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Vinum über Kultweine

Gerade lese ich in der aktuellen Ausgabe des Weinmagazin “Vinum” ein “Streitgespräch” zwischen Rudolf Knoll und Carsten Henn über das Thema Kultwein. Was ist ein Kultwein, wie entsteht dieser Kult und ist das in jedem Fall berechtigt. Ein interessantes Thema, dem ich mich auf meinen blog auch schon einmal indirekt gewidmet habe, als ich fragte, ob das Ende der Mainstream-Weine naht. Die beiden “Streithähne” versuchen im Verlauf des Gesprächs diesen Begriff “Kult” zu definieren. Der Ansatz ist gar nicht so schlecht. Beide werfen die so wichtigen Parameter wie Qualität, Verfügbarkeit oder Preis in die Runde. Als es aber darum geht, ob es in Deutschland Kultweine gibt, und ob das berechtigt ist, wird es stellenweise ganz schön derb.

Los geht es damit, das Rudolf Knoll über seine Internetrecherche zu diesem Thema berichtet und erklärt, dass er “eine Faberrebe und zwei preiswerte Silvaner aus Franken als Kultweine entdeckt” hat.  daraufhin erwidert Henn:“Du machst einen Scherz?” Knoll wiederum:“Ich nicht, eher die Spinner in ihren Wein-Blogs“. Rumms! Das sitzt! Weinblogger sind Spinner. So ist das also. Ganz klar, dass da ein Aufschrei durch die web 2.0 Welt erfolgt. Da fühlt sich doch quasi jeder angesprochen und in seinem Denken, dass die Printtypen uns nicht ernst nehmen, bestätigt. Diesem Aufschrei kann ich mich ganz und gar nicht anschließen. Faberrebe Kult? Ich lach mich kaputt. Wer sowas behauptet hat den Schuss nicht gehört. Dieser Wein hat bestimmt Potenzial, ganz besonders als Verschnittpartner für Weissburgunder. Aber Potenzial für einen Kultstatus. Nein, das geht gar nicht, beim besten Willen nicht. Da bin ich dann doch ganz nahe bei Rudi Knoll.

Wo ich allerdings gar nicht mehr bei den beiden Diskutanten bin, ist  in ihren Einschätzungen diverser Weine und Weingüter. Zumal da in jedem Satz so eine leicht unterschwellige Verachtung, manchmal sogar ein Hauch von Lächerlichkeit mitschwingt. Da wird das persönliche Geschmacksempfinden zur letzten Weisheit ernannt und fast schon in ein sakrales Mäntelchen gepackt. Kleine Kostprobe von Rudi Knoll:“…Leider gibt es auch das Gegenteil. Hochpreispolitik und niedrige Qualität. Etwa Schlehdorn und Amphore von Kühn aus dem Rheingau. Da wird einem fast im Stil einer Sektenpredigt(!) eingetrichtert, dass der biodynamische Anbau und beim Amphore Riesling der Ausbau nach alter Art dafür gesorgt haben, dass die Wein so gut schmecken wie vor hundert Jahren. Ausser Gerbstoff spüre ich jedoch nicht sehr viel auf der Zunge. Das alles für 45 Euro…und 75 Euro”. Oder noch ein anderes Beispiel von Carsten Henn zum Thema Namensgebung von Kultweinen:”Vielleicht muss man nur genügend von den Weinen trinken, bis man die Namen begreift”.Einmal abgesehen von der Tatsache, dass die Familie Kühn ganz weit davon weg davon ist sektiererische Züge zu haben, finde ich diese Aussagen sehr unpassend. Soll er doch einfach sagen, dass es ihm nicht schmeckt, und gut ist es! Vielleicht ist das ja auch ein Wein, der durch seine Art extrem polarisiert. Das könnte man allerdings als Weinprofi erkennen und dann vielleicht auch dementsprechend darstellen. So nach dem Motto: “Mir schmeckt der Wein zwar nicht, aber…” Die extrem aufwendige Arbeit einer ganzen Familie in Frage zu stellen und das Ganze auch noch mit einer Sekte zu vergleichen, finde ich persönlich nicht sehr passend. Diese Art von Populismus gepaart mit einer für mich persönlich spürbaren Arroganz kann ich nicht nachvollziehen. “Ich sage was schmeckt, und damit auch was der Wein kosten darf und was er wert ist. Basta! Das ist genau diese Attitüde von einigen Weinjournalisten, die es dem normalsterblichen Weintrinker, Weinliebhaber und Wein Interessierten(dazu gehöre ich auch) so schwer machen, das Ganze noch irgendwie Ernst zu nehmen. Kein Wunder, dass die Printmedien derartige Probleme haben. Wer will denn so was auch schon lesen? Da lese ich doch lieber den blog von einigen “Spinnern” und denke mir meinen Teil. Der letzte Satz war durchaus ironisch gemeint

