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Der Weinführer und die Winzerin

Tina Pfaffmann ist eine junge Winzerin aus der Pfalz, selbstbewusst und nicht gerade auf den Mund gefallen – die Weine sind übrigens auch gut… ;-) Gerade hat sie eine Presseerklärung vom Gault Millau Weinguide veröffentlicht, die sie erwirkt hat und die schon recht interessant und amüsant ist. Vielleicht aber auch nicht…

Worum geht es? Im aktuellen Gault Millau ist folgender Passus über die Pfaffmannschen Weine zu finden:

“…da wurde über die Maßen entsäuert…”

Wein verkosten ist subjektiv, keine Frage, aber bevor ich so etwas schreibe erkundige ich mich doch zuerst einmal. Ganz abgesehen davon, dass ich kaum glaube, dass die Mehrzahl der Verkoster überhaupt in der Lage ist, diese Art der Entsäuerung herauszuschmecken. Ich halte mich für einen einigermaßen geübten Verkoster und würde da nicht drauf wetten wollen, dass ich das immer bemerke…

Wie auch immer, die Weine wurden eben nicht entsäuert und darauf ist Pfaffmann stolz. Gerade im Jahrgang 2010 gehörte da auch wirklich Mut dazu. Was macht sie also, die Winzerin? Sie lässt die Weine analysieren, schickt das Ganze zum GM und sorgt dafür, dass dieser jene Pressemeldung bringen muss. Mir gefällt das. Nicht weil es ausgerechnet der Gault Millau ist, sondern ganz grundsätzlich. Da sind wir wieder einmal beim Thema Journalisten und Sorgfalt und überhaupt.

Natürlich stellt sich auch die Frage, welche Antwort der Verkoster bekommt, wenn er denn nachfragt. In diesem Fall wäre es eine ehrliche und belegbare gewesen. In anderen Fällen sicher einfach nur eine Antwort… irgendetwas zwischen: “Wir entsäuern nie, vergären nur spontan und ernten immer und grundsätzlich zu 110% alles per Hand”.

Keine Frage, da hat sich der Gault Millau, respektive der Verkoster, einen dämlichen Schnitzer geleistet. Aber leider, leider ist die gesamte Situation eine dämliche. Es werden so viele Mythen und Märchen erzählt – in der gesamten Branche – es ist kaum noch auszuhalten.

In der online Version des Gault Millau ist dieser kurze Passus übrigens nicht mehr zu lesen.

26 Kommentare zu “Der Weinführer und die Winzerin

    • Dirk Würtz Post author

      @Der Captain
      Und??? Ist doch absolut o.k. Noch dazu, wenn Du belegen kannst (Analyse), dass Du Recht hast. Respektive Dir Unrecht getan wurde. Was hat das mit “Presserecht, erste Stunde” zu tun?

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  • Felix Eschenauer

    dass die Gegendarstellung jeder Betroffene erwirken kann und dass der GM sie öffentlich machen muss, wenn es eine Tatsachenfeststellung ist

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    • Dirk Würtz Post author

      @Felix
      Jaaaaa… ist doch klar! Und? Was hat das jetzt mir der grundsätzlichen Problematik zu tun?

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  • Eckhard Supp

    @Dirk Würtz Erinnert mich an einen bekannten Verkosterkollegen, der einem Piemonteser Winzer ins Stammbuch schrieb, sein Wein zeige zu viel neues Holz. Dumm nur, dass es der einzige Wein des Winzers war, der nicht im neuen Holz gelegen hatte. Die Ausrede des Kollegen: Dann müsse der Winzer den Wein wohl falsch etikettiert haben …… Muähhhhhhhh! Einer der besten Lacher der letzten Jahrzehnte. Fakt ist, dass man beim Weinverkosten vieles auch mit noch so viel Übung nicht oder kaum herausschmecken kann, und wenn man der Meinung ist, dann sollte man das doch sehr vorsichtig, mit Samthandschuhen behandeln. Auch wenn einem der Winzer dies oder jenes erzählt, ist das mit Vorsicht zu genießen. Gerade Letzteres ist ein imho leidiger Punkt der aktuellen Weinkritik. Es gibt viel zu viele Verkoster, die sich in ihren Urteilen über Weine von der Sympathie für diesen oder jenen Winzer – und dem, was der Betreffende ihnen erzählt hat – leiten lassen. Unter dieses Kapitel gehören dann sämtliche Dummheiten, die man immer wieder über die “Schmeckbarkeit” von Spontanhefen, Gummi arabicum, Entsäuerung / Säuerung etc. lesen kann. Wenn die Autoren dieser nachgeplapperten Weisheiten wenigstens so schlau wären, ihren “Aussagen” immer ein Fragezeichen hintanzustellen … Aber nein! Dann könnten die Leser ja vielleicht glauben, sie seien nicht kompetent.

