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Schluß mit Stammtischparolen!

In Griechenland ist die Hölle los, der Staat ist pleite, die Menschen leiden und in Deutschland analysieren die Stammtische die Gründe und Ursachen für den Niedergang. Was diese “Griechenland-Experten” vergessen, ist das griechische Volk.

Mein Freund Markus Stolz (Elloinos) ist gerade wieder einmal bei uns zu Besuch. Er schreibt seit über einem Jahr unsere Griechenland-Kolumne auf dem Blog. Markus lebt seit vielen Jahren in Griechenland und erlebt hautnah, was das zur Zeit bedeutet. Er ist jetzt seit drei Tagen hier, auf dem Land, und das was er sich da so anhören muss ist schon wirklich mehr als grenzwertig. Für ihn war das Grund genug, seine Gedanken einmal kurz und prägnant aufzuschreiben.

Ich bin momentan mal wieder geschäftlich in Deutschland unterwegs. Gestern abend wurde ich von einem Bekannten begrüßt, der mich als erstes lächelnd fragte „wie es denn momentan so sei“ in Griechenland. Auf meine besorgte Antwort, dass die Situation extrem schwierig für jeden Bürger ist, bekam ich sofort die für mich schockierende finale Zusammfassung ins Gesicht geschmettert: „Klar, das ist doch wegen Eurem ganzen Schwarzgeld“.

Boom, das saß. Danke für die Aufklärung, endlich wurden mir die Augen geöffnet. „Wir“, also also griechischen Bürger plus diejenigen die sich Griechenland als Heimat erkoren haben, sind selber schuld dran. Wir sind schuld daran, dass jeder einzelne von uns ein echtes Sorgenpaket trägt. Wir sind schuld daran, dass wir an Steuererhöhungen ersticken. Wir sind schuld daran, dass zeitgleich viele Vergünstigungen wegfallen, und die Löhne sinken. Wir sind schuld daran, dass viele Kleinunternehmen bereits dicht gemacht haben, dass die Arbeitslosenquote auf 16% hochgeschossen ist, dass knapp 30% der unter 25-jährigen keinen Job haben, dass in den letzten 12 Monaten 50000 junge kreative Leute ins Ausland abgewandert sind.

Die Situation ist schlimm – jede Familie kämpft um ihre Existenz. Eine Tankfüllung kostet nicht mehr 40 Euro, sondern 70 Euro. Der Autobahnmaut ist deutlich teurer, die Benutzung öffentlicher Verkehsmittel schneidet deutlich mehr ins Fleisch. Die Mehrwertsteuer wurde bereits von 19% auf 23% erhöht. Viele Leute verlieren ihre Arbeit, diejenigen die noch angestellt sind, bangen jeden Tag um ihren Job. In Athen gibt es eine wohltätige Organisation, bei der man umsonst etwas zu essen bekommen kann. Vor 12 Monaten lag die Altersgruppe derjenigen, die dies in Anspruch nahmen, bei 60 bis 70 Jahre. Heute ist das Alter bereits auf 40 bis 50 Jahre gesunken.

Das Volk ist schwermütig geworden, vorbei sind die Zeiten in denen fröhlich gelacht wurde. Wenn ich heute Freunde einlade, blicke ich in von Sorgenfalten gekennzeichnete Gesichter. Aber wir zahlen, weil wir wissen dass es nicht anders geht. Mein Bekannter dagegen fühlt sich von „uns“ ausgenutzt. Seine Hilfsbereitschaft als deutscher Steuerzahler habe die Schmerzgrenze überschritten. Weil „wir“ ja auch noch die Frechheit haben, gegen die Sparmaßnahmen zu demonstrieren. Ich möchte eins klarstellen, „wir“ randalieren nicht auf den Straßen Athens. Mensch, glaubt der deutsche Bürger das wirklich? Gibt es nicht auch in Deutschland genügend Autonome, die jeden Anlaß nutzen, um zu randalieren? Und wie würde sich denn das deutsche Volk in einer solchen Situation verhalten?

„Wir“ haben täglich Tränen in unseren Augen. „Unser“ Leben ist komplett durcheinander gewirbelt worden. „Unsere“ Ängste sind extentiell! Wie kann es sein, dass Leute wie mein Bekannter fühlen, dass er persönlich für uns bezahlt? Hat der deutsche Bürger höhere Steuern zu zahlen? Meines Wissens nach wird doch eher über Steuersenkungen diskutiert. Hat der deutsche Bürger wegen „uns“ weniger Geld in der Tasche? Fakt ist, dass die Bundesregierung bisher ganz gut an „uns“ verdient hat. Die deutsche Beteiligung von 22 Millarden Euro an Krediten am Hilfspaket gegen hohe Zinssätze hat bisher zu Gewinnen geführt. Das deutsche Defizit steht gut da – weil Anleger aus den Krisenländern in deutsche solide Staatsanleihen flüchten. Ein netter Nebeneffekt.

Bisher zahlen „wir“ – das ist die Realität, und die lässt sich klar und deutlich monetär messen. Und weniger klar, aber nicht weniger aussagekräftig in Tränen, Sorgen, und Angst. Natürlich trägt Deutschland Risiko – aber momentan lässt es sich dieses Risiko gut bezahlen. Alle sprechen davon, dass Griechenland pleite ist. Ob die Pleite kommt oder nicht, hängt von richtiger Hilfe ab. Die Selbstbemitleidung meines Bekannten, der die Schmerzgrenze seiner Hilfsbereitschaft überschritten hat, gehört nicht dazu. Er hatte gestern einen sehr fröhlichen Abend und hat oft so richtig herzhaft gelacht. Gut für ihn dass er so unbesorgt lachen kann, obwohl er ja für „uns“ bezahlt, trotz „unserem“ ganzen Schwarzgeld.

46 Kommentare zu “Schluß mit Stammtischparolen!

  • Peter

    Schwarzgeld? Schlimmer ist doch das Schmiergeld – und das zahlen in Griechenland besonders deutsche Rüstungskonzerne und Siemens gerne…

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    • Dirk Würtz Post author

      @Wolfgang
      Natürlich sind die Griechen schuld, denn sie haben jahrzehntelang nichts gegen ihr merkwürdiges System getan, sondern bequem darin gelebt. Solche Parallelen sehe ich übrigens auch hier in Deutschland. Das heißt aber nicht, dass alle Griechen Faulenzer sind und von unserem Geld leben!

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  • paradoxus

    Mal abgesehen von der ganzen widerlichen BILD- & Co.-Hetze und dem Jammer in Griechenland — es ist schon eine hochspannende Frage, wie das Land jemals aus der Misere kommen soll. Selbst wenn von heute auf morgen die Schulden weg sind (Insolvenz?), alles privatisiert wurde, was geht, jeder Grieche brav Steuern zahlt, die korrupten Eliten in schummrigen Gefängnissen schmoren, die unglaubliche Staatsquote zurück gefahren wurde … äh, was würde dort produziert, exportiert? Wer würde dort investieren? In was? Was gibt es, jenseits von Tourismus und ein wenig Landwirtschaft (und jahrzehntelage Transferzahlungen wie nach Ostdeutschland), für Aussichten dort, damit der Wohlstand auf dem heutigen Niveau bleibt?

    Und noch was: Nicht nur Paul Krugman ist der Meinung, dass Deutschland einen Gutteil Mitverantwortung für die Misere im Euro-Raum trägt. Stichwort: Lohndumping, staatliche Ausgabenkürzungen, Exportüberschüsse, fehlender Binnenkonsum, exzessive Sparraten usf.

    Was für Griechenland und andere Staaten fehlt ist ein Gesamtkonzept: Sparen bis der Arzt kommt, die Binnenkonjunktur abgewürgt ist und in den Straßen die Revolte lodert? Weiter Geld in die griechischen Schulden pumpen mit dem Effekt, dass das Geld Griechenland ja nie erreicht, sondern flugs in die Tilgung fließt (und damit auf Umwegen meine Anlagefonds rettet)? Oder oder? Klar, ich habe auch keinen Masterplan, aber ich finde es hochirritierend, dass diejenigen in Brüssel, Berlin, beim IMF oder sonstwo, die 10.000 EUR monatlich für’s Nachdenken bekommen, seit einem Jahr wie planlos umherirren und maximal gutes Geld dem schlechten hinter her werfen. (Mit dem einzigen Erfolg: Ackermann & Co. verkünden jedes Jahr Rekordrenditen, in den PIIGS gehen die Lichter aus, und wir nehmen seit Jahren Reallohnverluste hin, während die bundesdeutsche Infrastruktur verrottet).

