…wenn es gute Scheureben gibt!
Sauvignon Blanc ist, im wahrsten Sinne des Wortes, in aller Munde. Die ganze Welt trinkt ihn, als gäbe es kein Morgen mehr. Ich finde das gut, ich mag das Zeug auch. Insbesondere wenn es grasig und grün ist und aus Südafrika kommt. Ich muss nur rein riechen und schwelge in Erinnerungen an das Kap.
Mit Sauvignon Blanc, der aus Deutschland kommt, habe ich dagegen so meine Probleme. Sicher, es gibt ganz gute Vertreter dieser Spezies, aber das meiste, was ich bisher getrunken habe, fand ich eher belanglos und untypisch. Ich gebe es gerne zu, ich bin nicht objektiv, warum auch. Ich habe eine ganz bestimmte Vorstellung vom Geruch und Geschmack eines Sauvignons, und die wird – zumindest in Deutschland – in den seltensten Fällen erfüllt. Natürlich gibt es sie, die guten und typischen Sauvignons aus Deutschland – keine Frage. Aber warum sollte ich mich für diese Weine interessieren. Ich trinke Riesling, Silvaner. Weissburgunder und im Zweifel auch Müller-Thurgau. Alles das, was wir können – gut können!
Es ist Fakt, dass immer mehr deutsche Winzer Sauvignon Blanc anbauen. Manche „Experten“ reden gar von der Rebsorte der Zukunft. Von wegen Klimawandel und so. Alles Quatsch. Unsere Leitrebsorte ist und bleibt der Riesling. Sollte sich irgendwann einmal das Klima tatsächlich ganz drastisch verändern, dann wird der Riesling eben anders schmecken. Alles halb so wild. Das gab es schon immer. Vor einhundert Jahren war das typische Geschmacksbild des Rieslings ein anderes. Woher ich das weiss? Ganz einfach: Ich hatte das große Glück schon einige dieser Weine trinken zu dürfen.
Riesling ist Deutschland und Deutschland ist Riesling. Auf der königlichsten aller Rebsorten beruht unsere Reputation. Riesling ist DAS Alleinstellungsmerkmal des deutschen Weinbaus. Wie um Himmels Willen sollen wir mit Sauvignon Blanc eine derartige Reputation aufbauen? Sollen wir jetzt über einhundert Jahre Arbeit und „Markenbildung“ über Bord werfen, nur weil einige selbsternannte Trendsetter glauben, den deutschen Weinbau missionieren zu wollen. Da wird mit fast schon hellseherischen Fähigkeiten der Rebenstandort Deutschland mal eben für die kommenden Generationen umstrukturiert. Ich halte das für unnötig, bedenklich und gefährlich. Sauvignon Blanc ist eine Mode und keine Notwendigkeit zum Überleben. Sauvignon Blanc kann, wenn überhaupt, nur eine Sortimentsabrundung darstellen. Und selbst da bin ich skeptisch. Schließlich haben wir ja auch noch die Scheurebe. Eine dankbare Rebsorte, die, macht man es richtig, dem Sauvignon Blanc geschmacklich sehr nahe kommt.
Ein solcher Vertreter, nahezu in Perfektion, ist die Scheurebe vom Weingut Weegmüller in Haardt in der Pfalz. Frisch, knackig und präzise. Nicht aufdringlich und immer auf der Höhe, so wie die Weegmüller-Mädels, die das Weingut managen. Allen voran die Chefin, Steffi Weegmüller. Eine gestandene Winzerin, eine Bilderbuch-Pfälzerin, immer authentisch, immer geradeaus. Ihre Scheurebe ist Jahr für Jahr herausragend. Die 2010er geradezu phänomenal! Und das Ganze für schlappe 8,00 Euro. Übrigens: die Frau kann tanzen wie weiland Olivia Newton John. Ich spreche hier aus eigener Erfahrung, ich habe gerade kürzlich den John Travolta dazu gegeben.
Für das Protokoll:
Die Scheurebe ist übrigens die einzige entnazifizierte Rebsorte. Urspünglich sollte sie „Scheus Liebling“ heißen. Ein Name, der gerade in unserer Gegend und in unserem Dialekt eher unglücklich gewesen wäre. Das „eu“ spricht man in Reinhessen und in der Pfalz meistens als „ei“. Also entschloss man sich, sie Dr. Wagner Rebe zu nennen. Wagner war Reichsbauernführer. Nach dem Krieg hieß sie dann zunächst Sämling 88 (das ist die ursprüngliche Bezeichnung), bis man sich entschloss, sie dann doch nach ihrem Züchter, Georg Scheu, zu benennen.
Ich denke auch, dass beim Riesling bleiben solange es klimatisch geht eine kluge Entscheidung ist. Vielleicht als “Zweitmarkt” die Rotweine nicht vergessen; Aber auf keinen Fall so radikal wie ein Prof. Dr. Hoffmann, der Deutschland als ein zukünftiges Rotweinland begreift (alles Dornfelder, oder was??). Pflege der Traditionsrebsorten solange es klimatisch geht und etwas neuer Mix dazu…so könnte es gehen. Gerade startet in anderen Ländern der “Summer of Riesling”..
