen,anstelle des üblichen Pils oder Weizen, desto mehr Leute werden dann auch neugierig werden auf die etwas teureren Weine. Und damit wäre allen geholfen.

    Eine Aussage wie “Weniger als 5.- Euro? Trink doch lieber Bier” jedenfalls ist sachlich nicht richtig. Auf eine derartige Beratung verzichte ich dankend. So ganz nebenbei wird auch die Existenzberechtigung der zahlreichen Winzergenossenschaften und vieler kleiner, unbekannter Winzer in Frage gestellt. Auch viele Weinfeste, wie wir sie heute kennen, würde es dann nicht mehr geben können. Was schade wäre.

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  • Lukas Krauß

    Guter Einwand Herr Mergenthaler.
    Die Quote lag im Übrigen bei 13,8%, was Zwischenzeitlich sogar mehr war, als auf anderen Sendern, wie RTL. Auch weiß ich, dass die Quote konstant war, also die Zuschauer nicht weg geschaltet haben.
    Schön, dass der Film so viele Leute erreicht hat und diese wohl auch begeistern konnte. Dies war die Zweitbeste “Zoom-Reportage” nach der über Bier.
    Sobald ich eine absolute Zuschauerzahl habe, werde ich diese natürlich auch bekannt geben. Grüße Lukas

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  • Rieslingtrinker

    @ Jörg Mergenthaler: Richtig, so sieht die Realität aus!
    Ein Produkt wird nicht zwangsläufig durch viele Arbeitsstunden gut, sondern “Qualität” ist allumfassender. Nicht nur der Geschmack (der ist sowieso subjektiv) alleine bedeutet Qualität, sondern eben auch auch Optik, Preis und ganz besonders Emotionen bzw. die Stimmung beim Weineinkauf. Oder warum wird z.B. für einen Champagner viel mehr als für einen guten Winzersekt bezahlt? Z.B. ist Bio auch nicht geschmacklich anders als konventionell, aber das Gefühl/die Einstellung, etwas zu kaufen, dass nachhaltiger produziert wurde, ist doch der Punkt.

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  • Jörg Mergenthaler

    Vielen Dank für die Information, Herr Krauß. Und Glückwunsch zu Ihrem Auftritt. Vielleicht sucht die Weinwerbung ja mal einen Sympathieträger, der auch bei jüngeren Leuten ankommt. Die Quote macht das ZDF hoffentlich nachdenklich, die Zielgruppe ist wohl größer, als man denkt.

    In der ZDF-Mediathek kann man sich den Film ansehen, aber leider nicht herunterladen. Dabei wäre er als Auflockerung bei Weinproben sehr gut geeignet, ich zumindest baue meistens einen Film ein. Wie groß das Interesse ist zeigt sich vielleicht daran, dass der Film nach 24 Stunden auf youtube zu finden war:

    http://www.youtube.com/watch?v=1dKCu9RM8J0

    Viel Vergnügen

    PS: Falls das ZDF mal wieder Leute sucht, die nach Spanien und Kalifornien fahren, ich stehe gerne zur Verfügung… .

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  • Gast

    Danke für den YouTube-Link. Tolle Sendung, beeindruckende Technik in den USA, hab von dieser Schleuderkolonnentechnik „Spinning Cone Verfahren“ bisher nur bei Wikipedia und auch mal in der FAZ gelesen. Jetzt hab ich eher eine Vorstellung davon was da passiert. Was mich dabei interessiert ist die Frage ob der Wein in diesen Zentrifugen unter Vakuum herumgewirbelt wird oder ob er durch Kontakt mit dem Luftsauerstoff nicht doch unbeabsichtigt Geschmack verliert?

    Beeindruckt hat mich auch der Verkostungs-Irrtum des Stuart Piggot den ich trotz seines charmanten Humors für einen glaubwürdigen und eher nüchternen Verstandesmenschen halte.

    Mein Fazit, entweder mag ich den Geschmack und trinke was den Geschmack trifft zum günstigsten Preis den ich finde oder ich mag den Winzer, mag ihn und seinen Wein und zahle was er dafür haben will.

    Reply
  • Gerald

    @Gast: natürlich wird in der SCC Vakuum eingesetzt, damit die Siedepunkte der Komponenten stark gesenkt werden und die Destillation (die ja eigentlich das Prinzip der SCC ist) bei niedrigen Temperaturen stattfinden kann. Also quasi wie Schnapsbrennen, nur sehr viel schonender für die Aromen …

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  • Michael Willkomm

    Toll, welche Resonanz der Film ausgelöst hat. Es ist schon merkwürdig, die Journalie ist immer auf der suche nach Gründen für “Billig”. Nicht nur beim Wein, auch bei Milch und Fleisch etc…Daher fand ich persönlich spannend den Besuch beim Reserva-Lieferanten, der mal so eben – trotz Anbaustopp der EU- schlappe 5ooo Hektar neu angelegt hat (wahrscheinlich mit EU Struktur-Subventionen) und gleich dazu die passende Kellerei, Barrique-Keller usw. Vorher hat er garantiert sich abgesichert und mit seinem Kunden eine langjährige Abnahmevereinbarung getroffen. Da Eigenerzeugung, hat er die Preishoheit über die Ernten und kann langfristig kalkulieren. Mit so einer Absprache kann er zur Bank gehen und erhält darauf jeglichen Kredit. Ein geniales Konzept für den Discount, der ja ziemlich genau weis, was er pro Jahr von so einem Wein bei einem extrem günstigen Ladenverkaufspreis verkaufen kann. Jetzt höre ich wieder die Argumente von dem “Fabrikwein”… obwohl alles so läuft wie beim kleinen winzer, nur mehr automatisiert und in anderen Dimensionen.
    Wengenmayr war übrigens mehr als 1o Jahre bei der Rewe Einkäufer, er wurde nach meiner Erinnerung zusammen mit diversen anderne Leuten entlassen 2oo7 oder war es 2oo8, nachdem ein span. Reserva mit künstlichem sog techn. Glycerin auftauchte. Ihm wurde damals unterstellt, zusammen mit einem Konkurrenten des Lieferanten dieses Weins die Manipulation veranlaßt zu haben, das stand jedenfals in der Lebensmittelzeitung. Wie man sieht, Reserva war immer schon ein Streitthema.

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  • Julian

    Hallo,

    Ja ich fand die Sendung im Großen und ganzen sehr gelungen.
    Den Qualitätschub kann ich nur bestätigen. Was den LEH angeht bin ich immer etwas traurig, ich finde die Preise nicht Gerecht dem Winzer gegenüber.

    Grüße Julian

    Reply
  • Stephan Kühler

    “Leider haben das die meisten Weinkritiker mittlerweile völlig aus den Augen verloren und wollen ihre persönlichen geschmacklichen Präferenzen gerne auf den Rest der Welt übertragen.” Das ist ein dem Kritikertum inhärentes Problem, sofern auf eine große Anzahl weitgehend objektiver ‘Regeln’, die ein Produkt, Kunstwerk oder ein Wein befolgen kann, verzichtet wird. Damit soll nicht gesagt sein, dass es kein intersubjektives Übereinkommen geben kann, was einen guten Wein, etc. auszeichnet. Je weniger aber darüber diskutiert wird und je stärker sich ein Kritiker auf einfache ästhetische Adjektive – schmeckt gut, fein, die Säure ist ausgewogen, blabla – zurückzieht, desto mehr scheint der Kritiker nur seine eigene Vorliebe auszudrücken.

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