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  • Gerald

    Dumm halt, wenn dann in Zukunft die Winzerin bei den Verkostungen einen “unsichtbaren” (da ja nicht objektiv messbaren) Punkteabzug bekommt. Da hat sich der scheinbare Erfolg ins Gegenteil verkehrt. Gehört in dieselbe Kategorie wie die angeblichen Zuwendungen an die Verkoster – nur eben in die andere Richtung.

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  • Magnus Heinz

    In der Gegendarstellung heißt es sehr schön: “Subjektiver Eindruck der Verkoster”. Nun gut, ein Eindruck ist wohl immer subjektiv. Aber dass sich gleich alle Verkoster so irren, ist bemerkenswert.
    Beste Grüße
    Henricus Magnus

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  • Gilli Vanilli

    Bin ich froh das ich sowas alles gar nicht schmecke und
    Einfach unvoreingenommen trinken kann

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  • sonja

    ehrlich gesagt verstehe ich das Problem nicht ganz – der Verkoster hat ja nicht gesagt das chemisch entsäuert wurde oder? das kann ja auch die liebe sonne ganz natürlich, wenn die trauben zu lange hängen – dann schmeckt der stuff halt lähm, ich habe die weine nicht probiert aber vielleicht hat der verkoster ja einfach recht gahabt?
    gretz sonja

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  • Patrick Johner

    Eigentlich gäbe es eine sehr klare und fehler-befreiende Lösung… Warum schickt der GM nicht die Texte an die Winzer zum Korrekturlesen? Solche Statements könnten dann vor dem Druck korrigiert werden…

    Ich persönlich vermisse die Möglichkeit Verkostungsnotizen meiner Weine zu erhalten. Viele meiner Kunden speziell Gastro-Kunden wollen Expertisen… Dazu gehört eine nachvollziehbare Verkostungsnotiz…

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  • Werner Elflein

    Ein gewisses Maß an Subjektivität ist immer vorhanden, vor allem dann, wenn die Verkoster die verdeckte Probe scheuen wie der Teufel das Weihwasser. Aber sich hinter dieser Subjektivität zu verstecken, ist erbärmlich.

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  • Werner Elflein

    Warum nicht? Ich bin da ganz bei Patrick. Verkostungsnotizen (bzw. andere Bewertungstexte) sind ja nicht von Gott gegeben, und manchmal schleichen sich – aus welchen Gründen auch immer – Fehler ein. Die Notizen daher auf Plausibilität mit dem Erzeuger zu überprüfen, ist eine valide Methode, um eine Reihe von Fehlern vor einer Veröffentlichung zu vermeiden. Das heißt ja nicht, dass der Winzer dem Verkoster vorschreibt, wie er zu bewerten hat. Es geht nur um ein simples “Ja, ist plausibel” oder “Nein, da ist der Wurm drin”. Im zweiten Fall sollten, wenn es um einen oder mehrere Weine geht, Konterflaschen herangezogen werden. Erst dann wird veröffentlicht.

    Aber worüber reden wir? Solange nicht verdeckt verkostet wird, sind die Bewertungen des Gault-Millau eh alle mehr oder weniger für den Arsch.

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  • Gilli Vanilli

    ich lese solche weinführer gar nicht und hab ich noch nie
    hab mich immer auf persönliche empfehlungen verlassen und seitdem
    ich meinen eigenen geschmack ertrunken/herausgefunden/-gefiltert habe,
    fahre ich damit noch immer sehr gut

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  • Der Captain

    @ Elflein: Verkostnotizen sind Presseprodukte. Und stehen unter Presserecht. Wenn der Verkoster ein Vollpfosten ist, muss er sich eben verantworten. #Presserecht #Gegendarstellung #Pfaffmann

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  • Arnd

    @Patrick Johner: Klingt für mich wie Zensur und erhöht deshalb nicht das Vertrauen in den GM oder ähnliche Weinführer. Kaufe und lese den GM, genauso wie den Eichelmann, übrigens trotzdem, solange es kein adäquates Nachschlagewerk gibt. Ist immer noch für einen schnellen Überblick gut. So viele Blogs kann ich ja gar nicht lesen, so viel Wein gar nicht testen. Wenn ein Weingut von dem ich überzeugt bin, dort schlecht abschneidet, juckt mich das nicht. Und viele, die wettern freuen sich wenn sie eine gute Bewertung bekommen. Manchmal finde ich diese Diskussion unehrlich.

