In den vergangenen Jahren waren Öko-Weine, korrekt Weine aus Trauben aus ökologischem Anbau, eines der Top-Themen. Eine wahre Öko-Welle schwappte über die bundesdeutsche Weinwelt. Das letzte Indiz hierfür war die enorm große Nachfrage solcher Weine bei großen Kellereien.
Wenn die größten Kellereien des Landes den Öko-Weinen hinterher jagen, wie der Teufel nach der Seele, dann heißt das insbesondere eines: Der LEH und die Discounter sind mit von der Partie. Und so war es auch! Alleine hier in Rheinhessen herrschte zwischenzeitlich fast schon eine Hysterie. Für Öko-Fassweine wurde so viel Geld bezahlt, dass es sich beinahe nicht mehr lohnte, den Wein überhaupt noch in Flaschen zu füllen. Wie alles im Leben hatte aber auch diese Medaille eine Kehrseite – die Umstellungswelle rollte an. Sie war zwar nicht so massiv, wie der Dornfelder-Boom, aber sie war da.
Grundsätzlich ist es natürlich zu begrüßen, wenn ein Winzer seinen Betrieb auf eine ökologische Arbeitsweise umstellt. Wenn aber der Antrieb einzig und alleine die Aussicht auf höhere Fasspreise ist, dann ist das wenig nachhaltig und auch nicht wirklich zukunftsweisend.
Und nun? Die Öko-Welle ist verebbt, zumindest die im LEH und in den Discountern. Da sind kaum noch deutsche Öko-Weine zu finden. Sprich, der Verbraucher hat sich am Regal gegen diese Produkte entschieden. Im Fachhandel hat Öko so oder so nie eine breite Schar von Sympathisanten gefunden, die das auch großflächig verkaufen wollen. Der Öko-Wein ist nun wieder da, wo er früher auch schon war, nämlich in der Nische. Nische heißt in diesem Fall Bioläden, spezialisierte Weinhändler und Öko-Supermärkte. Das ist ja auch kein Wunder. Einem “Tegut…” glaubt man in Sachen Öko-Wein-Kompetenz eben per se eher mehr, als einem LIDL.
Sind wir einmal ehrlich und selbstkritisch, so ist der Begriff “öko” doch mittlerweile -leider- arg ramponiert. Zuviel Schindluder wurde mit diesem Begriff getrieben. Der Terminus “öko” hat auf einmal etwas Belangloses. Nicht zuletzt auch “Dank” denen, die immer und immer wieder behaupten, “Ökos” oder “bio-dynamisch” zu sein und sich aber nicht zertifizieren lassen. Damit besteht keinerlei Sicherheit für den Konsumenten, nicht einmal die kleinste.
Aber es besteht Hoffnung. Ein Silberstreif am Horizont ist zu sehen und der heißt “Nachhaltigkeit”. In diesem Kontext wird auch “Öko” wieder in einem anderen Licht erscheinen. Seit kurzem gibt es etwas Neues: Fair Choice, ein Siegel für Nachhaltigkeit. Da wird nicht nur schön darüber geredet, sondern ganz konkret versucht zu definieren, was Nachhaltigkeit ist und wie man nachhaltig arbeiten kann. Das läßt sich übrigens ganz schnell auf drei Dinge plakativ zusammenfassen: ökologisch verträglich, sozial gerecht und ökonomisch stabil.
Alle Infos zu Faire Choice gibt es hier
“Öko” war mal in etwa wie “Full HD”. Keiner wusste was es ist, wie es schmeckt oder aussieht, aber jeder wollte es haben.
Aber ein Nachhaltigkeitssiegel ist doch genauso “nachhaltig” wie ein Ökosiegel. Da kann ja auch jeder (noch einfacher) sagen er produziere nachhaltig – auch ohne Siegel.