22 Kommentare zu “Vinum über Kultweine

  • der Ultes

    Hallo Dirk,
    das ist eben genau der Eindruck den viele Leute mittlerweile von diesen Autoren haben.
    Schwierig finde ich insbesondere, dass diese Leute nicht Hedonismus von qualitätiver Bewertung unterscheiden können. Dann solche Aussagen ohne eine Begründung abzugeben, das finde ich doch sehr fragwürdig!
    Viele Grüße,
    ein Spinner!

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  • Biene

    Hier überschätzen sich zwei einzelne Menschen, denn: Für einen Kult bedarf es neben dem, worum es geht, und dem, was man damit tut, eine ganze Gruppe, die gemeinschaftlich, in einer sozusagen inneren Verbindung ritualisiert mit dem betreffenden Objekt umgeht.

    Damit ist zunächst einmal – ganz objektiv – noch keinerlei Aussage zu materieller oder inhaltlicher Qualität getroffen, was streng genommen die Diskussion der beiden Schreiberlinge ad absurdum führt. Aber sei’s drum. Ob nun Kult journalistisch richtig eingesetzt oder nicht, professioneller Journalismus recherchiert zunächst einmal möglichst umfassend Fakten, betrachtet das zu Beschreibende aus möglichst allen Perspektiven, kennzeichnet eigene Bewertungen als eben solche (das ist das Mindeste) und begründet diese im optimalen Fall. Da fehlen mir in dem Vinum-Betrag Herrn Knolls und Herrn Henns durchaus einige Schritte. Nun, dafür arbeiten die Beiden mit Annahmen und Unterstellungen, die zwischen Vorsatz, Dummheit und Unmündigkeit pendeln. Und wie wirkt das? Also ich zum Beispiel lasse mir als potenzieller Weinkäufer nicht wirklich gerne sagen, ich würde mich nicht trauen zu fragen, was mein mögliches Kaufobjekt kostet. Ich habe doch schon als Kind in meinem Spielzeugkaufladen gelernt, beim Einkaufen “Was kostet das?” zu fragen – und wenn ich nur zwei Groschen hatte, aber drei gebraucht hätte, oder zwei zu viel dafür fand, dann hab’ ich ‘was anderes oder gar nichts gekauft. Ich habe vorhin beim Lesen des Vinum-Artikels angefangen, darüber nachzudenken, was die Autoren mit einem solchen Beitrag in einer Weinzeitung eigentlich wirklich bezwecken. Aber: Ich habe diese Überlegungen recht bald abgebrochen. Denn: In Zukunft wird in Printmedien veröffentlichte Artikel dieser Art ohnehin keiner mehr lesen, gelle ihr Blogger!?!

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  • stephan

    Ja der Rudi – so isser halt. Er polarisiert halt auch mal gern. Vielleicht ist das ja auch ein Versuch, aufs Heft (wie lange wirds noch da sein?) aufmerksam zu machen.

    Ja es ist leider ein Pauschal-Urteil. Und auch JA!: es gibt natürlich auch Spinner in der WeinbloggerSzene. Ich kann auch nur den Kopf schuetteln angesichts von bottleplot – oder ganz schlimm: Mario Scheuermanns Ergüsse auf Twitter, wo er auch gern motzt und beleidigt!

    Also ruhig Blut!

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    • Dirk Würtz Post author

      Hallo Stephan,
      ich denke, dass war auch die Absicht des Vinum Srtikels. Polarisieren und zur Diskussion anregen. Ist doch völlig in Ordnung.