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  • Gottfried

    Dieser Tage erzählte mir ein Pfälzer Bio-Winzer, dass im letztjährigen GM von kranken Reben in seinem Betrieb die Rede war. Da er dies nicht nachvollziehen konnte, monierte er intern und verblieb dann so, dass ein redaktioneller Besuch auf dem Weingut erfolgen würde.

    Der Besuch erfolgt nicht und der Betrieb ist im GM (und komischerweise auch im Eichelmann) nicht mehr erwähnt.

    Insofern scheint mir der öffentliche Weg der Frau Pfaffmann der bessere zu sein. Bei eventuellen Konsequenzen hat man zumindest eine Ahnung, worin diese begründet sind. Außerdem kann es in keinem Beruf falsch sein, hin- und wieder an die Grundsätzlichkeiten erinnert zu werden.

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  • Werner Elflein

    Captain, es geht nicht darum, ob es sich um ein Presseerzeugnis handelt (dies dürfte unstrittig sein) oder ob der Verkoster eventuell ein Vollpfosten ist (was im Einzelfall zu diskutieren wäre), sondern um eine wirksame Fehlerprävention, wie sie in anderen Berufen auch stattfindet. Fehler passieren nun mal, selbst der geübteste Verkoster liegt hin und wieder einmal völlig daneben. Zu den möglichen Fehlerquellen gehören nicht zuletzt die nicht erkannten oder nicht eindeutg zu identifzierenden Korkschmecker. Überdies ist eine gewissenhafte (Nach-)Recherche unabdingbare Voraussetzung für ein hochwertiges Presseerzeugnis. Qualitätssichernde Maßnahmen mögen (zeitlich und logistisch) eine gewisse Mühe bereiten, sind für mich aber nicht wegzudenken, wenn der Anspruch einer seriösen Verkostungsdurchführung erhoben wird.

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  • Werner Elflein

    Tja, Gottfried, so ist das nun mal mit ein Eitelkeiten einiger Herrschaften. Dazu eine kurze Geschichte: Ein mir bekannter Winzer sagte mir bereits Monate vor der Veröffentlichung eines Weinführers, dass er befürchte, seine Weine würden dort nicht besonders gut abschneiden. Der Grund: Er hatte einmal über den Herausgeber gelästert. Das tun zwar viele Winzer, aber nicht just zu dem Zeitpunkt, wenn er hinter ihnen steht. Jedenfalls war das Ergebnis absehbar, und es kam auch so, wie prophezeit. Die Weine waren übrigens große Klasse!

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  • Carsten Henn

    Hallo, Dirk,
    wir haben drei Weine des Gutes testen lassen. Dabei wurde festgestellt, dass sie für den Jahrgang 2010 eine auffallend niedrige Säure aufweisen, und einer der drei Weine einen Säureabbau durchgemacht hat – wobei, soweit ich es verstanden habe, nicht definitiv zu sagen ist, ob dies chemisch vonstatten ging. Wenn Günther Jauch seinen eigenen Wein nicht erkennt, erntet er in der Weinszene (zu Recht!) Verständnis, wenn ein Gault-Millau-Verkoster bei auffallend säurearmen Weinen in einem säurestarken Jahrgang auf Entsäuerung tippt, folgt die Häme auf dem Fuß. Nicht falsch verstehen: Kritik ist angebracht, der GM-Text hätte anders, nämlich als persönlicher Eindruck, formuliert werden müssen, und eine Nachfrage beim Betrieb wäre angebracht gewesen, denn selbstverständlich haben wir nicht nur eine Verantwortung gegenüber den Lesern sondern genauso gegenüber den Winzern. Aber die Relation der Kritik sollte doch gewahrt bleiben. Einen unsichtbaren Punkteabzug gibt es übrigens nicht. Das zeigt sich unter anderem daran, wie die sogenannten “Revoluzzer” (du erinnerst dich an die Geschichte, die zu Armin Diels Rückzug führte) im heutigen GM dastehen. Einige besser, andere schlechter. So wie es angemessen ist. Denn nachgetreten wird nicht. Und jetzt freue ich mich auf die ganzen entsäuerten 2011er ;-)
    Beste Grüße
    Carsten

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    • Dirk Würtz Post author