Man müsste den Konsumenten doch einfach nur die Strenge, mit denen Ökobetriebe kontrolliert werden und die starken Auflagen, nahe bringen. Und das ist Aufgabe der Ökoverbände. Außerdem muss da dann auch eine geschmackliche Qualität dahinter stecken und die muss auch geprüft sein. Die Leute können ja nur nach einem Siegel schauen wenn sie wissen dass sie auch was gescheites bekommen. Und dieses Markendenken haben (mit Verlaub) Burger King oder McD besser verwirklicht als jeder Bioverband. Das müsste sich ändern!
Grüße,
Felix
Das der Öko-Weine wieder in die Nische wandert mag auch daran liegen, dass er vom Verbraucher nicht als Lebensmittel wahrgenommen wird. Da entfällt der Gesundheitsaspekt („ich lebe gesünder und besser wenn ich Bio kaufe“) weitgehend. Bleibt nur noch die Frage „wie schmeckt er“, und da haben sich die Bio-Weine im LEH und Discounter nie besonders hervor getan, und der Preis. Der ist auch höher als bei vergleichbaren „Nicht Bio Weinen“.
ich denke Bio braucht ein Gesicht und das haben Fassweinverkäufer und der LEH nicht. Auch wenn man ein fikives auf Plakate druckt, dann glaubt das keiner mehr. Das geht vielleicht nur noch bei der Milch.
Es gibt zu viele Verbände, es gibt zu viele Logos, es gibt zu viele Richtlinien. Nicht 3 von 1000 Leuten wissen was Demeter tut oder ist.
Unglücklicherweise sind die Verbände nicht die einzigen die Bio Logos entwerfen.
Dass die Öko-Weine im LEH abnehmen, kann ich als jemand, der diese Weine täglich herstellt, absolut nicht bestätigen. Es ist höchstens der Fall, dass deutsche Ök-Weine zunehmend durch ausländische ersetzt werden. Denn diese kosten, besonders beim Jahrgang 2010, nicht mal ein Drittel. Und im LEH geht der Verbraucher zu aller erst mal nach dem Preis. Ob, der Wein nun ein Gesicht hat oder nicht, interessiert die meisten Käufer im Supermarkt wohl eher wenig. Das kann man nicht vergleichen mit denjenigen, die beim “kleinen” Winzer hochwertige Weine kaufen, die im kleinen Stil produziert wurden, denn es handelt sich prozentual nur um einen geringen Anteil der Weintrinker Deutschlands.
@kellerchef
Die Rede ist einzig von deutschen Öko-Weinen. Und klar, die werden ersetzt. Meine Rede…
Die Öko-Weine wurden größtenteils schon vor dem Jahrgang 2010 ersetzt. Schade einerseits für die deustchen Weine, anderseits aber wmoglich gut für die Ökoweinszene im kleinen Stil.
@Kellerchef
Das ist ja das, was ich sage. Öko, deutsch im Discounter hat nicht geklappt. Ich sehe das allerdings ähnlich wie Du, sicher nicht soooo falsch für die Ökoszene. Andererseits auch irgendwie schade…
Dirk, bei dem Begriff “Nachhaltigkeit” und dem Siegel “Fair Choice” vermisse ich hier von Dir nähere Erläuterungen für Deine Leser.
Nachhaltigkeit bedeutet ja u.a. auch die Beachtung der sg. Ökobilanz und wenn ich Bio-Weine aus Argentinien beim Discounter beziehe, dann ist das in diesem Hinblick natürlich Schwachsinn. Konventionell aus Deutschland gewinnt dabei in der Ökobilanz gegen alle anderen Länder.