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  • Carsten Henn

    Um als einer der Autoren einen Punkt kurz zurechtzurücken: Rudi hat ausschließlich diejenigen Blogger gemeint, die eine Faberrebe oder einer Silvaner Kabi als Kultwein bezeichnen. Es ist keine grundsätzliche Abwertung aller Blogger! Viele ziehen sich den Schuh nun jedoch trotzdem an – obwohl sie nicht gemeint sind. Etwas verwundert bin ich über die grundsätzlichen Angriffe auf die Printpresse. Da scheint es ja vereinzelt ein echtes – mir bisher nicht bekanntes – Feindbild zu geben. Warum muss es entweder / oder sein? Ich freue mich total über die große Zahl der Weinblogs, eine echte Bereicherung der Weinszene. Manche natürlich mehr, manche weniger. Klar. Aber ich möchte weder jetzt noch in Zukunft auf sie verzichten müssen, und genausowenig auf Weinmagazine mit ihren großen Reportagen, Verkostungen und Interviews. Ich finde das Dahinscheiden von „WeinGourmet“ ist kein Grund zur Freude, sondern ein echtes Trauerspiel. Und „Vinum“ ist gottseidank noch lange, lange nicht begraben – und wird es hoffentlich auch nie.

    Da es keine endgültige Definition über „Kultwein“ gibt ist in „Vinum“ extra die freie Form des Streitgesprächs und nicht die eines Artikels gewählt worden. Zum Schluss wird ganz bewusst zur Meinung aufgefordert und nicht apodiktisch behauptet, was ein Kultwein ist. Wenn man so will eine Art Web 2.0 in „Vinum“.

    Schade finde ich, dass der eigentliche Inhalt des Textes, die Frage danach, was ein Kultwein ist, ob es welche in Deutschland gibt, ob wir solche überhaupt brauchen, und ob die „Vinum“-Liste mit insgesamt 14 deutschen Kultweinen repräsentativ ist, noch nicht so richtig angegangen wird. Es würde mich persönlich sehr interessieren, was die Wein-Blogger dazu meinen – und Rudi sicher auch. ;-)

    Beste Grüße!
    Carsten

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  • der Ultes

    Hallo Carsten,

    wäre es dann nicht taktisch geschickter gewesen, diese Fragestellung klar zu definieren, statt erst einmal Blogger pauschal als Spinner darzustellen?

    (Zitat: “Ich nicht, eher die Spinner in ihren Wein-Blogs.”)

    Doch letzten Endes ist es doch so, dass die Frage ob ein Wein ein Kultwein ist primär davon abhängig ist ob man selbst diesem Kult anhängt oder nicht. Oder sehe ich das falsch?

    Viele Grüße,

    Alex

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  • Rudolf Knoll

    Verehrte Blogger,
    bevor Ihr nun alle kleine Püppchen und spitze Gegenstände ergreift und mit dem Voodoo-Zauber beginnt, sei es auch von meiner Seite bestätigt. Mit den “Spinnern” habe ich exakt die Leute gemeint, die im Internet Faberrebe und Silvaner Kabinett zum Kult erklärt haben. Sonst niemand. Auch Alex reißt das aus dem Zusammenhang. Von Pauschaldarstellung kann überhaupt keine Rede sein.
    Und wenn ein Oberschlauer meint, er habe die Faberrebe nirgendwo gefunden, muss ich ihm entgegenhalten: ich schon. Aber vielleicht hat derjenige, der diese Sorte zum Kult erklärt hat, das inzwischen auch voller Scham vernichtet…
    Also, ich habe nichts gegen Blogger, solange sie vernünftig argumentieren. Das darf durchaus kontrovers sein. Aus dem einen Satz gleich einen Krieg zwischen Print und Wein-Blog zu machen, wie es manche jetzt tun, ist allerdings eine Meisterleistung der Spitzfindigkeit.
    Weinfreundliche Grüße
    Rudolf Knoll

    Reply
  • Thomas Günther

    @ Herr Knoll,
    nennen Sie die diese Leute doch bitte anstatt nebulös zu behaupten, dass die Einträge gelöscht sein würden. Es gibt ja auch so etwas wie einen Cache (z.B. bei google oder waybackmashine) bei dem man das dann nachprüfen kann. Und wenn Sie beim Silvaner den Vlog-Bottleplot meinen, so schauen Sie sich die Folge 10 doch mal bitte genau an. Das mit der Faberrebe sind Sie den Leuten, die Sie beleidigt haben, aber noch schuldig.