Sauvignon blanc sehe ich keinesfalls als Ersatz für Riesling, Scheurebe oder was auch immer, sondern als Ergänzung des bestehenden Rebsortenspektrums. Eine (weitere) Nische. Ich persönlich mag diese Sorte, vorausgesetzt, es springen mir nicht von Aromahefen induzierte Gerüche in die Nase (Stichwort: Simi White). Das Ideal eines Sauvignon blanc wird für mich auch nicht von der lauten Übersee-Aromatik verkörpert. Die steirischen Sauvignons, die diese Stilistik nachäffen, liegen mir ebenfalls nicht. Hier schätze ich eher die “gelbfleischig” geprägten Weine der Loire und – eben auch – aus Deutschland. Dass es hier auch sehr viel Mist gibt, auch von ansonsten renommierten Winzer, ändert nichts daran, dass die Sorte durchaus ihre Berechtigung hat. Frag’ mal Herrn Männle aus Pfaffenweiler, warum er bereits in den Neunzigerjahren den Riesling aus seinen Weinlagen verbannt hat und seitdem auf Sauvignon blanc setzt! Dafür gab es gute Gründe. Und dann probiere ruhig einmal den 2010er von Georg Mosbacher in Forst (falls du das nicht schon getan hast)! Solche Weine möchte ich (als Abwechslung zum Riesling und auch Speisenbegleiter, etwa zu Fisch) nicht missen. Und was die Scheurebe angeht, so bin ich ein entschiedener Gegner davon, aus der Scheurebe mit Gewalt einen Sauvignon blanc zu machen. Die Scheurebe ist eine sehr eigenständige Sorte mit ebensolchem Charakter. Leider gibt es nur noch wenige, die mit ihr umgehen können und solche Weine erzeugen, wie sie etwa ein Hans Günter Schwarz hervorgebracht hat. Mit einem Sauvignon waren diese nie vergleichbar. Wenn ich mir dagegen einige Exemplare dieser Rebsorte, die sie mir heute unterkommen, ansehe, kann ich mich mit Grausen von diesen Weinen abwenden. Das ist aber nicht nur das Problem der Scheurebe, auch andere Rebsorten, vor allem Weiß- und Grauburgunder, werden von Winzern gerne zu Sauvignon-ähnlichen Derivaten umfunktioniert. Dass diese Mutanten von Weinkritikern noch goutiert und mit hohen Bewertungen versehen werden, setzt dieser armseligen Darbietung noch die Krone auf.
@Werner
Auf Weegmüllers Etikett steht: “Der Pfälzer SB” oder so ähnlich. Sie sind sich halt eben doch ähnlich, daran gibt es nichts zu deuteln. Und ganz ehrlich: “Simi White” ist alles nur keine Hefe, mit deren Hilfe man SB-Aromen irgendwo rauskitzelt, wo keine hingehören. Aber wie Du richtig sagst, kein Mensch braucht “Sauvignon-ähnliche-Derivate”. Deswegen mag ich ja so gerne die Scheu. Und was das Ineal eine SB angeht, da kannich nur sagen: das gibt es nicht, denn die Geschmäcker sind verschieden. Du magst das “gelbfleischige”, ich das grüne. Jeder wie er möchte. “Laut” ist die Übersee-Aromatik für Dich, für mich nicht. Und selbst wenn, ich mag es gerne laut!
Ich hätte da mal eine Idee… als Alter Cuvée Spezialist empfehle ich die Bildung einer Schrieslirebe, also eine Cuvée aus Scheurebe und Riesling… Dazu müßte man einfach nur einen “Schrieslirebe” – Wettbewerb ins leben rufen… zur Verkostung die passenden Weinjournalisten mit enormer Reichweite einladen und einfach eine nette Startgebühr verlangen…
@Patrick
Als völlig unprofessioneller Weinamateur habe ich eine Frage an die Insider: Warum wird das Weingut Weegmüller in “Wein spricht Deustch” ausführlich gewürdigt, kommt aber im Gault-Millau nicht vor (oder übersehe ich den Eintrag?)?. Vielen Dank für eine entsprechende Einschätzung.
M. Heinz
Pardon, jetzt habe ich die Weegmüller-Schwestern doch gefunden und meine Anfrage hat sich erübrigt.
M. Heinz
Wie soll das noch sein mit der SIMI Hefe (eigentlich aus Chardonnay in Kalifornien SIMI Weingut kommend) wer will oder möchte da was erreichen ?? … da gibt es doch andere Aroma Hefen die auch noch vom Sauvignon kommen meine da R2 … hoffe dies war nicht zu fachlich. Ferner finde ich es doch super spannend was man aus der Scheurebe oder denke auch an Kerner in Richtung Sauvignon Blanc machen kann muss ja nicht immer das Original sein.