Alles über Wein und den Rest der Welt…

Die meisten deutschen Weine sind langweilig…

sagt Weinkritiker und Autor Hugh Johnson in der Welt online. Na wenn das mal nicht ein Hammer ist! Diese Aussage sollte doch eigentlich für einen Riesentrubel sorgen…

Und gleich noch ein Hammerzitat hinterher: “Ein großer Teil des deutschen Weingebietes ist eigentlich ungeeignet zum Anbau von echten Qualitätsweinen, und die erlaubten Erträge sind viel zu hoch, um guten Wein zu machen.” Das Ganze wird dann aus der Sicht des Angelsachsen versucht zu erklären. Die Weine sind zu süß und haben zu wenig Säure.

Und damit es auch der Letzte versteht um was es geht, legt er gleich noch einen hinterher: “Seit dieser Katastrophe von 1971 rechnen wir in England bei deutschen Weinen nur noch mit einer Art Zuckerwasser, das einen tollen Namen hat – deswegen vermeiden wir es, das zu trinken. Die süddeutschen Weine mit weniger Säure haben uns so oder so nie interessiert. Und es ist doch schon interessant, dass Mosel-Saar-Ruwer heute das einzige international anerkannte deutsche Weinanbaugebiet ist. Und dass die Landesregierung von Rheinland-Pfalz dieses Gebiet, das eigentlich Weltkulturerbe sein sollte, mit einer Autobahnbrücke ruiniert, macht mich sprachlos. Hat Schönheit in Deutschland keine Lobby mehr?”

Ich gebe zu, dass sind harte Worte! Aber ist es nicht spannend zu hören und zu lesen, wie über uns und unsere Weine gedacht wird?!  Noch dazu vom “Präsident – Welt am Sonntag Weinclub”.

Ich finde übrigens, dass er gar nicht so unrecht hat, der Mr. Johnson. Zumindest was das Gesetz von 1971 betrifft. Da meine ich insbesondere die unsägliche Grosslagengeschichte. Ansonsten ist dieser Artikel eher aus der Rubrik: “HÄ?”


Nachtrag: Noch gar nicht so lange her, da hat Herr Johnson so über deutsche Weine gesprochen(Vorwort zum ersten Großen Gewächs Katalog des VDP 2002):

AUFGEPASST! – DIE DEUTSCHEN KOMMEN
Ich bin ein Weinliebhaber, dessen Leidenschaft für die Großen Weine des Rheines, der Mosel
und des Mains fast abgöttische Formen annimmt. Es ist die erbauende, durchschaubare Klarheit
einer großen Spätlese, Auslese oder eines Kabinettweines, die ich liebe. Der Wein ist für mich
wie eine Linse, durch die man die Lage erkennt, auf der er gewachsen ist – interpretiert in neun von zehn Fällen durch den Riesling. Die Erfahrung zeigt uns, dass sogar unreife Jahrgänge reifen können, sehr langsam, erst in alten Holzfässern, dann in schlanken Flaschen, so lange bis die Konzentration erreicht ist. Nach zwanzig Jahren weicht die exzessive Säure und offenbart eine beinahe unvergängliche Zukunft. Deutsche Weine leben im Keller Seite an Seite mit den großen Gewächsen von Bordeaux und das für die gleiche Zeit oder sogar länger.

Hugh Johnson

Und noch ein Nachtrag:

Man überliest es schnell, aber irgendwann merkt man es dann doch. Der besagte Artikel in der WELT beginnt wie folgt: “Seitdem sie der Gault Millau zu Zahlungen aufgefordert hat, rumort es unter deutschen Winzern. Ein Gespräch mit Weinkritiker Hugh Johnson. Herr Johnson, in den letzten Wochen gab es in der deutschen Weinszene große Aufregung: Berühmte Winzer begehrten gegen den Weinführer Gault Millau auf, weil der sie aufgefordert hatte, freiwillig 195 Euro zu zahlen, damit sie künftig mit der Nennung ihrer Weine im Führer werben könnten. Die Winzer sprachen von “gekauften Bewertungen”, Chefredakteur Armin Diel trat sogar zurück. War diese Aktion des Gault Millau nicht ein bisschen dämlich?

Dieser unsägliche Blödsinn, den Hugh Johnson da von sich gibt, wird abermals ausgelöst durch die Gault Millau Geschichte. Selbst für einen derartigen Quatsch muss dieses Thema jetzt herhalten…

14 Kommentare zu “Die meisten deutschen Weine sind langweilig…

  • creezy

    Och nö, das kann ich nicht unterschreiben. Das klingt eher nach jemanden, der sich seit 1971 nicht mehr wirklich mit unserem Land als Weinland auseinander gesetzt hat. Deutschland produziert mittlerweile die allerbesten Rieslinge weltweit und die es je gab. Wir haben uns mindestens wieder auf guten alten Standard entwickelt, wenn nicht noch weiter.

    Gut, das mit der Autobahnbrücken und fehlender Schönheitslobby, das lasse auch ich so stehen. ;-)

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  • Iris

    Na ja, wenn man weiss, dass die meist verkauften Weine (nicht nur aus Deutschland) irgendwo zwischen 2 €und 2,50€ liegen und im Supermerkt vgekauft werden (auch in England), dann wundert dieses Urteil nicht so sehr, da gelten eben noch die alten Vorlieben und Vorurteile… Herr Johnson hat persönlich sicher auch Zugang zu den besseren Weinen, aber um die geht es in dieser Aussage svermutlich gar nicht, da sie, wie viele gute Weine aus anderen Herkunftsländern eben nicht massenhaft ausgeführt und gekauft werden.