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  • Wolfgang

    @Dirk
    Genau so sehe ich es auch. Am Anfang des Artikels drückte sich mir da einfach etwas viel, ich sag mal, „Selbstbedauern“ durch. Aber klar sollte eigentlich jedem sein, dass die Motivation des Handelns erst mal nicht die Rettung der Griechen, sondern die des Euros, bzw. wieder einmal mehr, die der Banken ist. Denn ohne Schuldenerlass wird das Ganze nicht geregelt werden können. Und die Gläubiger zu diesen Schulden waren bis vor einigen Jahren, also vor Milliardenbürgschaften, hauptsächlich Banken. Das die Bürgschaften gezogen werden steht für mich ausser Frage. Und dass es in diesem, unserem Lande schon länger fünf nach zwölf ist, werden auch irgendwann die Stammtischproleten feststellen. Und ich würde heute schon darauf wetten, dass dann, zumindest von denen, keiner daran die Schuld hat.

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  • Eckhard Supp

    Lieber Markus Stolz,

    auch mir gehen die Stammtischanalysten (auch die in unserer Presse und Regierung) gewaltig auf den Senkel. Aber denen kommen wir nicht bei, wenn wir ihrem Lamentieren nur eigenes entgegensetzen, sondern dadurch, dass wir erklären, wie es zu der Situation Griechenlands (und Irlands und Portugals und Spaniens und Italiens) kam und welcher Weg aus dieser Situation führt. Da ist es übrigens auch nicht wirklich hilfreich – Zwischenruf an die andere Seite – wenn wir jetzt dem “Alle Griechen sind Faulenzer” ein ebenso pauschales “Die Deutschen sind schuld, weil sie von der Situation profitiert haben” entgegensetzen. Leider fehlt die Analyse der Situation und der Möglichkeiten in Ihrem Beitrag komplett. Weshalb ich der Meinung bin, dass der uns auch nicht wirklich weiter hilft.

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  • Der Captain

    Es gibt nicht “Die Griechen”. Es gibt eine Schicht Beamte und Verwalter, wie auch Nomenklatura, die sich schier unfassbare Vorteile erworben und diese nicht abgeben wollen. In Folge gibt es Reiche, die als Antwort darauf Steuern hinterziehen (auf Zypern), dass es auf keine Kuhhaut mehr geht. Was wieder auf die kleinen Händler abfärbte, die ihrerseits keine Verbrauchssteuern abführen. Leidtragende ist eine Schicht junger Leute, die keine Arbeit finden. Viele Griechen müssen begreifen, was ein Staat ist und wie er funktioniert. Sie müssen gelinde gesagt ihre Mentalität hinterfragen. Das ist gefordert. Sonst nichts..

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  • Mario Scheuermann

    @paradoxus Das genau ist der Knackpunkt! Selbst wenn es gelingen würde Griechenland auf einen Gesundungskurs zu bringen, wer sollte dort in was investieren? Die Chinesen haben sich in Piräus eingekauft. Es gibt sicher den einen oder anderen Staatsbetrieb, der bei einer Privatisierung saniert und profitabel gemacht werden könnte. Aber das ist es dann schon auch. Und wenn man sieht wie die Gewerkschaften gegen das chinesische Engagement mobil machen, kann man sich ausrechnen, dass es wenige private Investoren geben wird, die Lust haben sich in dem Land gross zu engagieren. Tourismus, Landwirtschaft und Weinbau, Textilien, Schifffahrt und etwas Bergbau reichen als Basis nicht aus.

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  • Markus Stolz

    Ich wollte mit diesem Beitrag schlicht und einfach darstellen, wie der Durchschnittsbürger in Griechenland von der Krise betroffen ist, und damit einmal eine andere Seite aufzeigen. Dies sollte bitte nicht als “Sebstbedauern” oder Schuldzuweisung an Deutschland wegen Profitgier interpretiert werden. Es ging auch wissend nicht darum, zu analysieren wie Griechenland in den Schlamassel geraten ist und wie es wieder raus kommt. Manchmal kann es durchaus effektiv sein, realistische Auswirkungen auf menschlicher Ebene zu beschreiben. Bitte schaut Euch mal dieses Interview mit Hans Dietrich Genscher an, welches heute im nationalen griechischen Fernsehprogramm ausgestrahlt wurde: http://www.youtube.com/watch?v=s6ONof0YmwY&feature=share

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  • Torsten

    Ich frage mich, was diesen Artikel selbst von Stammtischparolen – nur aus der anderen Richtung – abheben soll. Er ist so voller Selbstmitleid, das dem Autor gar nicht einmal der Gedanke aufzukommen scheint, dass das, was die Griechen jetzt hinnehmen müssen zum Großteil auf dem Nichtsehen- und Nichthören-wollen der Vergangenheit beruht.
    Es gibt wenige Staaten, die so über ihre Verhältnisse gelebt haben, wie Griechenland, u.a. auch aufbauend auf einem Euro, der in der echten wirtschaftlichen Lage des Landes nie dort hätte eingeführt werden würfen.
    Ja, das war nicht die Schuld des einzelnen Bürgers, sondern die der Politik, die schamlos falsche Statistiken geliefert hat.
    Aber das Pensionszahlungen für unverheiratete Töchter, 16-18 Monatsgehälter, Rente mit 57 auf Dauer nicht leistbar sind und irgendwann zu tiefen Einschnitten führen müssen, das hätte auch dem Bürger auffallen können. Aber der hat weiterhin Politiker gewählt, die sich mit solchen und anderen Wohltaten populär gemacht haben.
    Und die Ausnutzung jedes Schlupfloches in der Steuergesetzgebung (das beispielhaft, so lange als unfertig und damit steuerbegünstig geltende Haus, so lange noch irgendwo Baudraht andeutet, es könne noch irgendwann ein Dtock draufgesetzt werden ist nur eines der populärsten und überspitztesten Beispiele).
    Und nein, es sind eben nicht die deutschen Banken, die in Griechenland am meisten involviert sind, sondern die französischen. So ist es kein Wunder, dass sich die französische Regierung am vehementesten gegen die notwendige Umschuldung und für die “Rettung” ausspricht. Aber natürlich nicht so, dass Frankreich den größten Teil dazu beitragen soll, sondern Deutschland.
    Aber auch das ist natürlich wieder nur eine Stammtischparole…

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  • Christian G.E. Schiller

    Schnellstens aus dem Euro raus, kraeftig abwerten und Schuldenmoratorium kann ich nur empfehlen. Die Einfuehrung des Euros und Aufgabe der nationalen Waehrungen war ein kapitaler Fehler der Europaer. Dieser Fehler muss schnellstens korrigiert werden.

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  • Alexandra Christodoulopoulou

    Ich bin Griechin und lebe in Athen. Ich hab manchmal das Gefuehl, man kann im Ausland die Politik nicht vom normal-Buerger, vom griechischen Mittelmann trennen! Wir leben in der Realitaet, und haben schon Selbstkritik ausgeuebt. Man HAT ja schon zurecht hierzulande gesagt: die einzigen die in der Vergangenheit Verantwortung in diesem Land uebernommen haben sind Terrororganisationen. Das stimmt. Aber diejenigen, die die Konsequenzen leben und erleben sind die breite Masse, der Mittelstand, die Unterschicht und auch die Oberschicht, jeder Grieche! Die gesamte Nation. Das ist kein Selbstmitleid, es sollte informativ fuer den Aussenstehenden sein: Wir, der griechische Mittelstand, kaempfen grad mit den Konsequenzen vorheriger Politik und es geht uns nicht darum Schuld zuzuweisen, das ist was, was Medien verkauft und den oberflaechlichen Menschen anspricht. Es geht uns darum, WAS eine konstruktive Loesung ist, WIE wir die Opfer die wir taeglich bringen, unsere und hauptsaechlich unserer Kinder, auch in eine tragbare Zukunft fuer sie umwandeln koennen – das geht nur mit Hilfe, und wenn die Aussenwelt genau DAS Problem so erkennt. Und wenn jemand hoeren will, dann hoert er genau das.

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  • Mario Scheuermann

    Raus aus dem Euro wäre eine totale Katastrophe für Griechenland. Das Land würde zum hilflosen Spielball von Währungspekulation. Letzte Konsequenz: total Ausverkauf zum Schnäppchenpreis.

