…titelt die Weinzeitschrift “VINUM” in ihrer neuesten Ausgabe. Benjamin Herzog (kenne ich nicht) lässt sich über die “Winepunks” aus. Und wie! Und da ich da ja auch dazugehöre, muss ich logischerweise diese Kolumne kommentieren.
Ich fange einmal “etwas” emotionaler an: “Was hast Du denn für ein Problem, lieber Benjamin Herzog? Ausser Frust und die klassischen Weinschreiber-Attitüden” kann ich da nichts wirklich Erhellendes lesen. Oder war einfach noch Platz im Heft, der gefüllt werden musste?” Wie sonst muss ich diesen Satz verstehen:
“Was die Punkrocker der 70er Jahre für die Rockmusik taten, wollen die Winepunks unserer Zeit für den Wein tun: die Befreiung aus den Fängen der Oberschicht, das Getränk raus auf die Strasse holen und somit seinen elitären Anstrich nehmen. Doch das Bild eines Punks, eines Menschen der von Anarchie – von einer Gesellschaft ohne Herrschaft träumt – ist im Weinbereich grundsätzlich Fehl am Platz. Chaos führt schon im Ansatz zu schlechten Resultaten im Rebberg und im Keller. … käme ich mir komisch vor auf einem Rockkonzert mit einem Glas Pinot Noir zu rumzustehen. Das trinke ich hier!”
Lieber Benjamin Herzog, Du hast leider gar nichts verstanden. Wer will denn Chaos im Weinberg und Keller? Wo steht das? Hat das einer behauptet? Bei den “Winepunks” geht es um den Transport des Themas Wein, um einen neuen, ganz entspannten Umgang damit. Einer, bei dem der Genuss und der Spaß im Vordergrund steht. Und eben nicht der Umgang in Deiner Diktion à la: “Dass darf man aber nicht. Böse, böse, böse!”. Doch, das darf man! Wenn Du Dich auf einem Rockkonzert mit einer Flasche Wein fehl am Platz fühlst, dann mag das ja sein und ist Dein persönliches Problem. Das muss ja aber nicht auf den Rest der Welt zutreffen. Ich für meinen Teil trinke gerne Wein auf Konzerten – und im Zweifelsfall auch einen Grand Cru aus dem Bordelais. Warum auch nicht. Diese Weine sind nicht alleine reserviert für wichtige Geheimzirkel, die sich in kryptischer Sprache, abseits der “nichtwissenden Idioten” darüber auslassen, ob der Wein eher nach Maulwurfshügel oder leicht karamellisierter Sternfrucht schmeckt! Solche Weine kann man auch trinken, während man in einer Masse von Menschen steht und heftig laute Musik hört! Hättest Du uns auf der ProWein an unserem Winepunk-Stand besucht, hättest Du Dich selbst davon überzeugen können, wieviel Spaß das Thema machen kann. Vorausgesetzt, Du wärst an den Menschenmengen vorbeigekommen, die da standen und alle Spaß hatten… Natürlich ist das Ganze extrem überzogen und pointiert dargestellt. Aber so transportiert man nun einmal auch eine Meinung, eine Botschaft oder eine Idee!
Wenn ich aber dann noch lese, dass man Deiner Meinung nach, Ilkka Siren besser eine Karriere als Skateboarder denn eine im Weingeschäft abnehmen würde (da geht es wohl um Glaubwürdigkeit), weiss ich direkt, wo der Hase lang läuft. Ilkka ist eine feste Größe in der Weinwelt und zwar zu Recht. Er erreicht in einer Woche mehr Menschen, als Du mit Deiner Kolumne in einem Jahr. Er ist authentisch und glaubwürdig! Das haben fast alle mitbekommen, sogar diverse Institutionen. Du allem Anschein nach nicht. Sind wir etwa neidisch? Ist das wieder einmal ein Aufguss des “alle-im-Internet-sind-doof-und-nur-wir-Printler-haben-die-Wahrheit-gepachtet-Unsinns”. Ich dachte, dass hätten wir hinter uns gelassen… Ich erinnere mich noch genau an einen Artikel in der “VINUM” vor einigen Jahren zu dem Thema. Hier kannst Du ein Gespräch mit Rudi Knoll zum Thema nachlesen.
Dein Schlusssatz, dass man getrost auf diverse Symbole und Attitüden aus vergangenen Epochen der Popkultur verzichten kann, wäre ganz toll gewesen, wenn da statt “man”, “ich” gestanden hätte. Einfach mal rauskommen, aus dem Elfenbeinturm des Alleinvertretungsanspruches und locker werden. Es ist hilfreich, andere Dinge zu akzeptieren, als sie aus Unkenntnis heraus zu verurteilen.
