Mitte Juni hatte der Gault Millau angekündigt künftig einen neuen Weg bei der Erstellung seines Weinführers zu gehen. Ein Brief wurde an alle im Führer vertretenen Weingüter geschickt, mit dem Vorschlag einer freiwilligen Jahresgebühr von 195,00 Euro (wir berichteten hier). Dieser Brief wurde in zahlreichen Blogs und Foren sehr kontrovers diskutiert, danach herschte ersteinmal Ruhe. Wie sich heute herausstellt war diese Ruhe trügerisch. Einige der absoluten Spitzenwinzer in Deutschland haben sich zusammengetan und gestern einen offenen Brief an den Christian Verlag, den Heimatverlag des Gault Milau geschickt. In diesem Brief kündigen sie quasi die Zusammenarbeit mit dem Weinführer. Zu den Unterzeichnern dieses Briefs gehören solche Größen wie Dönnhof, Fürst, Heymann-Löwenstein, Knipser Meyer-Näkel, Leitz, Egon Müller und Gunderloch. Eine erste Reaktion auf diesen Brief kam heute bei Welt-Online. Unter der sehr prägnanten Überschrift: “Deutsche Winzer erklären Gault Millau den Krieg”. Eine für meinen Geschmack eher mißlungene Schlagzeile. Krieg ist beispielsweise in Afghanistan. Wir wollen es doch jetzt mal nicht übertreiben, hier geht es schließlich nur um einen Weinführer. Dennoch bin ich gespannt, wie sich diese Geschichte weiterentwickelt und ob sich da noch andere Betriebe anschließen. Wir bleiben diesbezüglich am Ball…
Immer mehr Weinführer verscherzen es sich mit ihrem “content”, z.B. auch die “Bibel” in Ö, Peter Mosers Falstaff-Guide, der zur Unzeit Fassproben einfordert, die dann fern der Heimat probiert werden. Oder auch nicht …
Warum macht’s man nicht so wie der Namensvetter in Ö: man nehme ausgewählte Weinexperten (Journalisten, Sommeliers, Liebhaber), gibt Ihnen vielleicht 30 Betriebe (nicht mehr) zum Testen, und zwar vor Ort, gegen eine kostendeckende Pauschale. Die Aufnahme in den Führer bleibt gratis, und auf Wunsch kann man sein Etikett ablichten lassen für 300,- € (was quasi eh jeder macht). Werd’ Armin Diel mal ansprechen am Sonntag, wenn er auch in Mainz ist.
Ich empfehle diesen Renegaten sich etwas näher mit dem Schicksal Franz von Sickingens und andere Reichsritter zu beschäftigen, damit sie nicht enden wie Florian Geyer und seine Schwarze Schar.
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Florian Geyer wurde erstochen und Franz von Sickingen starb indirekt an den Folgen einer Kanonenkugel.
Der letzte überlieferte Satz von Franz von Sickingen:
Allein Gott die Ehr – lieb den gemeinen Nutz – beschirm die Gerechtigkeit!
Ob die ” Abtrünnigen ” Renegaten sind???
“Er ist eine Art Widerstandskämpfer, der die herrschende Macht und die damit vorgegebenen Überzeugungen ablehnt. Im Gegensatz zum Konvertiten wechselt der Renegat nicht zu einem neuen System über. Zum Teil leistet er in der Folge passiven oder gar aktiven Widerstand.”
Wenn Gault Millau im finanziellen Engpass ist, dann ist es m.E. unabdingbar zu einer Kostendeckung zu kommen. Und die das Premium-Angebot ist mittlerweile in allen Branchen üblich… siehe z.B. IT-Bereich Anti-Virenschutz:
Basic null Euro /Premium xx Euro
Wenn die Apostaten meinen, dass Sie ” Marktmacht ” haben , dann müssen Sie eben testen:
no risk no fun
P.S.