)
Auch das ist Nachhaltigkeit (und übrigens auch Kork, aber das will ich hier nicht vermischen
Aber ‘Ökobilanz’ ist eben auch nur ein Teilaspekt, wenn es um Nachhaltigkeit geht. Meiner Ansicht nach ist es hier auch nicht zielführend, Äpfel mit Birnen zu vergleiche. Und da wir grad bei Äpfeln sind: die CO2 Bilanz eines im Winter importierten, südafrikanischen Apfels kann durchaus besser sein, als die eines deutschen … Transport hin oder her: ein argentinisches Weingut auf der grünen Wiese mit Solarzellen eigenem Brunnen und dergl. kann Weine mit einer Ökobilanz herstellen, die zum Beispiel ein deutscher Steillagenwinzer niemals errreichen kann. Und Transport? Bestimmt hat auch schon mal jemand die Auswirkungen betrachtet, wenn ein Container Wein mit dem schiff aus Australien nach England bringt oder ein Container mit dem LKW aus Baden nach England fährt. Ein weites Feld … und wichtig, sich damit auseinanderzusetzen. Find ich gut …
@Sascha
Absolut richtig. Entscheiden für die Bilanz ist nicht, ob der Apfel 10.000 km gereist ist. Kleines Beispiel: Den Ökos sagt man nach eine schlechte CO2 Bilanz wegen der häufigeren Spritzerei zu haben. Das ist gar nicht mal sooo gravierend. Viel gravierender wirken sich Eisenstickel im Weinberg aus, nur mal so als Beispiel
Das Problem von vielen Öko-Winzern ist sicherlich,das sie sich nur über den Begriff Öko od. Bio darstellen wollten.Die Qualität ist dabei sehr oft unter die Räder gekommen.Den meiner Meinung nach gibt es sehr wenig wirklich guter deutscher Öko-Weine.
Pardon, aber das ist Quatsch!
@Felix
Was ist Quatsch?
…dass es wirklich wenige wirklich gute deutsche Ökoweine gibt. Diese Sache mit der minderen Qualität bei deutschen Biowinzern ist Quatsch! Mir fallen spontan mehr Weingüter die hohe Bioqualität machen ein … ach was schreib ich da, das weiß doch jeder!
Vor 15 Jahren war das vielleicht noch problematisch. Und zugegeben, im LEH / Discounter (wird ja oben auch richtig diskutiert) ist es das noch. Aber deutsche Bioweine – da gibts viele TipTop Produzenten und Weine!
@Felix
Da hast Du völlig Recht!!!
Auf die Gefahr hin, dass ich mich hier in die Nesseln setze: Für mich sind die Begriffe “Discounter” und “nachhaltige Bioweine” (oder wie sie auch immer gelabelt werden) Gegensätze, die man nicht miteinander kombinieren kann. Für den Discounter zählen Preis und Wiedererkennbarkeit, egal welcher Jahrgang da drin steckt. Ein Winzer, der den Bio-Gedanken vollständig verinnerlicht hat (also Weinberg plus Keller), wird immer ein bisschen elitär sein, und vor allem ist er kein Freund des “Glattbügelns”. Letzteres ist aber bei Massenweinen unvermeidlich, und andere werden im Discounter oder LEH nicht angeboten. Wenn die deutschen Bio-Weine aus den deutschen Discountern verschwinden, kann das den deutschen Winzern, denen es um die Idee dahinter geht, eher nützen als schaden.
Viele Grüße, Matze
Ähm, mich würde interessieren, was ihr – speziell Dirk – von dem Heilbronner Institut, respektive deren FairChoice haltet. Ist das jetzt wieder nur ein weiteres Siegel in der ohnehin schon unübersichtlichen Medallienlandschaft oder bringt das was?
Kann mir mal jemand erklären warum jeder in den Medien immer auf der Sau reiten will, die gerade mal wieder ein dumm-dreister Marketing-Mensch durchs Dorf treibt? Trend-Forscher, selten habe ich eine gerissenere Inszenierung, der sonst gar nicht so angesehenen “Wahrsager” erlebt und nichts anderes sind Trend-Forscher, warum also nicht gleich auf den Jahrmarkt gehen und in die Glaskugel schauen lassen?