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  • Torsten

    @Alexandra: Natürlich geht es nur mit Hilfe, aber die größte Hilfe bringt nichts, wenn es kein Erkennen der eigenen Fehler gibt. So lange in Griechenland nicht erkannt wird, dass die Einschnitte, die jetzt stattfinden nur logische Folge des Fehlverhaltens der letzten Jahre und Jahrzehnte sind, wird sich nichts ändern.
    Wenn sich nicht grundlegende Dinge ändern, wie die lasche Steuermoral, das Nichterkennen, was eigentlich “Staat” bedeutet, so lange werden die größten Hilfen UND die größten Einschnitte nichts bringen.
    Und doch: Das ist Selbstmitleid! Jahrelang hat man vollkommen irrwitzige Leistungen des Staates als normal hingenommen, hat es als normal angesehen, wenn man Steuern nahezu ohne Konsequenzen hinterziehen konnte (und viele fassen es heute fast als Affront auf, wenn sie plötzlich Steuern zahlen sollen), wenn in einigen Betrieben 18 Monatsgehälter gezahlt wurden, wenn die unverheirateten Töchter von Beamten eine Pension bezogen haben und und und… alles Dinge, die es in keinem anderen Staat der EU in dieser Form gab oder gibt.
    Und weil das jahrelang so ausufernd lief müssen jetzt auch die Einschnitte entsprechend massiv sein.
    Und dass ist es eben doch Selbstmitleid, wenn man jahrelang offenen Auges in den Staatsbankrott gerannt ist, aber trotzdem alle Leistungen gerne genommen hat und jetzt jammert, wenn alles auf ein Normalmaß zurück gestutzt werden muss.
    Und ja vielleicht auch über das Normalmaß hinaus – aber das wäre nicht nötig gewesen, wenn man es vorher nicht in die andere Richtung weiter über das Normalmaß hinaus getrieben hätte.
    Eine Lösung? Es gibt keine einfache, leichte, schonende Lösung die zu einer tragbaren Zukunft führen könnte. Es gibt nur harte Wege zu einer tragbaren Zukunft.
    An aller erster Stelle steht die notwendige Erkenntnis dessen, was einen Staat ausmacht, was die Verpflichtungen des einzelnen sind, wenn er an dessen Erhalt (und seiner Leistungsfähigkeit) interessiert ist.
    Das passt der alte Spruch: “Selbsterkenntnis ist der erste Weg zur Besserung” perfekt.
    Erst wenn dieser Erkenntnisprozess sich wirklich durchgesetzt hat, dann können weitere Maßnahmen überhaupt erfolgreich sein. Aber solange die Fokussierung auf die sich nun ergebenden Nachteile für das eigene Leben so im Vordergrund stehen wird es mit dieser Erkenntnis nichts werden.
    Wenn doch, dann wären die nächsten sinnvollen Schritte ein komplette Umschuldung, ein Rebooten der Staatsfinanzen, dann natürlich ohne den Euro und ein darauf aufbauender (wahrscheinlich harter und quälend langsamer) Neuaufbau. Sicherlich mit wenigen Investitionen von außen, wegen massiv gesunkener Kreditwürdigkeit und allen anderen Folgen der Umschuldung.
    Aber das ist der einzige Weg, der helfen kann.
    Genau der falsche Weg ist es, Hilfen nach Griechenland zu pumpen. Einerseits, weil diese ohne Erkenntnis und Umschuldung auf Dauer nur versickern werden und kurzfristige Erfolge das eigentliche, viel tiefer liegende Problem überdecken würden. Und andererseits weil das die Fragen der Grenzziehung aufwirft. Wo ist die Grenze bis zu der man einem (in finanzieller Hinsicht) failed state helfen kann? Und wo ist die Grenze, welchen Staaten man hilft?
    Was passiert wenn der nächste Dominostein fällt? Was passiert wenn es Spanien trifft? Was wenn Italien? Oder gar das aktuell wirtschaftlich abgehängte Frankreich?
    Wie sollte man da dann helfen? Gar nicht? Das ginge nicht, moralisch nicht, weil man niemanden erklären könnte, warum man Griechenland gestützt hat aber es bei Spanien, Italien, Frankreich nicht täte. Und es ginge nicht, weil diese Staaten für das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht viel schwerwiegender sind, too big to fail.
    Aber andersrum? In gleichem Umfang helfen, wie Griechenland, wie es dann moralisch und in diesen Fällen von critical states volkswirtschaftlich geboten wäre? Auch das geht nicht. Wie sollte es auch? Wo sollten die Mittel herkommen? Wer konnte Bürgschaften in dieser Größenordnung abgeben – und vor allem, was wäre, wenn diese Bürgschaften fällig würden?

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  • Markus Stolz

    Captain, doch der Analyse von Torsten ist etwas extrem wichtiges hinzuzufügen: Sie beginnt nämlich mit einer Annahme, die alles gleich in ein entsprechendes Licht setzt.

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  • Mario Scheuermann

    @Markus Stolz Die Analyse von Torsten ist keine “Annahme” sondern ein in allen wesentlichen Punkten glasklare und sachliche Beschreibung, was zu den heutigen Verhältnissen in Griechenland geführt hat ohne jegliche Polemik oder gar Häme. Ich würde nur einen Satz korrigieren wollen: nicht auf ein “Normalmass” sondern auf ein “realistisch erwirtschaftbares und damit bezahlbare Mass” muss sich Griechenland selbst zurückstutzen. Dies wird allerdings zu einer niederschmetternden Selbsterkenntnis führen müssen: Griechenland ist ein sehr armes und strukturell nicht konkurrenzfähiges Land.

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  • Markus Stolz

    “Wenn sich nicht grundlegende Dinge ändern, wie die lasche Steuermoral, das Nichterkennen, was eigentlich “Staat” bedeutet, so lange werden die größten Hilfen UND die größten Einschnitte nichts bringen.”

    Dies ist die Annahme, dass sich nichts in Griechenland geändert hat und es so wie früher weitergeht. Kein Fakt, keine glasklare Beschreibung.

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  • Mario Scheuermann

    @Markus Stolz Geändert hat sich in Griechenland sicherlich sehr vieles in sehr kurzer Zeit. Die Frage ist nur wie breit ist der neue gesellschaftliche Konsenz? Die Haltung der Oppositionsparteien und Gewerkschaften scheint mir nach dem was hier ankommt eher kontraproduktiv zu sein. Aber vielleicht täuscht dieses Bild auch.

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  • Der Captain

    Ich kann nicht erkennen, dass die Griechen ihren Staat lieben und schätzen, ganz gegenteilig ziehen sie jetzt auch noch ihre Euros ab und deponieren sie in Zypern. Kann also – bis auf eine gebildete und europäisch geerdete kleine Mittelschicht – keinen Fortschritt sehen. Ich stelle aber generell die Systemfrage. Ist dieses System für Griechenland geeignet. Sollte sich nicht eine Zone ökonomisch schwächerer Länder vereinen und ihre Energien bündeln? Und da zähle ich Italien nicht dazu..

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  • Der Captain

    Und – so ungern ich es sage – Scheuermann hat völlig Recht, das Ergebnis einer Analyse, was Griechenland leisten kann, wird niederschmetternd sein. deswegen ist es besser, die Systemfrage zu stellen. Damit die Leute sich erkennen, ihr Glück suchen und es finden..

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  • Mario Scheuermann

    Die berechtigte “Systemfrage” kann man erweitern: sind bestimmt Länder und Regionen in Europa in ihrer bisher verfassten politischen Form und ihrer traditionellen Kultur in einer sich immer weiter und schneller globalisierenden Welt wirtschaftlich überhaupt lebensfähig? Das fängt beim Beharren auf der eigenen Schrift an.

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  • antonis

    Letztendlich sind wir alle inGR und in DE Opfer einer fiesen oberflaechlichen Meinungsmache die letztendlich den Interessen der Banken der wirtschaftsbosse dient. Kritische Meinungen werden selten gehoert, sie werden meistens nicht an die Oeffentlichkeit getragen. Trotzdem koennen und duerfen die Regierenden nicht unsere Seelen verkaufen. Aufwachen und aufklaeren denn alle Voelker werden frueher oder spaeter Opfer dieses weltwirtschaftlichen monopoly sein

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  • Christian G.E. Schiller

    Vor dem Euro lief es doch ordentlich fuer Griechenland. Griechenland war kein Ueberflieger, kein Asian Tiger, aber die Menschen lebten ordentlich. Erst das Einsteigen der Griechen in das Euroboot hat die Griechen an den Rand des Staatsbankrotts gebracht. Und jetzt muessen die Griechen sich von all den Deutschen Klugscheissern und Leuten wie Junker erzaehlen lassen, was die Deutschen besser machen. Ich rate den Griechen und anderen nur, schnellstens das Euro Boot zu verlassen. Die eigene Waehrung stark fallen lassen, stark expansive Geldpolitik und Schuldenmoratorium.