Ach ja, bevor ich es vergesse, die “Sex Pistols” wollten nie “Punk” sein…
Schade. Früher bedeutete Punk noch etwas. Heute reichen offenbar ein paar Tattoos und Piercings und dann und wann ein böser Blick.
Nichts dagegen, wenn man Wein einer größeren Gruppe von Leuten zugänglich machen will. Aber der “winesnob Shit”, den WINEPUNK! wittert, oder die “Anzugtragenden Spiesser und Damen im Kostümchen die mich dann verwundert mustern erst recht wenn sie hören das ich eigentlich Banker bin und den ganzen Tag Schlips und Zwirn trage und mich oft sogar besser mit wein auskenne wie sie
”, die Herr Gilli Vanilli so verachtet, treffe ich komischerweise nie. Ich habe das Gefühl, dass man einem Phantom nachjagt.
Auf Metallica-Konzerten kann übrigens bestens “Edelbarolo” trinken. Denn dort stehen hauptsächlich arrivierte 45-jährige rum und bewegen sich nicht. Auf einem Lightning Bolt Konzert hingegen würde der Inhalt des guten “Edelbarolo” spätestens nach 1 Minute des ersten Stücks in die Menge verschüttet sein. Da trinke auch ich lieber Bier, das macht nicht so hässliche Flecken und kostet weniger. Dass ich damit völlig Unpunk bin, stört mich nicht.
Ach, und übrigens passt Ilkka Sirén und der finnische Weinmarkt zusammen wie Faust auf Auge. B2C wird in Finnland vom Monopol (Alko) kontrolliert, B2B kann und wird von vielen „jungen Wilden“ betrieben. Selten habe ich eine so spannende und liberale Weinszene erlebt wie in Finnland. Konservative Häuser und große Labels auf der einen Seite und Freakweine mit viel Potenzial auf der anderen Seite. Ilkka wird vorgeworfen mit Sonnenbrille und Tattoos nach Aufmerksamkeit zu ringen. Natürlich, klappern gehört in seinem Bereich zum soliden Handwerk, zudem ist Ilkka privat exakt so positiv durchgeknallt wie er sich in seinen Videos zeigt. Wer ihn kennt, weiß bei Ilkka bekommt man 100% Ilkka. Vielmehr sollte die Frage lauten wie authentisch viele andere in unserer Branche sind?
Der Weinsnob ist ein kulturelles Image, dass dem gehobenen Bürgertum des 19. Jahrhunderts entstrang, sich aber zum Teil auch auf viel ältere Käufergruppen bezieht: die britischen Aristokraten und das dortige Bürgertum, die dem Bordeaux so sehr ihren elitären Stempel aufdrückten, waren schon sehr “stilprägend” in dieser Hinsicht. Seitdem diffundiert dieses Image um die Welt und in jedem neuen Weinland das hinzukommt sieht man Variationen davon. Besonders schön kann man das in Ländern wie den USA beobachten, die lange keine Tradition diesbezüglich hatten: da ist der Snobismus der oberen Mittelklassse das Vehikel gewesen, um den Markt zu “öffnen”. Gegen Images zu rebellieren ist sehr mühsam. Anders machen und dabei selbtbewusst abwarten bis sie lächerlich wirken, ist da schon die bessere Strategie
Dazu fällt mir nur noch die gute alte Tubes-Nummer “I was a punk before you were a punk” ein.
Ich weiß nicht wie das wo Anders is Aber in HH sieht man leider viele
Anzugträger auf Weinproben
Wer glaubt daß man im Weinbusiness so aussieht wie Banker, hat es immernoch nicht verstanden. Wir sind doch schon längst über den Punk(t) hinaus. Vor zehn Jahren war es vielleicht noch ungewöhnlich wenn junge Leute im T-Shirt auf ner Weinmesse sind. Heutzutage ist es normal und wer glaubt, daß man noch gegen Weinsnobs ankämpfen muß bzw. ein Weinpunk etwas rebellisches ist. Hat die letzten Jahre verpasst! Ihr seid die sich als Avantgarde sehen, obwohl ihr längst nicht mehr seid..
Und ob ein Weinpunk mal früher wirklich Häuser besetzt hat, spielt da keine Rolle, denn jetzt ist es Marekting und Verkaufsvehikel geworden.