Sag mal Dirk, wie kommst Du auf die Idee, dass der Fachhandel das Thema BIO nicht aufgenommen hätte? Nur weil er nicht komplett auf BIO-Erzeuger umgestellt hat? Schau Dir mal die Prospekte der guten Händler von vor 10 Jahen und heute an, Du wirst einen deutlich höheren BIO-Anteil entdecken. Natürlich ist BIO heute im Fachhandel ein Argument und ich bin sicher, dass der Trend hier zu BIO anhalten wird. Nur wie alles andere ist für einen guten Fachhändler die Art der Erzeugung erst mal zweitrangig, entscheidend ist im Glas.
Und genauso entscheiden sich heute viele der Toperzeuger auf BIO umzustellen, weniger um das Label auf die Flasche zu packen, als vielmehr um die Qualität der Produkte zu verbessern. Dass man damit auch ein Verkaufsargument bei einem nicht unerheblichen Teil des Klientels bekommt, da wird sich keiner wehren.
Nur weil ein Teil der Medien einen Trend beerdigt, heißt das noch lange nicht, dass das Thema wirklich tot ist. Trends sind Schall und Rauch, da brauchen die Medien jeden Tag einen Neuen um den Lesern und anderen Rezipienten immer mal etwas Frisches bieten zu können.
Und zum neuen Label “Nachhaltigkeit”, was soll das denn sein? Öko + Klimaschutz? Oder soziale Dinge wie Kinderarbeit, gerechte Löhne noch dabei? Oder auch ethische Dimensionen? Oder lassen wir das lieber mal ganz bewusst schwammig, dass jeder Marketing Mensch das Label völlig inhaltsleer transportieren kann?
Sorry da war mir zuwenig Fleisch am Knochen, so oberflächlich und ohne echte Recherche sollte man das Thema nicht in einem Beitrag verwursten.
Ach @Armin…was soll den das Gekeife? Schau Dir den DINE link an, dann weisst Du Bescheid. Natürlich spielen alle diese Dinge eine Rolle. Nur mal als kleines Beispiel: Um Die Nachhaltigkeitszertifizierung zu bekommen, musst Du sogar ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen und natürlich Deine Mitarbeiter gerecht entlohnen uswuswusw. Da ist überhaupt nichts schwammig, ganz im Gegenteil, das ist sowas von konkret, dass es viele gar nicht schaffen werden! Und hir geht es nicht um einen Trend, sondern um Fakten!
gefunden unter http://www.fairchoice.info/de/news/news/2011/januar/17/erste-betriebe-der-weinwirtschaft-mit-dem-nachhaltigkeitssiegel-fairchoiceR-zertifiziert/
17.01.2011
Erste Betriebe der Weinwirtschaft mit dem Nachhaltigkeitssiegel FairChoice® zertifiziert.
Zertifizierung einer Kellerei und eines vollstufigen Weinguts mit dem FairChoice®-Siegel abgeschlossen. Gutachter lobt stichhaltige Kriterien.
Die Entwicklung des Nachhaltigkeitssiegel FairChoice® ist erfolgreich abgeschlossen und die Vergabe des Siegels an die Kellerei Weinmann Organics und das Weingut Neumer in Uelversheim, Rheinhessen, welche als Pilotbetriebe an der praxisnahen Siegel-Entwicklung mitwirkten, war ein voller Erfolg.
Entgegen anderer Nachhaltigkeitssiegel, die derzeit am Markt sind, bestehe das FairChoice®- Siegel des Deutschen Instituts für Nachhaltige Entwicklung aus „Kriterien mit Biss“, wie er es bei noch keinem anderen Siegel gesehen habe, so Dipl.-Ing. Raphael Artischewski, Geschäftsführer der CORE Umweltgutachter GmbH, der die externe Begutachtung der Pilotbetriebe derzeit übernimmt. Die Begutachtung erfolgte am 29.12.2010, die FairChoice®-Urkunde wird im Rahmen der BioFach in Nürnberg verliehen.