      @Carsten
      Der Vergleich Jauch / Gm hinkt ein wenig, wobei der Ausgangspunkt durchaus vergleichbar ist – die Formulierung der GM Kritik war ähnlich sinnvoll wie die dpa-headline. Wie kommst Du denn auf “unsichtbaren Punktabzug”, wer sagt das? Im Übrigen bitte ich meinem Blogbeitrag genau zu lesen. Das Problem geht leider ganz woanders los, siehe die letzten beiden Absätze meines Blog-Posts. Wahrscheinlich bewerbe ich mich doch noch als GM-Verkoster… :-) :-) :-)

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  • Carsten Henn

    Lieber Dirk,
    mein Kommentar war zwar an dich adressiert, nahm aber auch zu den anderen Kommentaren Stellung in denen ein “unsichtbarer Punktabzug” für Winzer, die sich beschweren, angedeutet wurde. Ich hab deinen Eintrag genau gelesen, finde ihn auch ausgewogen. Und ja, du kannst gerne mal beim GM mitverkosten – Werner habe ich übrigens auch eingeladen.
    Beste Grüße!
    Carsten

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  • Alexander

    Ich habe gerade das genaue Gegenteil im Glas. Sehr lehrreich, gerade aus kellertechnischer Sicht. Wobei ich ethisch wie ästhetisch überhaupt nichts gegen zulässige technische Hilfsmittel habe (und vielleicht nicht einmal gegen manche unzulässigen… ;-) ), aus meiner einfachen und jedenfalls für den Zwecks dieses Beitrags willentlich beschränkten Sicht des Trinkers und fast unbedarften Verkosters. Den Winzer oder die Winzerin nenne ich nicht, denn ich will niemanden vorführen; das Gut macht immer wieder auch ganz gute Weine und hat eine gewisse regionale Bekanntheit. Es ist kein VdP-Gut, und die ungefähre Region (mehr ist nicht nötig) lässt sich dem Text indirekt entnehmen.

    Meine Notiz poste ich, weil sie zeigt, wie man einiges sagen kann, ohne direkt anzugreifen (und sich umgekehrt als VerkosterIn angreifbar zu machen). Der Gault-Millau-Resurantführer beachtet diese Sprachregelungen schon seit Jahren, und bleibt trotzdem herzhaft und lebhaft.

    “Verhaltene, wenig klare, recht leichte Frucht im Bouquet, ohne Entfaltung: am ehesten Mirabelle. Keinerlei äpflige und kaum agrumige Noten. Könnte vom Angeruch ein (mäßiger) Silvaner sein. Wenig Ansätze zur Entwicklung, auch nicht nach längerer Zeit im Glas, auch nicht bei Nachverkostung am 2. und 3. Tag. Florale oder herbale Noten fehlen; ganz minimal sind flüchtige Säuren (Acetaldehyd-Untertöne) im Bouquet erkennbar, ohne aber zu stören.

    Im Körper schlank gehalten, könnte ein rustikaler QbA sein. Derbe Säure. Keine Entwicklung in Stadien, keine Ausdifferenzierung im Mund. Der typische Burgunderschmelz, die fließende Robe, die den nicht nur die Kaiserstühler, sondern auch die besseren Breisgauer Pinot Gris präsentieren, fehlt völlig. Zeitweise wird man an Elbling erinnert.

    Der Abgang wird bestimmt von derselben eher rustikalen Säure, die geschmacklich merkwürdig aufgesetzt wirkt und sich auch dort nicht ausdifferenziert. 2011 war hier ein Jahr, in dem wegen vielfach (zu) niedriger Säurewerte nachträgliche Aufsäuerung erlaubt wurde. Für die Bewertung dieses allgemeinen Umstandes sind hier der für einen Grauburgunder in dieser Region ungewöhnlich niedrige Alkohol (nur 12,5 %) und das geschmacklich nicht besonders stimmige (wiewohl sicherlich formal korrekte) Prädikat der Spätlese mit zu berücksichtigen. Insgesamt hat der Wein zwar eine deutlich spürbare Säurestruktur mitbekommen, die ihn hier aber nicht belebt, sondern ihn wie ein Exo(!)skelett in seiner Beweglichkeit einschränkt und geschmacklich überbügelt. Keinerlei Geschmacksentfaltung ex post außer dem monotonen Säurenachhall im Obergaumen und an der Zungenwurzel.

    Ein völliger Gegensatz und ein Positivbeispiel im Vergleich hierzu ist die nicht so weit entfernt gewachsene 2011 Grauburgunder “extra” von XXXXXXXXX, der ebenfalls eine (trockene) Spätlese ist, aber auch so schmeckt, mit genialer und funkelnder, vehement spielender Säure, die dem schon an sich guten Wein erst große Klasse verleiht.”

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