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  • Torsten

    @Markus
    natürlich hat sich einiges in Griechenland geändert – durch die Maßnahmen von Seiten der Regierung.
    Was das Land aber bräuchte, damit diese (und alle Hilfen von außen) nicht am Ende vergebens waren ist ein Mentalitätswandel, was das Verständnis von und für “Staat” angeht oder wie der Captain das vollkommen korrekt sagt, einen gesamtgesellschaftlichen Konsens über die Notwendigkeit und die Berechtigung der Maßnahmen – und nicht nur das Lamentieren darüber.
    Die Erkenntnis, dass das was jetzt passiert die logische Folge aus dem irrational überspannten Leistungssystem der Vergangenheit ist und die Akzeptanz, dass man die Leistungen des Staates auf das zurückfahren muss, was dieser überhaupt leisten kann.
    Und daraus folgt die nächste logische Konsequenz: wenn weiterhin keine Akzeptanz von Steuern da ist, wenn das Geld woanders gebunkert wird, wenn die Wirtschaft durch die Demonstrationen und vielen Streiks weiterhin Milliarden (und damit der Staat Steuern) verliert, dann ist das was dieser Staat leisten kann eben nochmal geringer und bedeutet noch mehr Einschnitte.
    Konsens und Akzeptanz würde heißen: “Wir streiken jetzt nicht und entziehen dem Land damit nicht noch mehr Wirtschaftskraft, dem Staat in der Folge Steuern, wir zahlen normal unsere Steuern” etc. Aber das sehe ich nicht.
    Man hat vielmehr den Eindruck, die Leute denken, sie würden so irgendein fremdes böses Wesen ärgern, dass sie ach so böse bestraft. Aber das ist doch Unfug, am Ende bestrafen sie nur sich selbst, weil sie dem Staat, von dem sie Leistungen wollen, die Möglichkeit dazu mehr und mehr reduzieren, was am Ende zu noch weniger Leistungsfähigkeit und weiteren Einschnitten führen muss, die dann eventuell zu noch mehr Protesten, Steuerausfällen… man sieht wie sich die Spirale weiterdrehen könnte, wenn sich nicht die Einstellung ändert.
    Die Griechen müssen endlich den Staat erkennen, nicht als irgendein abstraktes Individuum, dass sie einzuschränken versucht, sondern müssen sehen, dass sie selbst der Staat sind, sie am Ende selbst für dessen Leistungsfähigkeit verantwortlich sind etc.
    Aber das sehe ich nicht, dass sich das aktuell ändert.
    Was bringen die größten Hilfen, wenn gleichzeitig dem Staat durch Streiks und Co. diese Mittel auf der anderen Seite wieder entzogen werden?
    Das mag alles nur der Blick von außen sein. Aber manchmal ist der Blick von außen doch der klarere als der eines innen lebenden, weil die emotionale Bindung eines dort lebenden vieles anders erscheinen lässt. Der Blick von außen kann oft nicht schaden.
    Der Grund, warum ich als Tageszeitung neben der FAZ noch die NZZ habe, denn die gewährt mir als Deutschem den Blick von außen auf unser Land. Und dieser ist (zumindest für mich) für das Verständnis unserer politischen Prozesse oft besonders nützlich.
    Und Mario beschreibt auch vollkommen zurecht eine sehr düstere Erwartung der Zukunft Griechenlands, als ein nicht konkurrenzfähiges Land. Und das wird mit jedem Tag schlimmer, an dem die Gesellschaft versucht nicht mit aller Kraft das Land aus diesem Loch zu ziehen und stattdessen dessen Staat durch viele Aktionen immer weiter seiner Leistungskraft beraubt.

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  • Markus Stolz

    Torsten, natürlich verstehe ich Deinen Punkt. Ich sehe allerdings, dass der Bürger genau den angesprochenen Mentalitätswandel durchmacht. Es ist einfach falsch zu sagen, dass dies nicht der Fall ist. Meiner Meinung nach ist die Unterstützung für die staatlichen Maßnahmen sehr wohl vorhanden. Diejenigen die demonstrieren und streiken verlieren nach und nach die Unterstützung des Volkes. Selbstverständlich kann sich ein solcher Wandel nicht von heute auf morgen vollziehen. Meiner Meinung nach sollte man dies durchaus hervorheben.

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  • Alexandra Christodoulopoulou

    Die meisten Kommentare hier scheinen ‘die Loesung’ des Griechenlandproblems anzugehen – kaum etwas, wo ein blogaustausch effektiv sein koennte. Ausserdem ist der Punkt des Ursprungsartikels, ueber den ich mich geaeussert habe ein ganz anderer. Aussenstehende machen es sich zu einfach und sind zu wenig informiert, ueber das, was der Grieche heute durchmacht. Ich lehne den Ausdruck ‘Selbstmitleid’ entschieden als Beleidigung ab. Das liegt nicht in unserem Volk und nicht in unserer Kultur. Vieles mag wahr sein, ueber die Leichtsinnigkeit und aehnliches, was man uns nachsagt. Aber Selbstmitleid hat es in der gesamten Geschichte noch nie gegeben. Der Grieche hat zuviel Stolz fuer Selbstmitleid. Was ich zum Ausdruck bringen moechte ist, dass unser Leben ein harter Kampf geworden ist, die alltaeglichen Sorgen unendlich gross sind, real, echt, fuer heute und morgen. Und mehr als jeder Europaeer hat der Grieche ein kollektives Familiendenken, was die Verantworungen und die Probleme noch viel groesser macht. Da kann man an irgendeinem Stammtisch der Welt so viel philosophieren wie man will, ob es verdient ist oder nicht, und wer Schuld hat, aber wir, der Buerger, der mainstream Grieche hat keine Wahl, und vor allem nicht den Luxus darueber zu diskutieren, sich auszutauschen, dies zu einer intellektuellen Uebung zu machen. Das ist unsere Realitaet. genauso wie Menschen in Afrika hungern, und in Russland die Armen erpresst werden, so leben wir unsere neuen Gegebenheiten, von Unsicherheit, von Unklarheit, von Unglaubwuerdigkeit und stehen jeden Morgen auf mit dem Gedanken, werde ich heute noch Kontrolle ueber mein Leben, mein bisheriges Lebenswerk und die Zukunft meiner Kinder haben? Der Satz ist kein Selbstmitleid. Er dient der Info, fuer diejenigen, die hoeren moechten. Der Rest kann weiter philosophieren.

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  • Markus Stolz

    Abschliessend: Morgen geht es wieder zurück nach Griechenland. Mein Bekannter hat mich fest in den Arm genommen und gesagt “Nimm uns Deutsche nicht so ernst”. Ich muß sagen, das war schon eine große Geste. Und genau darum geht es!

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  • paradoxus

    @Torsten: Danke für die präzise Analyse. Und @Alexandra: Es kommt mir ein wenig degoutant vor, wenn sich der wackre, stolze, familienfreundliche Grieche nun mit hungernden Afrikanern oder Russen, die Mitte der 90er mit 100$/Monat leben mussten (wann? 1998? Pff, du hast ja keine Ahnung von den Lebensverhältnissen dort) vergleicht. Nun ja, ich will nicht sagen, dass mich solche Vergleiche anwidern, aber fast. Und ja, sie sind nur eines: selbstmitleidig.

    Nur als Hint, wo ein gewaltiges Problem Griechenlands liegt: http://www.google.com/publicdata/explore?ds=d5bncppjof8f9_&ctype=l&strail=false&nselm=h&met_y=ne_exp_gnfs_zs&scale_y=lin&ind_y=false&rdim=country&idim=country:GRC:RUS:CZE:HUN:SVK&tstart=-315619200000&tunit=Y&tlen=49&hl=en&dl=en&iconSize=0.5&uniSize=0.035

    Und ja, Griecheland wird sicherlich weiter Transferzahlungen erhalten und nicht von der EU fallen gelassen: denn mit einem Austritt Griechenlands aus der EU (wie wollen sie nur die EURO-Zone verlassen) wäre auch das Projekt EU endgültig gestorben.