Gilli, gehört in HH der Snobismus nicht generell zum öffentlichen Leben? (hüstle)
Und dieser Artikel und die Diskussion hat mich dann zu meinem heutigen Dienstagsartikel inspiriert
http://www.dasweinforum.de/viewtopic.php?f=113&t=1263&view=unread#p26214
@Weinpunk (vom 31.Oktober)
Und da ist wieder diese Gereitzheit, dieses sich angegriffen fühlen, das ich nicht verstehe. Gegen was sind Sie denn? Gegen das Establishment? Zum dem sind Sie doch selbst geworden, sorry. Was ist denn Weinsnobismus? Gibts den überhaupt noch oder existiert der nur in Ihrem Kopf als Schreckgespenst?
Und Hausbesetzung hat ganz sicher nicht automatisch was mit Punk zu tun. Sowas glaubt vielleicht Müller-Lieschen, wenn ‘se BUNTE liest.
Also hier nochmal an Golenia und Oktober etc.. Ich habe doch nie versucht WINEPUNK! als Marketing zu benutzen. Das entstand aus 2 oder 3 Dingen. 1. weil ich seit Jahr und Tag Punk bin. Mittlerweile auch ohne Iro und Lederjacke. Ich habe bei meinen Proben immer laute Musik laufen gehabt und oft Kumpels (Punks – Altpunks) dabei gehabt die sich eben auch für Wein interessierten. Wir haben Weinproben auf Punk und Rockkonzerten veranstaltet um mehr Menschen für das “steife” Thema Wein zu begeistern.
Der Name “WINEPUNK” entstand auf einer Tour in Colorado, Aspen bzw Vail wo ich Weine aus autochthonen Rebsorten präsentierte in namhaften Restaurants und Weinhandlungen. Überwiegend Läden in welchen die großen Namen und unzählige langweilige Retortenwine zu finden waren welche überwiegend gleich schmeckten und über 100 Dollar die Flasche kosteten. Da kam ich nun mit meinen autochthonen Rebsorten, im Nadelstreifen mit Chucks drunter und habe Weinproben für Menschen gemacht die an dem Thema Wein so sehr interessiert waren wie an Gucci, Ferrari, Rolex und Serneküche. Nicht von der qualität angetan, NEIN vom Satussymbol weil man sich das leisten kann. In den selensten Fällen verstanden die Leute was sie aßen und tranken etc. Dann dieser Schleimklotz des Grande wines of the world. Überreicht mir seine Visitenkarte mit seinem Namen und Schrägstrich: WINESNOB!!! So hieß auch sein Weinclub. So begann WINEPUNK!!!!!!
Und natürlich ärgert es mich bzw reizt es mich wenn mich jemand versucht in der Öffentlichkeit löcherlich zu machen nur weil ich aus dem Thema Wein nicht auch das tolle, aristokratiche Geränk mache was für eine Schicht ist in der man sich nur über schischi unterhält! Versteht dass denn keiner von euch Pappnasen? Mir geht es darum guten authentischen Wein der Herkunft und Charakter zeigt einem Publikum zu offerieren dass sich bis dato nicht mit dem Thema Wein aus oben genannten Gründen bedauernswerter Weise auseinandersetzen wollte oder konnte!
Und ich möchte als Sommelier und Weinmacher auch ernst genommen werden wenn ich mich nicht mehr in teuren Anzügen verkleiden muss sonder ganz authentisch in meiner ALLTAGS Kleidung erscheine. Und daran erkennen die meisten dass ich irgendetwas mit Punk am Hut habe.
Schade dass es zu solch einem Aufreger kommt und man sagt ihr seid kein Punk oder was ist das Establishment.. Etc.. Ist das hier ein Ratespiel und der Zanzo soll nun zeigen ob er sich in seiner eigenen Subkultur auskennt? Ich mache Wein und vertreibe Wein von befreundeten Weinmachern mit ähnlicher Philosophie. Und das benenne ich nach mir. Und wm das nicht passt der soll eben seinen Wein dort kaufen wo er Boutiquemäßig gehandelt wird oder beim Winzer oder beim normalen Fachhandel. Mir alles recht, solange ihr Wein kauft, ihn trinkt und darüber redet!