    Reply
  • der Ultes

    Herr Knoll,
    was reiße ich denn aus dem Zusammenhang? Ich greife lediglich ihre Aussage auf. Das steht da, für jeden lesbar. Hätten sie klar und eindeutig formuliert dass in Blog A, Beitrag B die Aussage C getroffen wird, wäre ihre Aussage nicht pauschal auf sämtliche Blogger zu beziehen, sondern eben nur auf diesen zuvor genannten.
    Die aufmerksamen Leser meines Blogs wissen übrigens, dass ich einer der Blogger bin, die keinen Krieg mit den Printmedien suchen, ganz im Gegenteil! Ich denke dass beide Medien ihre Berechtigung haben, auch wenn sich die Beachtung und die Leser eher in Richtung Online verschieben.
    Das kleine Püppchen steht im Streitgespräch und hat “Spinner in ihren Wein-Blogs” auf der Stirn stehen.
    Viele Grüße,
    Alex

    Reply
  • vinoroma

    Beide Seiten übertreiben bisserl:

    Jungs:eine ganz simple google suche nach “faberrebe kult” gab mir schon an der 3. Stelle das hier: http://www.relaunch-f.de/news.htm

    Ja, da nennt ein Junger Winzer sein Wein aus der Faberrebe als Kult. Sei’s drum.

    Vinum: Dass das kein Blog ist, sieht man in 2 Sekunden. Ich hoffe, dass die Herren doch dazu im Stande sind. Wenn Sie doch was anderes meinen, dann nennen Sie es bitte – cache funktioniert wirklich, so schnell verschwindet etwas nicht spurenlos aus dem Internet…

    Mir macht eher Sorge, dass beide Seiten so eine Verlorenheit in Sachen Internet zur Schau stellen….

    Jetzt spielt mal wieder brav miteinander…..

    Reply
    • Dirk Würtz Post author

      Immerhin wird ja jetzt miteinander geredet, wenn auch nur hier in den Kommentaren!

      Reply
  • Patrick

    @Carsten Henn

    wird es von Seiten des Vinum eines Tages etwas mehr in Richtung Web 2.0 geben?

    Eure Aktion “Wein im Bild” geht schon in die richtige Richtung!

    Herzliche Grüße
    Patrick

    Reply
  • Carsten Henn

    @Patrick

    ich geb deine Frage gern mal weiter an Chefredakteur Martin Both, der dem Internet und den dadurch entstandenen Möglichkeiten sehr offen gegenübersteht.

    Schön, dass dir die “Wein im Bild”-Aktion gefällt!

    Beste Grüße
    Carsten

    Reply
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  • Wolfgang Funck

    Moin, moin,

    da muß ich ja mal die Vinum genauer lesen, hab’ ich am Wochenende nicht geschafft. Und dann freu’ ich mich auf den April, wenn der Carsten nach Kiel kommt, vielleicht gibt’s ja auch neben der Lesung eine Diskussionsmöglichkeit.

    Ein Problem des Kult-Begriffes zeigt m. E. auch die Bildwahl von Dirk. Klar, fast alle Elvis-Möchtegern-Kopien nutzen den weißen Anzug. Aber so richtig gut war der King doch in den frühen Jahren, als richtiger Rocker. Das mußte ich als alter R’n'R-Fan doch mal loswerden, der Spätelviskult ist für mich recht grenzwertig.

    Alles in allem schön, daß zumindest hier diskutiert wird.

    Grüße

    Wolfgang

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  • Michael Quentel

    Moin,

    ich glaube, dass man auch seitens von Vinum (und Konsorten) versucht ein Phänomen zu dekradieren, dass immer mehr Anhänger findet und langsam eine ernsthafte Bedrohung für die etablierten Zeitschriften darstellt, insbesondere derer, die mit relativ kleinen Auflagen gewisse Nischen besetzen. Ein großer Vorteil der meisten Infos im Netz ist doch, dass sie einerseits kostenlos sind und andererseits der geneigte Leser wesentlich zielgerichteter an seine Infos kommt, z.B. ich muss nicht eine ganze Vinum kaufen, wenn mich lediglich der zweiseitige Artikel über P.J Kühn interessiert.

    Gruß Michael

    Reply
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