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  • Der Captain

    Bei allem Respekt und auch dem Erkennen aller Beschädigungen…Doch genau jetzt und gerade jetzt wäre eine intellektuelle Debatte der Griechen über Griechenland, dieser – wie Du sagst – “Luxus darüber zu diskutieren” dringend notwendig, denn es ist ein Luxus, den sich Griechenland und die Griechen sicher leisten kann. Nur will er nicht geführt werden. Ich kenne das aus meiner Heimat, die ähnliche Strukturen hat (viele Beamte, viele irrsinnige Privilegien), aber auch das Glück einer kräftigen und forschungstüchtigen Industrie, welche die Missstände des Staates (gerade noch) kaschieren kann..

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  • weindeuter

    der Torsten weiß es ja wohl ganz genau, dieses wiwi- Hochsprech ist genau der f.a.z. halbgebildete Stammtisch, gegen den Markus Stolz hier einen kleinen freundlichen Einwand erhoben hat, dem Dirk dafür einen Dank.

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  • Mario Scheuermann

    @Alexandra Christodoulopoulou … und ich dachte immer Philosophie sei die vornehmste der griechischen Disziplinen. Im Ernst. Es mag für Sie nicht so richtig rüberkommen, aber viele Menschen hier machen sich durchaus auch Sorgen um Griechenland und seine Menschen. Aber das allein hilft genauso wenig wie die Transferzahlungen. Die eigentliche Leistung muss aus Griechenland selbst kommen und da könnte ein dialektische Selbsthinterfragung im Stil eines sokratischen Dialoges der Anfang sein.

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  • Mario Scheuermann

    Inzwischen denkt man bei der EU sogar laut über die ultima ratio nach: http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/beitrag/12096359/5934832/EU-Politiker-erwaegen-direkte-Intervention-in-Griechenland-FT.html

    Im Ernst: wahrscheinlich wäre diese Exekutivhilfe und die Entsendung eines hochrangigen Fiskalpolitikers als im Notfall weisungsberechtigtem Berater der EU für Griechenland das Beste, was dem Land passieren könnte, aber das würde den Stolz der Griechen wahrscheinlich zu tief verletzen.

    P.S. ich würde mir im übrigen wünschen, dass dies im Rahmen des Bundesfinanzausgleiches auch mit einigen deutschen Bundesländern passieren würde, die permanent über ihre Verhältnisse leben.

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  • Der Captain

    Die Frage stellt sich aber, was geschieht, wenn alle in ihren Verhältnissen leben? Ob dann auch so viel Wein verkauft wird? Ob dann die Winzer für eine Flasche Riesling € 15,00 verlangen können? Ob unser ganzes Konsumsystem nicht auf das “über die Verhältnisse leben” aufgebaut ist? Die letzten zwanzig Jahre ging es gut. Man soll den Leuten ehrlich sagen, dass sie 50% ihrer Ersparnisse verlieren. So what?

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  • Torsten

    Ach lieber Weindeuter, ich muß um Verzeihung bitten, dass ich nicht mit der Weisheit Deiner TAZ-Bildung gesegnet bin. Natürlich schlagen Deine schlauen Argumente meine irrationalen FAZ-Stammtischparolen um Längen – seltsam nur, das Du kein einziges zu liefern in der Lage bist.
    Dabei müßtest Du mit Deiner großen Weisheit mein Halbwissen doch weit übertreffen.
    Aber wahrscheinlich bin ich gegenüber Deiner gutmenschlichen Größe einfach nur zu unwürdig, Deine großen, einer Offenbarung gleichenenden, Argumente mitgeteilt zu bekommen.
    Um zu zeigen, wie sehr ich Dir huldige, möchte ich Dir noch ein kleines Gedicht darbringen:

    Es war ein kleines Weindeuterlein
    das wollte ein großer Revoluzzer sein
    hatte kein Argument nein, nein
    aber die Griechen konnten nicht schuldig sein
    sondern nur das böse Kapital allein.

    Jetzt aber im Ernst:
    So Leute wie Du, die sich abfällig über andere äußern, aber selbst kein einziges Argument vorbringen können, weil sie schicht intelletuell nicht in der Lage sind, Zusammenhänge zu erfassen und zu verstehen, sind mir wirklich die liebsten.
    Ihr denkt, nur weil Ihr eine Meinung habt, müßte die auch ohne Argument immer und unangreifbar richtig sein. Aber vor einer echten Diskussion scheut Ihr Euch, weil ihr wisst, dass Ihr nichts relevantes zu sagen habt.
    Typisches heuchlerisches Gutmenschentum eben.
    Mach Dir Deine Welt einfach weiter, wie sie Dir gefällt…

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  • Michalis Pantelouris

    @Torsten @Mario Scheuermann @paradoxus So erfreulich eine Auseinandersetzung mit einem so komplexen Thema prinzipiell ist, diese ganzen Annahmen und Behauptungen ohne jede Form von Information, die über den Rand dessen hinausgeht, was die Bild-Zeitung verbreitet, ist nicht nur albern, sondern auch schädlich. Das geht los bei den minimalsten Grundkenntnissen über die griechische Wirtschaft (irgendwo oben steht ja die Frage, “was hat Griechenland denn schon exportiert?”). Es geht weiter mit Ferndiagnosen über die griechische Mentalität, der Behauptung von Selbstmitleid, was wiederum auch noch für völlige Unkenntnis der Lage der Mehrheit der griechischen Bevölkerung spricht und endet im Fall von Torsten mit dem Argument von “Gutmenschentum”, das in sich so verrottet ist, dass ich nicht weiter darauf eingehe.

    Aber um das Halbwissen mal zu schlagen (O-Ton Torsten): Miniale Grundkenntnisse der griechischen Volkswirtschaft würden zeigen, dass die griechische Wirtschaft prä-2008-Finanzkrise weit gehend auf Seeschifffahrt, Tourismus, dem Bausektor und Agrarwirtschaft beruhten (mit einer – oh, mein Gott, wie passt das jetzt? – mit Deutschland vergleichbaren Staatsquote im europäischen Mittelfeld.

    Weiter würde eine kurze Recherche ergeben, dass Griechenland einer Währungsunion angehört, dem Euro, was in den letzten zehn Jahren erwartbar zu einer extremen Preisexplosion und dem folgend zu Lohnsteigerungen geführt hat (die die Preiserhöhungen nicht annähernd ausgeglichen haben, aber das zu sagen gilt unter selbsterklärten Schlechtmenschen wahrscheinlich als Selbstmitleid). Der Vorteil für Griechenland lag – neben der politisch gewollten und bis heute von allen Seiten in der Nach-Kohl-und Mitterand-Ära vernachlässigten inneren Einheit Europas – in den günstigeren Krediten.

    Nun haben Kredite, auch günstige, die Eigenschaft, teuer zu sein. Einen Kredit aufzunehmen lohnt sich nur, wenn man durch Produktivitätssteigerung per Investition mehr Geld an ihnen verdient, als sie Zinsen kosten. Und nun fragen wir einmal bei der OECD nach, welches Land in der Euro-Zone am meisten in die Produktivität investiert hat … hmmm, da passt doch was nicht … Griechenland? Tatsächlich. Dann haben sie ja doch nicht alles falsch gemacht? Wie geht das mit ihrer Mentalität zusammen?

    Aber der Reihe nach: Griechenland steigert also die Produktivität mehr als jedes andere Land, und schafft es trotzdem nicht, innerhalb von zehn Jahren Anschluss an den europäischen Motor Deutschland zu finden, weil in Deutschland die Lohnstückkosten (Produktivität+Arbeitslohn) weiter sinken, weil die Deutschen immer weniger verdienen, während überall sonst die Löhne steigen (müssen, wegen der Preissteigerungen, die in einem Währungsraum unumgänglich sind). Selbst Frankreich verlangt von Deutschland eine Anpassung der Löhne. Außerdem steckt Griechenland im Wandel von der Agrar- zur Dienstleistungsgesellschaft (von den Säulen der Volkswirtschaft oben ist die Landwirtschaft, die in Griechenland oft noch auf einzelnen kleinen Feldern läuft, die von Familien beackert werden, die einzig unproduktive im Sinne von: im Verhältnis zu teure).

    In diese schwierige, aber beherrschbare volkswirtschaftliche Situation platzt die Finanzkrise 2008. Und wenn wir uns die griechische Wirtschaft ansehen, Schifffahrt, Tourismus, Bau, dann sehen wir einige der konjunkturanfälligsten Branchen überhaupt. Das Bruttosozialprodukt gibt extrem nach, die Sozialausgaben steigen. Das ist der Moment, als die Spekulationen gegen Griechenland beginnen. Die Abwärtsspirale setzt ein.