S. Oktober was isn eigentlich Dein echtes Problem? Weil Du nicht checkst was ich mache oder weil ich Dich angegriffen habe ohne es gemerkt zu haben? Und was bedeutete Punk denn mal? as bedeutet denn Punk für mich? Wenn Du so gut in meinem Kopf zugange bist dann bin ich mal gespannt auf ne erklärung. Und nochwas ich trinke auch Wein beim Pogen und egal welcher Band. Aber ich trinke auch gerne Dosenbier bei Opern von Verdi beispielsweise.. Du hast null gerafft um was es mir geht… Sorry!
Ich meinte Susa, nicht s. Oktober, sorry
Was ich bei diesen Debatten überhaupt nicht verstehe: warum sehen sich die einen überhaupt als Verdränger der anderen? Es wird wahrscheinlich Weinsnobs geben, solange wie es eine soziale Nachfrage für Statusgüter gibt, die von einigen Produzenten und deren Agenten bewusst bedient werden. Und auf der anderen Seite wird es (vielleicht immer mehr) neue Formen der Nachfrage geben, die sich dem Thema Wein aus ganz anderen Lebensperspektiven nähern, so wie Winepunk es beschreibt und praktiziert. Da sehe ich überhaupt keinen Widerspruch. Ich denke sogar noch grundsätzlicher: wenn “Winepunk” eine Haltung ausdrückt die sich vom “Weinsnobismus” unterscheidet..braucht man sogar beide Parteien. (Spannende Frage: was wäre eigentlich ein Punk ohne das Establishment?)
Aha, ich bin gemeint.
Problem? Ich sehe keines und fühle mich auch nicht angegriffen. Ich verstehe nicht, wieso irgendwer meint, dass die Winepunks dringend erwachsen werden müssten (was immer damit gemeint ist, ich habe mein Vinum-Abo schon vor längerer Zeit gekündigt, kenne den Artikel also nur 2nd hand) und ich verstehe genauso wenig, was an zelebriertem Weingenuss in stilvollem Rahmen nun so schlimm ist. Und wenn einer meint, sein Ego mit teuren Weinen aufpeppen zu müssen, dann soll er das machen, wenn ihm danach besser ist. Kurz und gut, sitze ich vor den Beiträgen amüsiert über etwas, das zu einem Problem bzw. Konflikt aufgebauscht und herbeigeredet wird. Und dann die unterschiedlichen Deutungen in der Diskussion, was denn wohl als Punk gelten darf und was nicht, und wer wohl ein echter ist. Ach ja, ich habe auch weder an der Art Deiner Tätigkeit oder Selbstdarstellung etwas auszusetzen.
Natürlich weiß ich nicht, wie es in Deinem Kopf aussieht, ich bin froh, wenn ich in meinem einigermaßen den Überblick behalte. Und Dosenbier bei Verdiopern trinken ist weder besonders mutig oder originell, weder Verdienst, noch Privileg. Solange Du mit dem Bier nicht so weit spritzt, dass es Deine Sitznachbarn trifft und Du das Geräusch in die lauten Passagen legst, nur zu und Prost! Ich frag mich lediglich rein technisch, wie das klappt mit Wein trinken und pogen, ohne nicht wenigstens die Hälfte zu verschütten. Wahrscheinlich zu kleinlich gedacht, ein bisschen Schwund ist halt immer und ordentliche Weingläser sicherlich weit überschätzt.
Susa, mea maxima culpa. Ich habe Dich für einen anderen Kommentator gehalten.. Das einzige was ich nicht verstanden hatte war dass mit den Tattoos etc.. Böser Blick. Den hab ich seit Geburt und meine bunten Souveniers bzw Piercings haben nix mit meiner Einstellung primär zu tun. Punk ist ein Haltung für mich. Ein Lifestyle und keine Modeerscheinung. Ich kann verstehen wer mich nicht persönlich kennt, der könnte es missverstehen. Cheers! Und: Pogo mit einflasche geht..auch ohne Schankverlust. Übung macht den Meister
@WINEPUNK! Ich fühle mich nicht angegriffen und will dich auch nicht angreifen. Zur nächstgelegenen Winepunk Veranstaltung komme ich einfach mal vorbei. Hast schon recht, dass man nicht über leute quatschen sollte, die man nicht kennt.
Wein trinken ist doch schon lange nicht mehr etwaigen Elitärzirkeln vorbehalten. Die Szene ist doch schon seit Jahren z. B. aufgrund junger, innovativer Oenologen (junger Wilder) für jeden zugänglich. Braucht man den nun noch einen Punks & Co. -Aufguss? Für mich persönlich stellt das einen findigen Händlertypus dar, der sich marketing-artig mit Tatoos, bunten Haaren und schrillen outfits etc. gegen die so bösen “Elitärzirkel” stellt? Sogar mit Legenden Häuser besetzt zu haben etc.- Alles eine riesen farce! Lasst uns doch einfach ganz normal Wein trinken- ohne Bekehrung- offen mit Respekt zum Produkt.
