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Johner-Elch-Wein-Test Tag 85

Gehe ich Euch eigentlich auf die Nerven mit diesem Test? Ihr dürft es gerne ganz offen sagen und die entsprechenden Kommentare hinterlassen. Der Test kann so oder so nicht mehr lange gehen, ich habe in den Flaschen nur noch Wein für höchtens zwei oder drei Durchgänge ;-) Diejenigen, die noch nicht genervt sind, können dann ja jetzt hier weiterlesen…

2009 Sauvignon Blanc Gladstone, Neuseeland, 14 % Alkohol

Tag 1: Stachelbeere, Pfirsisch, ein Hauch von Leder und deutliche Passionsfrucht. Der erste geschmackliche Eindruck ist sehr zurückhaltend, die Säure ist spürbar, ein Hauch von Bitterkeit hängt sich an meinen Gaumen. Der Alkohol ist kaum spürbar, die Mineralität springt mich an und versucht mich zum trinken zu überreden. Geht nicht, ich bleibe  standhaft, auch wenn der unendlich lange Abgang wie ein kleines Teufelchen mich in Versuchung bringen will. Der Geruch steht im Glas wie ein Monument.

Tag 2: Schon beim Einschenken riecht es gewaltig nach Stachelbeere. Heute kommt ein wenig der Schwefel im Geruch durch und eine neue Komponente erscheint: Zitrusfrüchte. Alles wirkt taufrisch. Der Bitterton im Geschmack hat sich deutlich reduziert. Die Zitrusfrüchte sind nun auch schmeckbar und der Wein ist unverändert lang.

Tag 5: Die Frucht ist nun ganz deutlich da. Ich rieche reife Stachelbeeren, Kiwis und einen Hauch Orange. Der Geschmack ist jetzt auf dem Höhepunkt, vermute ich mal. So gar nicht mehr verschlossen. tolle Säure und Mineralität und ganz viele Südfrüchte.

Tag 6: Ich mache kurz: Keine gravierenden Veränderung zu gestern. Riecht gut und schmeckt immer noch prima!

Tag 7: Es ist kaum zu glauben, aber die Frucht wird immer besser. Erinnert mich an dickes, eingekochtes Kompott. Geschmacklich ist das Ganze völlig in der Balance. Kein Hauch von Oxidation oder Müdigkeit. Toll!

Tag 13: “Der helle Wahnsinnn”, sagt meine Frau und redet vom Geruch. Recht hat sie, nicht der Hauch von Oxidation. Reinste Frucht von reifen Stachelbeeren  und frisches Gras! Jeder Schluck schmeckt nach mehr und einem schönen Sommerabend auf der Terasse. Ach ja, schmeckt nach Südfrüchten…

Tag 15: Was soll ich zu dem Wein noch sagen??? Meine Frau lacht und freut sich. Der Wein ist der helle Wahnsinn!!!

Tag 22: Allgemeines Gelächter… Der Wein ist immer noch absolut köstlich. Frisch, tolle Frucht und so überhaupt kein Anzeichen von Oxidation, Müdigkeit oder was auch immer. Nach drei (!) Wochen! Unglaublich!!!

Tag 28: Frische Stachelbeere, Zitrusfrüchte. “Elloinos” ist völlig erstaunt und meint: “Ich dachte Du hättest beschissen… das ist ja unglaublich!” WIR BESCHEISSEN NICHT! Der Wein ist im allerbesten Zustand, null Oxidation.

Tag 49: Ich weiß, es glaubt uns niemand… aber dieser Sauvignon Blanc steht nach wie vor wie eine eins. Das ist absolut unfassbar, so etwas habe ich noch nie erlebt…nach sieben Wochen. Ein klein wenig schmeckt der Alkohol vor, aber nicht unangenehm. nach wie vor ein genialer Wein, der wunderbar nach Stachelbeeren riecht und schmeckt. UNKAPUTTBAR!!!

Tag 63: Ganz ehrlich Ihr lieben Blogleser… ich weiss gar nicht mehr was ich noch sagen soll. Ich bin bald 20 Jahre im Geschäft, aber ich habe noch etwas Vergleichbares erlebt. Der Wein ist, ohne einen Hauch von Zweifel, frisch wie ein Gebirgsbach… oder was auch immer. Ich habe keine Ahnung warum das so ist, nicht einmal einen Hauch von Vermutung. Es ist einfach so. Diesen Wein muss man kaufen, trinken und einfach nur Spaß dabei haben!

Tag 76: Der Geruch ist unverändert gut und frisch. Stachelbeeren und frisches Gras. Und einen Hauch von Spargel. Kein Anzeichen von Oxidation oder dumpfen Tönen. Im Geschmack stellt sich ein leichtes “Krauttönchen” ein. Nicht schlimm, aber schmeckbar. Ansonsten steht das Zeugs immer noch wie eine EINS!!!