    Das alles beschönigt nicht die Tatsache, dass es in Griechenland zu viel Schattenwirtschaft gibt (40 Prozent im Gegensatz zu den 15 Prozent in Deutschland), aber es ist auch nicht schwer zu verstehen, wenn man denn will, dass Schattenwirtschaft nicht bedeutet, dass das Geld verloren ist. Wer schwaz auf dem Bau arbeitet, zahlt trotzdem Mehrwertsteuer, wenn er einkauft. Es beschönigt auch nicht die grassierende Korruption (allein der freundliche deutsche Konzern Siemens hat hunderte Millionen Euro in Griechenland verteilt). Und es beschönigt auch nicht, dass es offenbar Töchter von Generälen gab, die ohne besonderen Anlass eine Rente bezogen haben. Wer aber glaubt, selbst die Kombination dessen wäre in der Lage gewesen, das Land in diese Situation zu bringen, der steht wirklich auf dem Niveau des Bild-Lesers und steht vor der schwierigen Aufgabe, sich für das insgesamt höher verschuldete Irland (wenn man die Anteile der Zentralbank und der privaten Haushalte mit einrechnet, die in Griechenland nicht stark verschuldet sind) oder in Spanien wieder neue Ursachen auszudenken, weil er das strukturelle Problem nicht versteht.

    Und er ist der billigen Genugtuung beraubt, genau zu wissen, wer schuld ist. Nämlich immer der Kleine, Arme – denn sonst wäre er ja nicht klein und arm.

    Griechenland durchläuft ein beispielloses Sparprogramm, das zum Beispiel die deutschen Bemühungen um Reparation nach dem Zweiten Weltkrieg um den Faktor fünf schlägt (und das ist keine Nazi-Keule, auch wenn der Schlechtmensch das gleich behaupten wird, sondern Volkswirtschaft). Getragen wird es in allerweitesten Teilen von einer Bevölkerung, die weder Steuern hinterzogen noch sonst irgendetwas getan hat, dass die hier gern als gerechte Strafe umschriebene Scheiße rechtfertigt, die wie eine Naturgewalt über sie gekommen ist.

    Torsten, deine Selbstgerechtigkeit allein bringt mich zum Kotzen. Aber deine Selbstgerechtigkeit in Kombination mit dem Nichtwissen, der Resistenz gegen Informationen, die nicht in dein einfaches Weltbild passen und der hier von einigen in “notwendigem Mentalitätswechsel” schlecht verbrämte Rassismus stehen als Stammtischparolen gegen die gastfreundfreundlichste Nation, die man sich vorstellen kann.

    Selbst wenn man doof wäre, müsste man seine Menschlichkeit noch nicht abschalten.

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  • pasta

    @Michalis Pantelouris besten Dank für die Klarstellung des populistischen Dünnpfiffs von Scheuermann & Co.

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  • Wolfgang

    Wieso überrascht es mich eigentlich nicht, dass die Diskussion mal wieder bei gegenseitigen Beschimpfungen und rhetorischer Niveaulosigkeit landet. Ist es denn wirklich so schwer die eigene Meinung ausschliesslich durch Argumentation zu vertreten? Muss denn immer parallel noch der Tritt ans Schienbein kommen? Willkommen am Stammtisch!!!

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  • Moritz Berger

    >Die berechtigte “Systemfrage” kann man erweitern: sind bestimmt Länder und Regionen in Europa in ihrer bisher verfassten politischen Form und ihrer traditionellen Kultur in einer sich immer weiter und schneller globalisierenden Welt wirtschaftlich überhaupt lebensfähig? Das fängt beim Beharren auf der eigenen Schrift an.> Zitat Mario Scheuermann

    Wenn ich diesen Abschnitt lese, dann ist es wohl nicht weit bis zur Euthanasie von Ländern.

    Vielleicht sollten die sich zu Ökonomieexperten ernannten Weinexperten doch einmal Roland Tichy in seiner jetzigen Ausgabe lesen.
    http://www.wiwo.de/blogs/chefsache/2011/06/04/europa-oder-china/

    Die nationale deutsche Arroganz ähnelt in meinen Augen sehr dem wilheminischen Ausspruch:

    Am deutschen Wesen soll die Welt genesen!

    Es fügt sich gut ein, dass die Bild Journalisten Ronzheimer und Blome den Herbert Quandt Preis für Ihre Reportagen zu Griechenland erhalten haben
    http://www.johanna-quandt-stiftung.de/index2.html

    Markus Stolz und Michaelis Pantalouris haben hier sehr gut in der Kürze ihrer Beträge sowohl die menschliche Konsequenzen des Krisenprozesses in Griechenland wie auch die Fakten des ökonomischen Prozesses beleuchtet.

    Ein bißchen FAZ und ein bißchen NZZ hilft uns leider bei der Einschätzung der Situation Griechenlands nicht viel weiter. Auch bei der Weinverkostung reicht es leider nicht aus zu sagen der Wein schmeckt mir gut.

    Warum lesen z.B. Torsten und Mario Scheuermann nicht auch einmal den letzten OECD Report der hier vielfach zitiert worden ist.

    Fakten, Fakten und nicht Stammtischargumente a la Angela Merkel helfen uns eher weiter.

    Vielleicht können wir hier auch einmal ganz konkrete Vorschläge machen, wie Buy Greek Wine!

    Ganz nebenbei wer hat wohl 1945 Deutschland aus dem Konkurs gerettet?
    Schon vergessen???

    Ein bisschen mehr Solidarität könnte man schon von Deutschland erwarten.
    Vor allen Dingen wenn man vielleicht auch noch daran denkt, dass Deutschland gegen Griechenland Krieg geführt hat. Schon vergessen?

    Und was die Stammtischargumente betrifft, dass Deutschland der größte Zahler in der EU sei:

    Hier ein paar Fakten zum Aufwachen:

    Deutschlands Beitrag

    Der deutsche Beitrag zum EU-Haushalt betrug im Jahr 2009 (vor Korrekturen) etwas mehr als 20 Mrd. €. Mit knapp 20 % aller Beiträge der Mitgliedstaaten trug Deutschland vor Frankreich (17,5%) den größten Anteil.

    Allerdings flossen 2009 auch knapp 12 Mrd. € an EU-Zahlungen nach Deutschland, so dass ­der deutsche Netto-Beitrag 2009 vor Korrekturen etwas weniger als 9 Mrd. € betrug. Durch sog. Einmaleffekte (verringerter deutscher Anteil an den Mehrwertsteuer-Eigenmitteln) reduzierte sich der Netto-Beitrag für 2009 nochmals auf ca. 6,4 Mrd. €. 2008 hatte der deutsche Netto-Beitrag noch bei rund 11 Mrd. € gelegen. Aus Deutschland flossen damit zwar netto auch 2009 mehr in den EU-Haushalt als aus jedem anderen Mitgliedstaat. Legt man den Beitrag zum EU-Haushalt jedoch auf die Bevölkerung um (2009: 82 Mio. Einwohner), ergibt sich ein anderes Bild. Der deutsche Pro-Kopf-Anteil am EU-Budget betrug demnach 2009 netto ca. 78 € je Bürger. Pro-Kopf-Spitzenreiter war 2009 Dänemark mit 211 € pro Kopf, gefolgt von Finnland (114 €), Italien (102 €), Frankreich (100 €) und den Niederlanden (90 €). Die anderen Nettozahler waren Großbritannien, Österreich, Schweden, Irland und Zypern.