Zitat von Mario Scheuermann:
“Meiner Einschätzung nach stehen sie einer publizistischen Front gegenüber, die breiter ist, als ihnen lieb sein dürfte.”
eine militärische Einschätzung der zu erwartenden (kriegerischen ) Auseinandersetzung???
Mich würde es interessieren ob diesem Offenen Brief Gespräche mit den Herausgebern vorausgegangen sind?
Wenn nein, dann fehlt es an der ausreichenden Kommunikation (und trotz des Mediums Wein
Wie schreibt Dirk Würtz so treffend:
Erlaubt ist……… was Spaß macht
Den Beteiligten wäre ein Grundkurs im Harvard Konfliktmanagement zu empfehlen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Harvard-Konzept
Klar, Krieg ist das nicht. Aber ich glaube auch, dass es nicht “nur um einen Weinführer” geht. Vielmehr ist das Thema ja doch eher die Unabhängigkeit und Zukuft von Weinjournalismus und -bewertung. Abhängigkeit an 195,- € festzumachen greift zugleich dann etwas kurz, zumal der Verlag ja beteuert, dass dies keine Auswirkungen im Bereich der Bewertungen hat.
Mit der Kultur ist das so eine Sache.
Die Kultur des einen ist oft Mirakel eines anderen.
So auch in der Debatte um den offenen Brief bekannter deutscher Weinproduzenten an den Verlag des Gault-Millau-Weinführers.
Dort nämlich wird darauf verwiesen, dass eine Bewertung, die durch einen von den zu bewertenden Weingütern zu zahlenden Betrag mitfinanziert wird, einer positiven Weiterentwicklung der Weinkultur schadet.
Das nun ruft mancherorts Verwunderung hervor, denn – wie gesagt – mit der Kultur ist das so eine Sache. Für Mario Scheuermann etwa (the drink tank) bleibt der Bezug zur Weinkultur schlicht ein Geheimnis. Doch geheim ist der kulturelle Bezug hier keineswegs.
Kultur hat – kurzgefasst – graduell etwas mit dem Streben nach Perfektion zu tun und perfekt erscheint der Mechanismus “Geld rein – Bewertung raus” doch nun keineswegs.
Wer hat nicht schon laut auflachen müssen, wenn in einer Fachpublikation (gleich welcher Art) eine großformatige (kostenpflichtige) Anzeige eines Herstellers erschien und – in der selben oder einer Folgeausgabe – dann eine “unabhängige” Besprechung seines Produkts zu lesen war. Vertrauenswürdig erscheint so etwas beileibe nicht, es entspricht nicht unserer Wissenschaftskultur – womit wir beim Thema sind.
Wein ist Kultur.
Das Schreiben über Wein sicherlich ebenfalls.
Doch nur ein unabhängiges Schreiben über Wein kann dem Wein gerecht werden.
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Gault Millau bittet um einen freiwilligen Beitrag, für den es durchaus eine Gegenleistung gibt –ob in dieser Höhe angemessen oder nicht, darüber lässt sich streiten-, und wohlhabende, erfolgreiche Winzer geraten in helle Aufregung und sehen mit einemmal ihr Verhältnis zu diesem erfolgreichen Weinführer, von dem sie bisher profitiert haben, als so gestört an, dass sie in Zukunft nix mehr mit diesen Leuten zu tun haben wollen, trotz einer angenehmen Zusammenarbeit mit vielen an der Entstehung dieses Weinführers Beteiligten, wie sie beteuern… Aha, mit vielen, nicht mit allen…
Das für sich genommen ist ja schon ziemlich abenteuerlich, zumal es sich unzweifelhaft um einen freiwilligen Betrag handelt, aber auch noch zu deklamieren, dass das Verhalten des Gault Millau der Weiterentwicklung unserer Weinkultur abträglich wäre…pompös!
Ich zumindest habe meinen Spaß gehabt beim lesen…:-)
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Ein sehr interessanter Artikel. Sollten Sie noch weitere Informationen haben – wurde ich mich freuen
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