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  • Pingback: „Langweiliger deutscher Wein“ – Imagewerbung tut not! | Baccantus

  • Lars

    Zugegeben: Die Masse hat keine Klasse – aber ist das nicht in allen großen Weinbauländern der Fall? Da gebe ich der Iris recht und glaube auch, dass Johnson darauf zielt. Aber er zielt sehr ungenau, besonders wegen diesem abstrusen Säure-Quatsch. Selbst in Südbaden haben wir in normalen Jahren (also nicht extrem seltene Jahre wie 2003) ausreichende Säurewerte. Er hat allerdings ein bisschen recht, was die Süße angeht. In den letzten Jahren werden vermehrt “trockene” Weine mit Restsüße bis zum Anschlag in den Verkehr gebracht – weil´s den Verbrauchern wohl so schmeckt. Aber was soll´s, wer durchgegorene Weine ohne Zugabe von Süßreserve sucht, wird sie finden – in feiner Qualität aber sich nicht für 2,50.-€.

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  • Jo

    Zur Erläuterung: Die Briten trinken (fast) ausschließlich klassischen restsüssen deutschen Wein (also Riesling), sofern sie Qualität suchen. Ansonsten Liebfraumilch, Piesporter Michelsberg und Niersteiner Gutes Domtal. Daher die Gleichgültigkeit gegenüber den süddeutschen Gebieten, die sich selbst im Bezug auf Riesling Spätlesen und Auslesen kaum als ernsthafte Konkurrenz für Mosel-Saar-Ruwer und die nördlichen Rheinweingebiete erachten würden.
    Allgemein stimme ich Johnson zu, was das quantitative Übergewicht langweiliger Weine hierzuland betrift. Aber ich stimme ihm auch zu, wenn er schreibt (oder schreiben läßt): “Nehmen Sie sich vor, mindestens einmal im Monat einen wirklich feinen deutschen Wein zu trinken. Das wird ihren Sinn für Reinheit und Finesse schärfen – und Ihnen die meisten Chardonnay-Tropfen grob erscheinen lassen.” (aus: Der kleine Johnson 2005, S. 188)

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  • Karl Keule

    Liebe weinliebende Hausmeistergemeinde,
    also dieser Herr Johnson ist doch bezahlt, von wem auch immer. Vollkommen unqualifiziert diese Bemerkungen, steckt bestimmt der Gau Millot hinter. Es gibt sehr gute Tropfen des Weines in deutschen Landen! Wie sag ich immer so schön, egal wo er her kommt, schmecken muß er und darf am nächsten Tag keinen dicken Kopp machen.
    In diesem Sinne wünsche ich einen hausmeisterlichen Schoppen
    Karl Keule

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  • Christian Hörtrich

    Hallo,
    diese Polemik gegen den dt. Wein war schon im Vorwort zum “Kleinen Johnson” 2008 zu spüren, das ich damals auf wein+ ziemlich polemisch kommentiert habe (was mir Schelte von Sam eingebracht hat). Wie auch immer, ich habe seitdem um alle Johnson-Produkte einen großen Bogen gemacht und werde dies auch weiterhin tun. Soll er doch trinken, was er will und uns den “langweiligen” deutschen Wein überlassen…

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  • Michael Pleitgen

    So ganz unrecht mit seinen Anmerkungen zu Parker oder den Industrieweinen hat Hugh Johnson wohl nicht. Leider eine Tatsache: Wenn man sich ansieht, was an Deutschen Weinen in UK in den Regalen steht, dann ist das meist immer noch Black Tower&Co. Aber so verbohrt sind die Briten nicht: Jancis Robinson ist ein Fan deutscher Rieslinge und kommt gerne nach Deutschland (zuletzt bei der Prowein) Hier hat sie in 3 Minuten zusammengefasst, was zu Deutschland zu sagen ist: Try again! http://bit.ly/txCQs

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  • Michael Liebert

    Ich hab seit 25 Jahren mit Weinen aus Italien, Spanien und Übersee zu tun und wundere mich seit Jahren… Wie soll das gehen? Hohe Lohnkosten, grenzwertige klimatische Bedingungen und vor allem die relativ kleinteiligen Betriebsgrößen in Deuschland. Und wenn man in einen Supermarkt geht, egal, ob in UK oder in Deutschland, dann kommen die billigsten Weine aus Deutschland! Wie soll das gehen? Und diese unsäglichen Qualitäten sind wohl immer noch die Regel. Also sollten wir daran arbeiten, dass die wirklich guten, interessanten deutschen Weine eine Plattform bekommen…

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  • Biene

    Ich trinke nicht das Weingesetz, sondern den Wein. Und da habe ich in Deutschland durchaus immer noch welchen gefunden, der alles andere als langweilig war – und das zu bezahlbaren Preisen!

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  • knalli

    Da ich Hugh Johnson doch schon einige Male getroffen habe, frage ich mich, was da in Wahrheit beim Interview geredet wurde – und was der Journalist dann weggelassen hat, um das Interview reisserisch zu machen.

    Anders kann das nämlich nicht entstanden sein, denn Hugh liebt deutsche Spitzenrieslinge. Und das hat er auch schon oft publiziert. Dieses Interview klingt für mich, wie wenn da einiges aus dem Zusammenhang gerissen wurde. Geht ja auch ganz einfach, das kann ich auch. ;-)

    Lieben Gruss

    Knalli

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  • Pelli

    wo lest Ihr denn, dass der sich mit seiner Kritik auf Supermarktweine bezieht? Er spricht nur “von der grossen Masse” und als Kritiker kennt er mit Sicherheit auch die deutschen Spitzenweine. Schwer zu glauben, dass ein Kritiker so undifferenzierte Kommentare von sich gibt. Ist er in diesem Artikel nun Kritiker oder Engländer? Ich fahre auch nicht nach England und gehe davon aus dass es da nur Fish und Chips gibt….

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