    Diese Berechnungen sagen aber wenig über die volkswirtschaftlichen Folgen der Finanz- und Wirtschaftsbeziehungen innerhalb der EU aus. So kommen viele Studien zu dem Ergebnis, dass deutsche Unternehmen z.B. von der Öffnung der Märkte der anderen Mitgliedstatten überproportional profitiert haben.

    aus:
    http://tinyurl.com/64mzesz

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  • Torsten

    @Michalis Pantelouris
    Deinen Beitrag an sich finde ich eigentlich sehr gut, eben deshalb, weil Du der erste bist der wirkliche sachliche Argumente von der “anderen” Seite bringt und nicht nur Emotionen.
    Klar gefällt mir Dein Satz am Ende nicht, weil der genau das bringt, was Du selbst anprangerst.
    Bzgl. meiner und der anderen “Lernresistenz”:
    Wo willst Du die belegt sehen? Vor Deinem Beitrag gab es nichts zu lernen, weil wenig bis keine Argumente kamen, aus denen man hätte lernen können. Dein Beitrag ist der erste der Pro-Griechenland-Fraktion, der da was erbringt, und dann lerne ich sehr gerne. Der des Weindeuters, den ich so angegriffen habe hatte genau selbst 0 Argumente, aber trotzdem dachte er seine Meinung sei überlegen, ohne auch nur ein Argument für seine Meinung bringen zu können, und da denke ich weiterhin, greife ich ihn zurecht an.
    Aber auch Deine Positivbeispiele (und die von Moritz Berger) zeigen trotzdem eines eindeutig: Griechenland kam viel zu früh in den Euro rein – dieser Beitritt mit Hilfe falscher Statistiken hat am Ende viel mehr geschadet als genützt, denn die Dinge, die Du als teilweise Ursachen des Problems benennst (Preissteigerung etc.) stehen in direkter Linie zur Einführung des Euro in einer Wirtschaft, die noch nicht bereit dazu war – und das die griechische Volkswirtschaft vielem nicht gewachsen war, liegt u.a. auch wieder in der Mentalität begründet.
    Aber Du hast schon Recht, darin liegt wirklich nicht das alleinige Problem, aber viele Probleme, die aufgetreten sind, stehen dazu in direkter oder indirekter Verbindung.

    Auch die externen Faktoren haben natürlich mit der ursächlichen Entwicklung direkt zu tun – natürlich haben die, auch meiner Meinung nach unethischen, Wetten der Spekulanten auf den Abstieg Griechenlands zu einer Verschlechterung der Lage geführt. Nur waren sie nicht ursächlich, den die Spekulanten wetten in dieser Richtung ja eben nur deshalb, weil sich der Abwärtstrend schon zeigte.
    Hätte es das Gebaren der Spekulanten bzgl. Griechenland nicht gegeben, da sind wir uns sicher einig, dann wäre es nicht so schlimm geworden – aber auch dann wäre die griechische Wirtschaft den massiven Veränderungen auf Grund der gesamtwirtschaftlichen und -gesellschaftlichen Strukturen dennoch nicht gewachsen gewesen. Darüber können auch zeitweise Positivsignale in der wirtschaftlichen Entwicklung nicht hinwegdeuten.
    Aber das sprichst Du ja auch selbst an.
    Nun kann man natürlich sagen, dass auch die Spekulanten die Finanzkrise (mit)verursacht haben und hätte es die nicht gegeben, dann wären die Schwächen des griechischen Systems zwar nicht weniger gravierend gewesen hätten aber nicht diesen Einschlag gehabt etc.
    Aber damit kommen wir doch in eine Kausalkette, die nirgendwo eine Anfang hat, an dem man heute noch ansetzen könnte, denn der Weg zu ungehemmter Spekulation wird doch seit Beginn des vormodernen Finanzwesens beschritten.

    Und ich habe auch schon geschrieben, dass ich nicht gegen Hilfen bin, aber muss es halt sicher sein, dass sich wirklich strukturell an System und Mentalität was ändert, damit diese Hilfen überhaupt greifen können.

    Insofern ist nämlich der Vergleich mit der Situation nach dem WK II vollkommen ungeeignet. Es gab nämlich in D. kein Sozialsystem das so massiv war, es gab meine exorbitanten staatlichen Leistungen, keine Mentalität des nicht Steuern zahlen wollens etc. sondern in großen Teilen der Gesellschaft, die Einsicht, das man gemeinsam anpacken muss, dass für den Wiederaufbau jeder (weitere) Opfer bringen muss und dass es keinen “Staat” gibt, der für alles einstehen kann, sondern das ein neuer Staat eben nur aus der Gesellschaft heraus mit gemeinsamer Anstrengung wachsen konnte.
    Erst auf den wirtschaftlichen Erfolgen konnte unser Sozialsystem und der Reichtum Deutschlands überhaupt entstehen.
    Umgekehrt kann es nicht gehen und deshalb sind die massiven Einschnitte in Griechenland und ihre Akzeptanz notwendig.
    Was nicht heißen soll, dass sich nicht auch in Deutschland einiges ändern müsste, damit wir nicht auch irgendwann in einem System leben, in dem die Leistungen, die als selbstverständlich hingenommen werden nicht mehr geleistet werden können.

    Reply
  • Moritz Berger

    @Torsten

    So ganz verstehe ich Ihre Ausführungen nicht:

    Sie sprechen von exorbitanten Sozialleistungen….

    Wie heißt so schön btte etwas mehr Butter bei die Fische :-)

    liegt u.a. auch wieder in der Mentalität begründet.

    Was verstehen Sie hierunter:

    Nun, wenn ich diesen Artikel hier lese:

    http://tinyurl.com/6ybtqar

    Dann zweifel ich ein bisschen an der Arbeitmentalität der Deutschen :-)

    Aber verlassen wir besser die Stammtischsprüche á la Merkel.

    Eine m.E. gute Analyse der Griechenland- Krise wird auch im Handelsblatt geliefert:

    http://tinyurl.com/6gtkjxk

    Ein Indikator für die Krise in Griechenland ist sicherlich auch das Bildungswesen. Wenn ich in einer Studie der EU lese, dass in Griechenland p.a 950 Mill. € für Nachhilfe ausgegeben werden, pro Kopf ein Vielfaches von dem in.de und.fr läßt dass sicherlich einige Rückschlüsse zu.

    http://www.eu-info.de/dpa-europaticker/188671.html

    Noch ein paar Fakten:

    Wer weiß schon, dass Griechenland zu den fünftgrößten Rüstungsimporteuren
    gehört.
    Wer weiß schon dass Griechenland mit ca. 4% vom BIP die größten Rüstungsausgaben in der EU hat?
    http://www.griechenland-blog.gr/tag/bruttoinlandsprodukt/

    Wenn das Verhältnis von Armee zur Bevölkerung in Deutschland so groß wäre wie in Griechenland, hätte wir 1 Mill. Soldaten ! (.de hat 250.000/.gr 130.000)

    http://www.tagesschau.de/ausland/griechenland958.html

    Hier hätte die EU schon lange eingreifen können, aber die Waffenexporteure in Deutschland haben natürlich kein Interesse an einer Veringerung ihres Absatzes.

    Das die EU letztrlich als Ausichtsbehörde ihre Aufgaben nicht erfüllt hat steht für mich außer Zweifel.
    Das bedeutet auch in Konsequenz, dass wir als Europäer in Haftung genommen werden!

    Aufschlußreich in der Diskussion um die Krise in den südlichen EU Staaten, ist die Tatsache, dass hier Irland hier nur am Rande in der Debatte steht….. Liegt es daran dass es zu den nördlichen EU Ländern gehört??

    Reply
  • Torsten

    @Moritz Berger
    also, mit staatlichen Leistungen, die ich für extrem übertrieben halte meinte ich u.a.
    - Die bisherige Regelung einer extrem frühen Möglichkeit zum Renteneintritt
    - Pensionszahlung auch für Verwandte von pensionierten Beamten
    - staatliche bzw. halbstaatliche Konzerne, die ihren Mitarbeitern 18 Monatsgehälter gezahlt haben und noch dazu 2-3 wöchige Urlaube jedes Jahr.
    Ja, all das wird jetzt nach und nach gekürzt. Aber dass zeigt ja nicht die Mentalitätsänderung in der Bevölkerung sondern nur den Willen der Regierung zur Veränderung, wenn man die Demos sieht, die fast tagtäglich stattfinden und in denen dann noch die EU verunglimpft wird, die das Geld rausrückt (siehe z.B. das Plaket oben):
    http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,766645,00.html
    Auch Forderungen, die Regierung solle lieber nicht sparen, sondern die Gläubiger nicht mehr bedienen, wie sie von Demonstranten, Opposition und Gewerkschaften immer wieder geäußert werden, zeugen nicht davon, dass der überwiegende Teil der Bevölkerung den Ernst der Lage verstanden hat – und auch nicht davon, dass die Mehrheit verstanden hat, was “Staat” eigentlich ist.
    Was soll denn passieren, wenn die Gläubiger nicht mehr bedient werden, der Staat aber weiter Schulden macht? Woher soll das Geld für die Schulden kommen? Wer gibt denn dann noch einen Kredit, wenn die vorherigen mutwillig nicht mehr bedient worden wären?
    Wer kommt dann für die Leistungen auf, wenn die Sparanstrengungen eingeschränkt werden sollen und Steuermoral und Schattenwirtschaft auf dem gleichen Niveau bleiben (sprich: die staatlichen Einnahmen nicht steigen)?
    Wenn schon Gläubiger nicht mehr voll bedient werden sollen, dann aber bitte im Rahmen einer ordentlichen Umschuldung unter Einbeziehung der Gläubiger.