Tag 85: Ich bin ausgeschlafen, habe zwei Tage lang nur Wasser getrunken und ordentlich gegessen. Geistig bin ich auch auf der Höhe, voll konzentriert sozusagen. Warum diese lange Vorrede? Ganz einfach: Ich muss mich selbst hinterfragen, ob bei mir alles völlig in Ordnung ist. Der Geruch des Sauvignons hat sich KOMPLETT verändert. Es riecht, als wäre ein Lastwagen voller gelber und exotischer Früchte in meinem Garten geparkt und 100 Menschen würden sich darin suhlen und aalen. Es ist kaum zu beschreiben, aber es riecht traumhaft! Das kleine Krauttönchen aus der vergangenen Woche ist weg. So weit weg, als ob es nie da war. Der Wein schmeckt gigantisch (trotz des mikroskopisch kleinen Schlückchens das ich habe). Genaugenommen schmeckt er wie ein Sorbée von Maracujas. WAHNSINN… und es hört gar nicht auf !!!

2007 Chardonnay “SJ”, Bischoffingen, 13.5 % Alkohol

Tag 1: Mein erster Gedanke: “Was ist das?”. Ganz ungewöhnliche Gerüche, die mir so eher fremd sind. Nicht unangenehm, einfach nur anders. Beim dritten reinriechen habe ich es gefunden. Ein Hauch von Banane und ganz reife Kiwis. Verrückt! Im Mund eher zurückhaltend und nicht so wirklich lang, eher sogar etwas kurz. Wirkt alles in allem sehr verschlossen.

Tag 2: Heute rieche ich deutlich etwas Holz, die Kiwi ist auch noch da. Der Wein ist nun deutlich präsenter als gestern. Er wirkt auf einmalig sehr cremig und körperreich. Das Öffnen gestern hat ihn deutlich nach vorne gebracht und ich entdecke nun im Geschmack die Banane, die ich gestern gerochen habe. Der Geschmack bleibt ewig an meinem Gaumen kleben.

Tag 5: Aha… auf einmal riecht der Wein nach Spargel und Passionsfrüchten. Top frisch, nicht der Hauch von Oxidation. Die Säure hat sich total im Wein eingepasst, alles wirkt sehr harmonisch.Der Wein beginnt sich zu öffnen, ich würde mal auf einen, maximal zwei Tage tippen, dann ist er perfekt.

Tag 6: Der Geruch ist heute etwas zurückhaltender. Heute rieche ich hauptsächlich rote Beeren. Alles riecht immer noch frisch und sauber. Der Geschmack wird immer besser. Allerdings kommt heute ein wenig der Alkohol durch. Ich denke noch einen Tag, dann ist er perfekt.

Tag 7: Der Wein ist heute im Geruch etwas indifferent und floral. Meine gestrige Prognose muss ich en wenig revidieren. Die einzelnen Komponenten stehen ein wenig nebeneinander.

Tag 13: Der Geruch wird immer zurückhaltender. Er erinnert an Lychees und überreife Bananen. Der Wein wirkt extrem cremig im Mund und schmeckt ein wenig nach Karamelbonbons und etwa buttrig. Nicht den Hauch von müde oder oxidativ.

Tag 15: Die Lychees sind weg, dafür riecht es jetzt nach Aprikosen. Frisch, klar nicht den Hauch von Müdigkeit. Schmeckt einfach nur gut!

Tag 22: Leicht parfümiert aber super elegant im Geruch. Riecht nach Quitten und Honigmelonen. Im Geschmack etwas bitter, ansonsten ein Maul voll Wein. Frisch!

Tag 28: Riecht ein wenig nach frischen Heu und Steinen (Elloinos). Null Oxidation! Geschmacklich Tipp Topp. Besser als mancher Chardonnay, der gerade eine Minute auf ist. Karamelltönchen, Banane und eine animierende Säure.

Tag 49: Der Wein riecht ein wenig nach Feuerstein. Absolut keinerlei Oxidation. Tipp-Topp. Immer noch Banane und extrem cremig.

Tag 63: Null Anzeichen von Oxidation, ich weiss, ich wiederhole mich. Der Wein steht wie eine eins, einzig ein kleines Bittertönchen stört im ersten Moment den Genuß. Das verflüchtigt sich aber ganz schnell wieder. Irre!

Tag 76: Der Wein treibt mich in den Wahnsinn. Ich war fest davon überzeugt, dass er heute fertig sein muss. Nichts dergleichen. Alles unverändert. Das Bittertönchen hat sich nicht verschlimmert. Schmeckt alles einfach nur gut.

Tag 85: Oh… ich entdecke eine leicht malzige Note im Geruch… und einen Hauch von Oxidation. Sollte es jetzt langsam so weit sein??? Komischerweise riecht es jetzt auch nach Spargel… Oh ja… im Geschmack merke ich es jetzt auch… da wird einer langsam ein wenig müde. Na ja, nach 85 (!) tagen darf er das auch. Ich bin gespannt auf den nächsten Versuch. Ich habe auch nur noch eine Menge für maximal zwei oder drei Testtage :-(

Ein Kommentar zu “Johner-Elch-Wein-Test Tag 85

  • manupulciano

    Super Test, muß ich unbedingt auch ausprobieren!
    Um welchen Sauvignon Blanc “Gladstone” handelt es sich dabei?

    Reply

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