Meine Güte, was für eine angestaubte Diskussion.
Dass man sich als “strukturierter” Mensch im Jahre 2011 wirklich noch ernsthaft Gedanken machen muss, in welchem Outfit oder zu welcher Gelegenheit man welchen Wein trinken darf oder ob man überhaupt etwas anderes nebenbei tun darf als andächtig zu meditieren, kommt mir schon allein so gestrig vor, wie empörte REaktionen einer kleinbürgerlichen restaurativen Öffentlichkeit der 50er/60er anlässlich der Kondom-Angebote in Beate Uhse-Katalogen.
War es denn nie das Schlimmste am Weingenuss, dass er viel zu lange in bildungsbürgerlichen, vornehmlich männlich geprägten Kreisen als Mittel zur sozialen Distinktion benutz wurde und leider immer noch wird? (weiterführende Lektüre: Piere Bourdieu – “Die feinen Unterschiede”).
Ist nicht DIESE Art des sich über “Genuss” definierenden Sterneküche-Parker-Bordeaux-Punkte-Konsums, der eben das unerwünschte Fußvolk dankenswerterweise ausschließt, das Ekligste gewesen, das mich fast abgeschreckt hätte, mich so intensiv mit Wein zu beschäftigen, wie ich es dann doch getan habe?
Ok, mit manchen Begriffen wie “Weinpunks” oder einem inflationär gebrauchten “Die Nahe rockt” kann ich auch nicht gar zu viel anfangen, da Punk für mich ein historisches Phänomen des Londons der Jahre76/77 ist und nicht unbedingt auf jeden, der ein tatoo hat, angewendet werden sollt, aber … so what!
Übrigens, Herr Magnus: Punk ist eben originär auch kein Produkt der Gosse oder hirnloses Gegröhle sondern im Kontext Londoner Kunsthochschulen entstanden und hat auf praktisch alle wesentlichen Schriftsteller, Künstler, Filmemacher der nachfolgenden Generation(en) nachhaltig gewirkt. Auch dazu gäbe es regalweise großartige akademische und nichtakademische Lektüre, die ganz bestimmt nicht den Bauch, sondern in erster Linie den Kopf befriedigen dürfte.
Zusammenfassend würde ich meinen, dass es doch ziemlich egal sein sollte und zudem so was von individuell verschieden ist, was wer mit oder bei einem Glas Wein macht. So komplex und faszinierend dieses Getränk eben auch ist: es ist kein Kunstwerk, dem man sich nur andächtig nähern, sondern etwas, das Spass macht und eben auch zu unverkrampfter GEselligkeit passen sollte.
Wie schön, dass man heute auf diversen Weinveranstaltungen auch mal Leute diesseits der 50 findet:-)
Bourdieu taugt noch mehr zur Distinktion als Wein.
Na ja, den kann man aber nicht nur konsumieren und als Statussymbol verwenden, sondern muss ihn sich erarbeiten.
Natürlich kann notfalls jedes kulturelle Erzeugnis als Mittel zur Abgrenzung dienen oder auch missbraucht werden, wenn man will. Ein Lafite oder Margaux grenzen jedoch extrem allein durch den Preis aus, Bourdieu gibt’s als Taschenbuch für wenig Geld und geht gemeinhin kaum als Statussymbol durch.
Es geht aber auch gar nicht so sehr darum, ob es jetzt neue Weine gibt, die 800 EURO kosten oder was einer liest.
Hier geht es darum, dass ein kulturelles Erzeugnis wie Wein, das letzten Endes Spass machen, anregen und auch Leute verbinden soll, diesem so oft und vor allem auch früher vorherrschendem elitären und angestaubten Milieu entrissen werden sollte. ich finde es eben viel interessanter, wenn heutzutage die/der Weinfreund/in nicht schon von weitem als solche/r erkennbar ist und dass Wein auch zunehmend in anderen Milieus und Outfits getrunken wird. Das heißt ja nicht, dass ich etwas gegen Weintrinker in Anzug und Krawatte hätte – nur gegen diese Ausschließlichkeit habe ich etwas bzw. dagegen, dass man gegenüber einem sog. “Weinpunk” schon glaubt, die Nase rümpfen zu müssen.