    Zur Frage des griechischen Militärs:
    Das ist vollkommen korrekt, wie Sie das beschreiben. Auch hier müßte natürlich gespart werden.
    Im der Ende Mai erschienen Print-Ausgabe des Cicero war hierzu auch eine interessante Übersicht:
    Die griechische Armee ist nicht nur überdimensioniert was die Mannzahlen angeht sondern auch hinsichtlich des Gerätes.
    Beispiele:
    Deutschland verfügt aktuell über ca. 400 Kampfpanzer vom Typ Leopard 2.
    Griechenland über 1500 (!, also das fast vierfache). Ja, es sind ebenfalls Leopard und somit haben deutsche Hersteller davon profitiert, aber dennoch ist das natürlich vollkommen überdimensioniert.
    Deutschland hat ca. 290 Kampfflugzeuge
    Griechenland mit 288 fast genauso viele (D. aber zum Großteil – ca. 50% – alte F4 Phantom und Tornados, die teilweise nicht mehr einsatzfähig sind und nur 55 moderne EuroFighter, G. dafür viele F16 auf neuestem Stand)
    Deutschland verfügt über 87 Kriegsschiffe, Griechenland über 61…
    Zugute halten muss man Griechenland allerdings, dass der Anteil der Verwaltung und Bürokratie im Militärapparat dort deutlich geringer ist.
    Wenn man nämlich diese Zahlen nimmt, dann hat Griechenland sogar mehr aktive Soldaten als D. – was aber wiederum die Relation zur Einwohnerzahl noch absurder macht.
    Und alles in allem liegt (zumindest den Cicero-Zahlen zu Folge) aber das griechische Militärbudget “nur” bei einem 1/3 des Deutschen – was aber dennoch weit zu viel ist.
    Hier muss sich was ändern, natürlich auch wenn es Waffenexporteure in Deutschland trifft (wobei vor allem die Panzer aus D kommen, Flugzeuge vor allem aus Frankreich und den USA, Kriegsschiffe zu kleinen Teil aus D. V.a. aber aus eigener Fertigung und aus den Niederlanden, Frankreich und den USA)

    Den Punkt des Bildungssystems, denn Sie anführen, kannte ich bisher nicht.
    Dass hier einiges im Argen liegt, wenn es sogar noch schlechter als das deutsche ist, zeigt einiges ;-)
    Nein im Ernst: Ich finde eigentlich sollte die Bildung einer der wenigen Punkte sein, wo nicht gespart werden sollte, denn er ist entscheidend für die Zukunftsfähigkeit des Landes.
    Im Gegenteil: die riesigen Summen die dort für Nachhilfe ausgegeben werden müssen, zeigt dass sich hier eher investiert werden muss.
    Neben dem Mentalitätsproblem kann natürlich auch das Bildungssystem eine große Rolle darin spielen, dass viele Griechen offenbar – trotz ihrer großen antiken Theoretiker zu dem Begriff – ein vollkommen falsches Verständnis davon haben, was der “Staat” ist und leisten kann – nämlich eigentlich immer nur soviel Output wie Input – oder eben Schulden machen muß, die irgendwann auf die Gesellschaft zurückfallen. In Griechenland trifft es jetzt diese Generation, in Deutschland wird es eine der kommenden übel treffen. Aber man kann nicht davon ausgehen, dass sich die Verschuldung der einen Zeit nicht in einer anderen rächt.
    Für die Generation, die es dann besonders trifft, ist das übel – aber das kann die Notwendigkeit der zu treffenden Maßnahmen nicht reduzieren.

    Und natürlich gilt das alles nicht nur für Griechenland.
    In Irland muss dies natürlich genauso gelten. Nur gibt es da den Unterschied dass meinem Eindruck nach die Bevölkerung die Notwendigkeit eher begriffen hat (die Politik weniger als in G.). Denn zu Generalstreiks wie in G. wird dort nicht aufgerufen. Gerade Generalstreiks zeugen aber von mangelnder Einsicht in die Situation. Denn wenn man den eigenen Staat stärken will, sollte das allererste sein, auf Streiks zu verzichten – denn diese schaden Wirtschaft, Staat und Gesellschaft am Ende mehr, als die internationalen Hilfen reinbringen.

    Ich finde meine Ansichten auch nicht “unmenschlich”, wie hier mehrfach kritisiert wurde.
    Menschlichkeit ist schön – aber sie ist auch ein Luxus. Griechenland ist ja nunmal nicht da einzige Land in der EU das vor solchen Problemen steht (wenn auch besonders massiv).
    Und was soll denn passieren, wenn die big Player in der Euro-Zone ins Straucheln kommen sollten, was nicht ausgeschlossen ist. Spanien ist nicht soweit davon entfernt, Italien auch nicht, und nicht einmal Frankreich.
    Wer soll denn dann noch helfen wenn Frankreich strauchelt?
    Wer soll diese Hilfe leisten können? Und wie menschlich und ethisch begründbar wäre es denn dann, den Menschen dort sagen zu müssen: “Tut uns leid, um den Griechen zu helfen war genug Geld im Topf, aber soviel, wie Ihr bräuchtet kann keiner in den Topf einbringen!”
    Deshalb kann und darf Hilfe immer nur Hilfe zu Selbsthilfe sein. Es darf sie nur geben, wenn beim Empfänger der deutliche Wille zu erkennen ist, dass er versuchen wird, so schnell wie möglich wieder von der Hilfe loszukommen und auf eigenen Beinen zu stehen (iund aus den oben genannten Gründen sehe ich das bei größeren Teilen der griechischen Bevölkerung noch nicht, und auch bei dem ein oder anderen griechischen Kommentator hier im Blog).

    Und wie sieht es mit dem ethischen Verhalten gegenüber den Geldgebern aus? Die Geldgeber sind ja auch keine abstrakten Konstrukte sondern am Ende die Bürger der Staaten, die in den Topf Gelder einbringen.
    Und auch Deutschland macht Jahr für Jahr Schulden und wird seine Leistungen für G. nur über neue Schulden finanzieren können und nicht aus Überschüssen. Das mag auf die aktuelle Bevölkerung noch nicht zurückfallen, aber auf eine Folgegeneration wird es zurückfallen, weil Schulden eben nicht einfach verschwinden. Und irgendwann wir auch D. für eine Verschuldung einstehen müssen, und einen Haushalt vorlegen müssen, der positiv ist. Und das geht am Ende auch nur über Sparmaßnahmen oder Einnahmeerhöhungen (sprich: höhere Steuern) denn eine positive wirtschaftliche Entwicklung reicht dafür nicht aus. Ist es dann jetzt ethisch, eine Politik der Menschlichkeit für die Griechen zu betreiben, wenn man weiß, dass es eigentlich den eigenen kommenden Generationen gegenüber negativ ist?
    Dieser Punkt wird meiner Meinung nach viel zu oft von denen vergessen, die immer wieder Menschlichkeit gegenüber Griechenland fordern.

    Und einen letzten Punkt möchte ich gerne noch nennen, weil das hier immer wieder angeführt wurde:
    Ja, Deutschland hat gegen Griechenland Krieg geführt. Aber das kann nicht über Generationen hinweg als Begründung für die schwäche der griechischen Wirtschaft herhalten.
    Deutschland hat auch gegen die Niederlande und Norwegen, gegen Frankreich und Belgien Krieg geführt – und dort noch größere Schäden angerichtet. Trotzdem steht die Wirtschaft dort nicht so schwach da wie in Griechenland.
    Nun könnte man sagen: Diese Staaten mussten auch nicht auch noch nach dem WK II unter einer Militärdiktatur leiden.
    Aber was ist mit Polen, Tschechien etc.? Auch gegen die hat D. Krieg geführt, und die waren nach dem WK II viel länger Opfer von Diktaturen, von Kommunismus und Sozialismus und der dort üblichen Misswirtschaft. Aber dennoch haben die es geschafft sich in viel kürzerer Zeit zu erholen und stabilere wirtschaftliche Strukturen aufzubauen.
    Den WK II heute noch ständig als ursächlich für die strukturellen Probleme Griechenlands zu nennen, ist nicht mehr, als ein Versuch von den eigenen Fehlern Griechenlands abzulenken und zu einen Sündenbock für die Misswirtschaft der letzten Jahrzehnte zu suchen.

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